Stefan Jäger Archiv

Mehr als 1800 Bilder und Skizzen von Stefan Jäger weltweit erfasst

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0798
Autor Name: Walter Tonța
Titel des Artikels : Mehr als 1800 Bilder und Skizzen von Stefan Jäger weltweit erfasst
Untertitel des Artikels: Interview mit Dr. Peter Fraunhoffer zu seinem 80. Geburtstag
Publikation: Heimatblatt
Titel der Publikation: Heimatblatt Hatzfeld
Herausgeber: HOG Hatzfeld
Jahr: 2007
Ausgabe: 14
Seite: 140-144
* [[Walter Tonța]]: [[ART:0798 - Mehr als 1800 Bilder und Skizzen von Stefan Jäger weltweit erfasst|<i>Mehr als 1800 Bilder und Skizzen von Stefan Jäger weltweit erfasst</i>. Interview mit Dr. Peter Fraunhoffer zu seinem 80. Geburtstag]]. Heimatblatt Hatzfeld. HOG Hatzfeld 2007

Interview mit Dr. Peter Fraunhoffer zu seinem 80. Geburtstag

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Stefan Jägers Bilder, Skizzen, Studien und Entwürfe zählen zweifellos zum kulturellen Erbe des Banater Deutschtums, des Donauschwabentums überhaupt. Ein nicht quantifizierbarerer Teil seines künstlerischen Werkes dürfte als unwiederbringlich verloren gelten. Vieles ist aber, wenn auch weit verstreut, noch erhalten. Das Adverb noch ist ein Indiz dafür, dass die Zeit drängt. Es gilt das Lebenswerk des Schwabenmalers zu erfassen, zu dokumentieren, zu sichern und zu bewahren, solange dies noch möglich ist. Keine einfache Aufgabe. Obwohl er sich dessen bewusst war, hat sich unser Landsmann Dr. Peter Fraunhoffer, pensionierter Primararzt, dieser Aufgabe gestellt. Keine Mühen und Kosten scheuend, ist er unentwegt quer durch Österreich und Deutschland, aber auch nach Rumänien, Ungarn, Serbien und Frankreich sowie nach Übersee gereist, mit dem Ziel, das Werk des von ihm bewunderten und verehrten Banater Künstlers zu erfassen und fotografisch zu dokumentieren. Im Laufe von beinahe eineinhalb Jahrzehnten ist so ein stattliches Stefan-Jäger-Archiv entstanden, das heute sage und schreibe 1848 Bilder und Skizzen nachweist. Was Dr. Peter Fraunhoffer geleistet hat, ist ebenso Achtung gebietend wie anerkennenswert. Seine mit hohem Einsatz und viel Leidenschaft betriebene Dokumentationsarbeit zeugt einerseits von Liebe und Treue zur Banater Heimat und andererseits von einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein für die unvergänglichen Werte der Banater Geisteskultur, speziell für das künstlerische Werk eines ihrer bedeutendsten Repräsentanten. Zu dessen Dokumentation und damit zu dessen Bewahrung für die Nachwelt hat Dr. Fraunhoffer einen unschätzbaren Beitrag geleistet. Dafür sind wir ihm äußerst dankbar. Dr. Peter Fraunhoffer ist unserer Heimatortsgemeinschaft freundschaftlich verbunden und zählt zu den gelegentlichen Mitarbeitern des Heimatblattes. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm die HOG Hatzfeld beim Heimattag 2003 die Ehrenurkunde, und auf deren Vorschlag wurde er im vergangenen Jahr mit dem Ehrenbrief der Landsmannschaft der Banater Schwaben ausgezeichnet. Die von der Landsmannschaft herausgegebenen „Banater Wandkalender" 2002 und 2003, beide Stefan Jäger gewidmet, enthalten jeweils 13 Reproduktionen aus seinem Archiv. Seit 2005 ist unser Landsmann Kulturreferent der Landsmannschaft der Donauschwaben in Oberösterreich. In dieser Eigenschaft verantwortet er den die Donauschwaben betreffenden Teil der Ausstellung „Die Volkskultur der Heimatvertriebenen", die vom 29. April bis 28. Oktober 2007 im Freilichtmuseum Sumerauerhof in St. Florian bei Linz gezeigt werden soll. Am 28. Juni wird Dr. Peter Fraunhoffer 80 Jahre alt. Zu diesem Anlass veröffentlichen wir ein Interview mit dem Jubilar. Die von der Redaktion gestellten Fragen wurden am 25. Januar 2007 schriftlich beantwortet.

