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Altbewährtes und neue Wege in Hatzfeld

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0832
Autor Name: Walter Tonța
Titel des Artikels : Altbewährtes und neue Wege in Hatzfeld
Untertitel des Artikels: Eine Rückschau auf die »Hatzfelder Tage 2009«
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 53
Nummer: 23/24
Datum: 10.12.2009
Seite: 22
* [[Walter Tonța]]: [[ART:0832 - Altbewährtes und neue Wege in Hatzfeld|<i>Altbewährtes und neue Wege in Hatzfeld</i>. Eine Rückschau auf die »Hatzfelder Tage 2009«]]. Banater Post, München 10.12.2009 (Jg.53 Nr.23/24), S. 22
Hatzfelder Tage 2009: Josef Koch überreicht der Museumskustodin Maria Schulz ein Gemälde von Stefan Jäger. Foto:Walter Tonta

Eine Rückschau auf die »Hatzfelder Tage 2009«

Bei den „Hatzfelder Tagen“, einer von der Heidestadt gemeinsam mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern jährlich ausgerichteten kulturellen und gesellschaftlichen Großveranstaltung, ist die Mitwirkung der Heimatortsgemeinschaft Hatzfeld nicht mehr wegzudenken. Auch zur zwölften Auflage, die vom 14. bis 16.August stattfand, leistete sie einen erheblichen Beitrag. Ihre in Eigenregie oder in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Institutionen durchgeführten Veranstaltungen stellten auch diesmal eine Bereicherung der „Hatzfelder Tage“ dar, besonders im kulturellen Teil. Mit den von ihr gesetzten Schwerpunkten beabsichtigte die HOG, im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur einerseits Aspekte der Vergangenheit ins Bewusstsein der heutigen Bewohner des Heidestädtchens zu rücken und zu vergegenwärtigen und andererseits Teile des deutschen kulturellen Erbes durch Konservierung und Restaurierung zu bewahren und zu schützen. Im Mittelpunkt der Eröffnungsfeier im Festsaal des Rathauses, an der zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland teilnahmen, standen diesmal Ehrungen von Personen, die sich um die Stadt verdient gemacht haben, sowie die Übergabe von Gemälden des Heimatmalers Stefan Jäger an das Hatzfelder Stefan-Jäger-Gedenkhaus.
Der Gemeinderat der Stadt hat im November 2008 beschlossen, dem Vorsitzenden der Heimatortsgemeinschaft Hatzfeld, Josef Koch, „in Anerkennung seines stetigen Bemühens um die Bewahrung der schwäbischen Traditionen und Kultur in Hatzfeld“ den Titel eines Ehrenbürgers der Stadt Hatzfeld zu verleihen. Bürgermeister Kaba Gabor nahm die Gelegenheit wahr, in diesem feierlichen Rahmen die Verdienste des Geehrten und dessen unermüdliches Engagement zu würdigen und ihm die Urkunde zu überreichen. Josef Koch bedankte sich für die Verleihung der Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt, die – wie er betonte – nicht nur als persönliche Auszeichnung zu betrachten sei, sondern auch als Würdigung des stetigen Strebens der HOG Hatzfeld, die Beziehungen zum Herkunftsort auszubauen und die von der dortigen deutschen Bevölkerung erbrachten Leistungen nicht der Vergessenheit anheim fallen zu lassen. Als Zeichen des Dankes stiftete Josef Koch einen mit 100 Euro dotierten, jährlich zu vergebenden Preis, der über eine Zeitspanne von fünf Jahren jeweils einem jungen Menschen aus den höheren Klassen des Lyzeums verliehen werden soll, der sich nicht nur durch gute Leistungen und soziales Engagement auszeichnet, sondern auch durch Aufgeschlossenheit für den europäischen Gedanken das neue, vereinte Europa verkörpert. Als erste Preisträgerin durfte Liana Mihuţ den Preis in Empfang nehmen.
Seit Jahren ist es Tradition, dass die Mädchenhandballmannschaft des Hatzfelder Lyzeums ein Deutschland-Turnier unternimmt und dabei jedesmal von Familie Koch in ihrer Wahlheimat Spaichingen beherbergt wird. Als Zeichen des Dankes für die langjährige vorbildliche Betreuung der Mannschaft überreichte Adrian Petruţ, der Direktor des Lyzeums, Renate Koch eine Ehrenurkunde.
Der Vermittlung des HOG-Vorsitzenden ist es zu verdanken, dass zwischen dem Hatzfelder Bürgermeisteramt und jenem der Stadt Spaichingen Kontakte geknüpft werden konnten, was auch die Präsenz des Bürgermeisters von Spaichingen, Hans Georg Schumacher, an den diesjährigen Hatzfelder Tagen erklärt. In seinem Grußwort verlieh das Oberhaupt der 12.000-Einwohner-Stadt am Südrand der Schwäbischen Alb seiner Freude Ausdruck, dass er zusammen mit seiner Gattin nun schon zum zweiten Mal in dem Banater Heidestädtchen weile, aber erstmals an dem Hatzfelder Stadtfest teilnehme. Die in den letzten Jahren geknüpften freundschaftlichen Bande und die gegenseitigen Besuche hätten laut Schumacher deutlich gemacht, dass in verschiedenen Bereichen ein großes Kooperationspotential vorhanden sei, das es auszuschöpfen gelte und womöglich eine Vorstufe zur Knüpfung einer dauerhaften Partnerschaft der beiden Städte darstelle.