Walter Tonța


Herr Dr. Fraunhoffer, Sie feiern demnächst Ihren 80. Geburtstag. Ihr Name wird vor allem mit dem Stefan-Jäger-Archiv assoziiert, das sie in den letzten 15 Jahren aufgebaut und ständig erweitert haben. Hingegen wissen wir, und damit meine ich die Mehrheit unserer Leser, über Ihren Lebensweg relativ wenig. Lassen Sie uns deshalb zunächst darüber reden. Sie erblickten das Licht der Welt 1927 in Hatzfeld, damals eine aufstrebende Großgemeinde der Banater Heide. Welche Erinnerungen verknüpfen Sie mit dem Elternhaus, der Kindheit und Schulzeit, mit dem Heimatort überhaupt?

Mit meinem Geburtsort Hatzfeld verbinde ich Erinnerungen an eine glückliche und schöne Kindheit. Es gab so viel Platz und so viele Gelegenheiten ungestört zu spielen. Es gab genug Kinder zum Fußball- oder Völkerballspiel, dann die vielen anderen Spiele, die oft bis spät abends auf der Straße ausgetragen wurden. Im Sommer waren der Treiss- und der Bohn-Strand die Favoriten für den Zeitvertreib. In der Schule hatte ich Glück, einen guten Lehrer zu haben, der zwar streng, aber trotzdem sehr beliebt war. Es war der (dicke) Klein-Lehrer. Auch die Zeit im röm.-kath. deutschen Knabengymnasium mit den Professoren Reich, Bräuner, Henz u. a. hat viel zu einer guten Grundlage für die Ausbildung beigetragen. Schulkollegen aus dieser Zeit sind noch immer gute Freunde.

Ihre zweite Station war Temeswar. Sie besuchten ab 1942 die Lenau-Schule, das vormalige Deutsche Staatslyzeum, und strebten das Abitur an. Doch es sollte anders kommen. Nach dem Frontwechsel Rumäniens im August 1944 reihten Sie sich in die deutsche Armee ein. Es folgten 15 Monate Kriegsdienst und Gefangenschaft. Wie ging es nach der Entlassung aus der Gefangenschaft weiter?

Am 20. Dezember 1945 wurde ich aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und konnte am Tag darauf bei meiner Familie in Kopfing eintreffen, die anfangs November 1944, nach sechswöchiger Fahrt mit dem Pferdewagen, von Hatzfeld kommend, dort eingetroffen war. In einer Zeitung las ich von einer „Notmittelschule für heimatlose Volksdeutsche" in Eferding. Direktor Oberthür aus dem jugoslawischen Banat ermöglichte mir und vielen anderen jungen Leuten zu einem Schulabschluss zu kommen.

Nach der Erlangung der Matura haben Sie sich entschieden, Medizin zu studieren. Warum gerade Medizin? Wo haben Sie studiert und wie gestalteten sich die ersten beruflichen Jahre?

Ein Freund aus Sanktanna und ich beschlossen Medizin zu studieren. Wollten wir die Menschheit retten? Damals glaubten wir es. Das Medizinstudium in Innsbruck wurde durch die Möglichkeit im Flüchtlingslager wohnen zu können erleichtert. Ein Jahr lang musste ich das Studium unterbrechen und arbeitete bei den Flüchtlingsdiensten des Weltbundes YMCA/YWCA (Young Men's Christian Association = Christlicher Verein Junger Männer / Young Women's Christian Association = Christlicher Verein Junger Frauen) in der französischen Zone. Wir hatten Jugendgruppen in den Flüchtlingslagern, veranstalteten Sommerlager für Flüchtlingskinder und betrieben eine Studentenlesestube in Innsbruck. Nach einem Jahr konnte ich Arbeitslosenunterstützung empfangen und mein Studium abschließen. Da es nicht möglich war eine Stelle als Arzt zu finden, arbeitete ich wieder bei YMCA/YWCA, diesmal als Jugendsekretär für ganz Österreich. Erst zwei Jahre nach meiner Promotion konnte ich im Krankenhaus Wels eine Stelle als Arzt antreten. Nach Abschluss der Turnusausbildung zum praktischen Arzt in Wels konnte ich im Kinderkrankenhaus in Linz zum Facharzt für Kinderheilkunde ausgebildet werden.