Nachdem die HOG Hatzfeld vor zwei Jahren für die Restaurierung des im Eigentum der katholischen Kirche aus Hatzfeld befindlichen Jäger-Gemäldes ((WK:0294|„Der heimkehrende Jüngling“]] und dessen Ausstellung im Gedenkhaus „Stefan Jäger“ gesorgt hatte, überreichte sie diesmal der Museumskustodin Maria Schulz als Dauerleihgabe ein weiteres Gemälde. Bei diesem von den Eheleuten Anna und Josef Schira aus Überlingen der HOG Hatzfeld gespendeten Bild handelt es sich um ein von Stefan Jäger im Jahr 1931 gemaltes Porträt des Gymnasiallehrers, Volkstumspolitikers und Parlamentariers Peter Heinrich (1890–1944). Es sei der ausdrückliche Wunsch der Spender gewesen, so Josef Koch, das Gemälde dem Stefan-Jäger-Gedenkhaus zu überlassen, um es dort der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der HOG-Vorsitzende sprach den großzügigen Spendern seinen Dank aus und bedauerte, dass es unserem im April 2008 heimgegangenen Landsmann Josef Schira nicht mehr vergönnt gewesen sei, die feierliche Übergabe des Gemäldes zu erleben. Mit diesem Akt hat die HOG Hatzfeld erneut einen wichtigen Betrag zur Bewahrung von Zeugnissen des banatschwäbischen Kulturerbes geleistet. Für das Jäger-Museum war der 14. August 2009 sicherlich ein Freudentag, konnte es doch neben dem Heinrich-Porträt vier weitere Gemälde des Malers in Empfang nehmen. Spätestens seit 2001 war dank Hinweisen von Martha Istvan aus Kikinda bekannt, dass die dortige Stadtbibliothek im Besitz von fünf Jäger-Bildern ist. Die seinerzeit von Nikolaus Horn mit ihrer Unterstützung angestoßene Recherche vor Ort konnte zwar nicht klären, wann und unter welchen Umständen diese Bilder in die Bibliothek gelangt sind, führte aber dazu, dass sie anhand der Signatur eindeutig Jäger zugeordnet werden konnten. Seither bemühte sich die Stadt Hatzfeld, die Bilder als Leihgabe zu erhalten, aber erst jetzt war ihr Ansinnen von Erfolg gekrönt. Der Bürgermeister der Partnerstadt Kikinda hatte vier Gemälde mitgebracht, die zunächst für sechs Monate im Jäger-Museum zu bewundern sind (Feldblumen, Hühnerhof, Mädchen unterm Flieder, Schafherde).
Im Anschluss an die Eröffnungsfeier hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, eine Ausstellung zu besichtigen und einem Vortrag beizuwohnen. Im Foyer des Rathauses zeigte Josef Engelmann die von ihm konzipierte und gestaltete Dokumentationsausstellung „100 Jahre Elektrizitätswerk in Hatzfeld“, die bereits beim Hatzfelder Heimattreffen Ende Mai in Großkötz zu sehen war. In Bildern und Texten, die ins Rumänische übersetzt worden waren, um dem dortigen Publikum zugänglich zu sein, wurde eine umfassende Geschichte des Werkes präsentiert, das als Stromerzeuger und später als Stromnetzbetreuer einen bedeutenden Faktor im lokalen Wirtschaftsleben darstellte. Der Geschichte der Adelsfamilie Csekonics und ihrer Hatzfelder Herrschaft war der Vortrag mit Power-Point-Präsentation gewidmet, den Walter Tonța vor einem interessierten Publikum im Festsaal des Rathauses hielt. Der Referent, der seinen Beitrag als Restitution eines wichtigen Kapitels der Lokal- und Regionalgeschichte verstanden wissen wollte, lenkte sein Augenmerk zunächst auf familiengeschichtliche und einzelbiographische Aspekte, um dann – als Ergebnis einer über drei Generationen geleisteten gewaltigen Aufbauarbeit – die mustergültige Hatzfelder Domäne vorzustellen, die nicht nur die größte im damaligen Torontaler Komitat war, sondern auch zu den modernsten Ungarns zählte. Mit dem wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg der Familie wuchs auch ihr Ansehen und ihr politischer Einfluss. Sichtbare Symbole ihres Reichtums und ihrer Macht waren die Schlösser und Paläste der gräflichen Sippe, worauf der Referent im letzten Teil seines Vortrags einging.