1964 kamen Sie als Kinderarzt nach Wels. Wo waren Sie tätig und was konnten Sie dort in fast 30 Jahren, bis zu Ihrer Pensionierung, erreichen? Welche Erkenntnisse standen am Ende Ihrer beruflichen Laufbahn?

1964 wurde in Wels eine neue Kinderabteilung eröffnet, deren Leitung mir anvertraut wurde. Dies war eine große Ehre, hat aber sehr viel Arbeit bei ständiger Erreichbarkeit bedeutet (leider ohne Pager für lange Zeit und ohne Handy). In dieser Zeit unterrichtete ich an der Schwesternschule und die jungen Ärzte mussten im Rahmen der Turnusausbildung sechs Monate auf der Kinderabteilung arbeiten. Von 1966 bis zu meiner Pensionierung hatte ich auch eine Ordination als Kinderarzt. Als ich mit 65 Jahren die ärztliche Tätigkeit einstellte, wusste ich, es war harte Arbeit, Kinder sind die besten und ehrlichsten Patienten und ich würde nochmals Kinderarzt werden wollen.

1992 sind Sie in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Tauchte jetzt die Idee vom Aufbau eines Stefan-Jäger-Archivs auf oder konnten Sie die schon seit längerem gereifte Idee nun endlich verwirklichen? Wann begannen Sie mit der Dokumentationsarbeit?

Seit 1962, dem Todesjahr von Stefan Jäger, interessierte ich mich mehr für ihn. Ich fotografierte seine Bilder, wenn sich dazu Gelegenheit bot und tauschte mit Ing. Mathias Schwarz, der ebenfalls Jäger-Sammler war. Nach der Pensionierung suchte ich eine sinnvolle Beschäftigung und wollte den Versuch machen, das Lebenswerk von Stefan Jäger zu dokumentieren, soweit mir dies möglich wäre. Die Dokumentation begann ich ernstlich 1993. Der Kontakt mit Karl-Hans Gross, meinem ehemaligen Klassenkollegen aus der Lenauschule, war mir eine große Hilfe, in Rumänien wurde ich sehr von Hans Schulz unterstützt. Viele Kontakte knüpfte mir auch mein Freund Peter Kolbus.

Welchen Bezug haben Sie zu Stefan Jäger und seinem Werk? Kannten Sie den Künstler persönlich? Welche Bedeutung messen Sie seinem künstlerischen Werk bei?

An Stefan Jäger erinnere ich mich als einen meist dunkel gekleideten Herrn, den wir mit „Grüß Gott Jäger-Bacsi" grüßten, ansonsten interessierte er uns als Kinder nicht. Zwei seiner Bilder sind mir besonders vertraut, weil sie unser Wohnzimmer schmückten. Sein Werk ist für unseren Volksstamm von besonderer Bedeutung. Seine Bilder und vor allem seine Skizzen sind eine Ethnographie in Bildern. Er hat die Landschaft unserer Heimat, die Dörfer, die Häuser dargestellt und die Menschen bei der Arbeit, in ihrer Freizeit und bei ihren Festen abgebildet. Wenn kein Schwabe mehr im Banat lebt, wird sein Werk Zeugnis abgeben von der kulturellen Leistung unserer Vorfahren.

Die Bilder und Skizzen Stefan Jägers sind weltweit verstreut. Deren Erfassung erforderte von Ihnen eine intensive Reisetätigkeit. In welchen Ländern haben Sie Jägersche Werke ausfindig gemacht und erfasst? Gab es welche auch dort, wo man sie gar nicht vermutet hätte?

Begonnen habe ich die Erfassung seiner Werke in Österreich, dann in Deutschland, in Frankreich, in Ungarn, in Jugoslawien, in den USA, in Kanada und natürlich in Rumänien. Die Bilder sind überall zu finden, wohin unsere Landsleute verstreut wurden.

Wie sehen die Besitzer von Jäger-Bildern Ihre Dokumentationstätigkeit? Erfahren Sie immer nur Zustimmung und Unterstützung oder gibt es auch solche, die nicht bereit sind, Ihnen Einblick zu gewähren?

Die meisten Besitzer von Bildern freuten sich, dass jemand sich die Mühe macht und die Arbeit der Dokumentation auf sich nimmt. In vier Fällen wurde mir das Fotografieren verweigert. Meistens wurden mir auf die Frage, ob sie noch weitere Besitzer von Bildern wüssten, weitere Adressen genannt.

Auf ihren zahlreichen Reisen auf den Spuren von Jäger-Bildern hat sich bestimmt die eine oder andere Begebenheit zugetragen. Erzählen sie uns doch eine!

Als erwähnenswerteste Erfahrung bei meinen Reisen möchte ich die schwäbische Gastfreundschaft nennen, die meine Frau und ich erfahren durften. Schon beim Anruf, ob wir zum Fotografieren kommen dürften, erfolgte sehr häufig die Einladung: „Und dann bleiben Sie auch gleich zum Essen da."

Wie muss man sich Ihre Dokumentationsarbeit vorstellen? Wie umfangreich ist Ihre Sammlung heute und wie ist sie gegliedert?

Die Bilder wurden als Diapositiv und als Negativ fotografiert. Es gibt eine Menge von Bildern, die ich von deren Besitzer erhalten habe. Auch Drucke wurden in das Verzeichnis aufgenommen.
Soweit bekannt, werden die Maße des Bildes, die Technik, die Signatur und der Besitzer festgehalten. Ebenso was (Original, Druck oder Foto) und wo es fotografiert wurde, die Film-Nummer, ob ein Diapositiv vorhanden ist, die laufende Nummer und der Titel bzw. das Motiv des Bildes.
Bis zur Nummer 1088 wurden Karteiblätter mit den Daten und einem Foto angelegt, später nur auf dem Computer festgehalten. Bei der Digitalisierung der Bilder hat mir Herwig Horn sehr viel geholfen und mich unterwiesen.
Das Archiv umfasst heute 1848 Bilder und Skizzen in den verschiedenen Techniken. Die laufende Nummer wird nach der chronologischen Erfassung des Bildes vergeben, die Gliederung ergibt sich aus der Bezeichnung des Bildmotivs.

Und eine letzte Frage: Ist an eine Veröffentlichung in Buchform oder an eine anderweitige Aufbereitung des gesammelten Materials gedacht? Wo soll das Stefan-Jäger-Archiv einmal deponiert werden, um es auch für die nächsten Generationen zu sichern?

Eine Veröffentlichung in Buchform ist schon aus finanziellen Gründen nicht möglich. Ich denke daran, das Verzeichnis der Bilder mit allen bekannten Daten und die Bilder selber auf CD zu brennen. Das wäre finanziell verkraftbar und in dieser Form könnte man die Dokumentation an verschiedenen interessierten Stellen deponieren. Es muss noch überlegt werden, wohin die 13 großen Alben mit den Fotos und die Diapositive kommen sollten. Eine Stelle, wo man die Bilder besichtigen kann, wäre wünschenswert.
Mein Wunsch an alle Besitzer von Bildern, die ich noch nicht fotografiert habe, ist, sich bei mir zu melden. Ich will mich bemühen zu kommen. Auch ein Foto der Bilder wäre eine Hilfe.

Herr Dr. Fraunhoffer, wir danken für das Interview und wünschen Ihnen im Namen des HOG-Vorstandes und aller Landsleute alles Gute zum bevorstehenden 80. Geburtstag, Gesundheit, Schaffenskraft und Gottes Segen für die kommenden Jahre. Möge es Ihnen gelingen, das Stefan-Jäger-Archiv mit weiteren Aufnahmen und Daten zu bereichern und das Werk des Schwabenmalers Stefan Jäger so umfassend wie möglich auf immer und ewig zu dokumentieren.

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