Traditionsgemäß ist der Freitagnachmittag der Begegnung der aus Deutschland angereisten Gäste mit den in Hatzfeld verbliebenen Landsleuten vorbehalten. Auch diesmal stieß das Treffen beim Sitz des Deutschen Forums auf reges Interesse, worüber sich sowohl der Gastgeber Hans Jirkowsky als auch der HOG Vorsitzende Josef Koch äußerst erfreut zeigten. Zugegen waren auch – neben dem Hatzfelder Bürgermeister und dessen Amtskollegen aus Spaichingen – der Abgeordnete der deutschen Minderheit im Bukarester Parlament, Ovidiu Gant, und als Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Temeswar die Vorsitzende Luise Finta sowie die Leiterin der Temeswarer Volkshochschule, Alexandrina Paul. Mit einer Überraschung wartete die von Lehrerin Roswitha Kovacs angeleitete Kindertanzgruppe des Forums auf, die dank der Vermittlung der HOG bereits zum zweiten Mal Gelegenheit hatte, an Seminaren der donauschwäbischen Tanz- und Trachtengruppen in Deutschland teilzunehmen. Sie brachte nun dort Gelerntes zur Vorführung und erntete dafür den Applaus der Zuschauer.
Das Mitteilungsbedürfnis der Teilnehmer war groß, so dass die Zeit wie im Flug verging. Man trennte sich jedoch in der Hoffnung, dass es auch im nächsten Jahr ein Wiedersehen geben wird.
Am frühen Abend fand im Stefan-Jäger-Gedenkhaus die Eröffnung der Fotoausstellung „Banat im Wandel der Zeiten“ statt. Die von Dr. Annemarie Podlipny-Hehn gestaltete Ausstellung umfasst Fotos aus dem Nachlass ihres Vaters Hans Hehn, einem der bekanntesten Fotografen im Banat. Eingeführt in die Ausstellung, zu der auch ein Begleitkatalog erschienen ist, hat Alexandrina Paul. Sie hob die Einzigartigkeit dieser fotografischen Dokumentation des Banater Dorflebens und der Banater Landschaft hervor, ebenso den hohen historischen Wert der auf der Flucht im Herbst 1944 oder anlässlich der Bărăgan-Deportation im Juni 1951 entstandenen Aufnahmen. Zu den Höhepunkten der von der HOG koordinierten Veranstaltungsreihe gehörte zweifellos das Symposion in memoriam Petre Stoica: „Hundert Jahre seit der Gründung der Zeitschrift Von der Heide. Aspekte der Banater Pressegeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“, das am 15. August im Pressemuseum „Sever Bocu“ stattfand.
Der Sonntag stand wie immer im Zeichen der hl. Messe, die von Pfarrer Karoly Nagy in drei Sprachen zelebriert wurde. Der Kirchenchor unter der Leitung von Sigmund Bender sorgte für die musikalische Umrahmung der gut besuchten Messfeier. Bender, ehemaliger Kantor und Mesner in Hatzfeld, war nun schon zum dritten Mal zu den „Hatzfelder Tagen“ aus Deutschland angereist, um an seiner einstigen Wirkungsstätte für einige Tage den Kantoren- und Organistendienst zu versehen. Das Orgelwerk war davor in tagelanger, mühevoller Kleinarbeit von unserem Landsmann Franz Müller gereinigt und repariert worden, so dass die neunzig Jahre alte Wegenstein-Orgel bei der Festmesse und dem anschließenden Konzert wieder in voller Pracht erklingen konnte. Pfarrer Nagy nahm am Ende des Gottesdienstes die Neusegnung der Kirchenorgel vor. Einer bewährten Tradition folgend, gab es auch diesmal ein Orgelkonzert. Der in Bad Säckingen beheimatete Organist und Orgelbauer Franz Müller – in den achtziger Jahren Kantor in Hatzfeld – brachte ein Präludium von Anton Bruckner, Variationen über drei Marienlieder, Liturgische Stücke von Léon Boëllmann sowie das Offertorium aus der „Ungarischen Krönungsmesse“ von Franz Liszt zu Gehör. Mit lang anhaltendem Beifall dankte ihm das Publikum für den gebotenen musikalischen Genuss. Worte des Dankes und der Anerkennung gab es auch seitens des HOG-Vorsitzenden Josef Koch beim anschließenden Treffen der Landsleute im Kirchhof. Es sei keine Selbstverständlichkeit, wenn jemand knappe zwei Urlaubswochen opfert und uneigennützig eine wichtige Instandhaltungsarbeit ausführt. Damit habe Müller einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung eines Kulturgutes in der alten Heimat geleistet, so Koch.
Die HOG Hatzfeld hat allen Grund, mit Genugtuung und Stolz auf das während der „Hatzfelder Tage“ Geleistete zurückzublicken. Mit ihren Veranstaltungen, die teils an Bewährtes anknüpften und teils auch neue Elemente integrierten, trug sie nicht nur zum Gelingen des Hatzfelder Stadtfestes wesentlich bei, sondern auch dazu, dass die Geschichte und die Leistungen der Hatzfelder Deutschen im Bewusstsein der heutigen Bewohner verankert bleiben.

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