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Stefan Jäger, Maler des Banater Volkslebens

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0077
Autor Name: Dr. Peter Pink
Titel des Artikels : Stefan Jäger, Maler des Banater Volkslebens
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Neuland
Erscheinungsort: Salzburg
Jahrgang: 22
Datum: 12.07. - 19.07. - 26.07.1969
Folge: 28 - 29 - 30
Seite: 3 - 3 - 5
* [[Dr. Peter Pink]]: [[ART:0077 - Stefan Jäger, Maler des Banater Volkslebens|<i>Stefan Jäger, Maler des Banater Volkslebens</i>]]. Neuland, Salzburg 12.07. - 19.07. - 26.07.1969 (Jg.22 Folge28 - 29 - 30), S. 3 - 3 - 5

Wie in der letzten Folge des „Neuland“ bereits angekündigt, beginnen wir heute mit der Veröffentlichung eines Manuskriptes, das uns von befreundeter Seite von einem noch in Rumänien lebenden Landsmann vermittelt wurde. Doktor Pink hat sich Jahre hindurch als Kunstliebhaber mit dem Leben und Werk Jägers beschäftigt. Was er hier niederlegt, fußt auf Untersuchungen, Gesprächen mit Verwandten und auf eigenen Einsichten in das Leben und Werk eines bedeutenden und bis zuletzt mit den Menschen seiner Lebensraumes verbundenen Künstlers.

Stefan Jäger wurde am 28. Mai 1877 in der Gemeinde Tschene als zweites Kind geboren. Er hatte noch einen Bruder.
Tschene, deutsch geschrieben Tschene, ungarisch Csene, liegt 106 Kilometer südöstlich von Hatzfeld und 22 Kilometer westlich von Temeswar. Es ist eine größere gemischtsprachige Gemeinde, in der zum Großteil Serben wohnen, aber es lebt im Ort auch eine ansehnliche Zahl von Kroaten und Deutschen, die durch die Binnenwanderung der Banater Schwaben, die schon kurz nach der offiziellen Ansiedlung der Deutschen im Banat allmählich begann, hierher gezogen waren.
Als der Maler Stefan Jäger geboren wurde, gab es noch zwei Gemeinden namens Tschene. Die größere war hauptsächlich von Serben bewohnt und hieß daher Serbisch-Tschene. Sie hatte ungefähr 3200 Einwohner und war ein Marktflecken mit Stuhlamt. Die kleinere trug nach der Mehrheit der knapp 500 zählenden Einwohner den Namen Kroatisch-Tschene. Später wurden beide Gemeinden miteinander vereinigt; so entstand das heutige Tschene.

DER VATER JÄGERS WAR FELDSCHER

Die deutsche Minderheit stellt die Mehrzahl der Handwerker der Ortschaft Tschene. Halb zu den Handwerkern gehörte auch der aus Nakovo stammende Barbier und Feldscher Franz Jäger, der Vater des Malers Stefan Jäger. Obgleich schon seit dem Jahre 1859 Gewerbefreiheit herrschte, machte er sich nach dem alten Wahlspruch der Wandergesellen: „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt", unternehmungslustig auf die Gesellenwanderschaft und gelangte dabei auch nach Budapest, wo er zu seinem Barbierfach auch den Feldscherberuf erlernte. Die Feldscher lernten erste Hilfe zu leisten, so auch zur Ader zu lassen, Zähne zu ziehen, Wunden zu behandeln, Gelenke einzurenken und dergleichen mehr; und da damals ein großer Mangel an gut ausgebildeten Ärzten herrschte, hat man sie gehörig geachtet. Dementsprechend nannten sie höfliche Menschen auch „Chirurg-Arzt-Stellvertreter“.
Franz Jäger war ein stattlicher Mann mit Vollbart. Er heiratete die um zwanzig Jahre jüngere Margarete Schuler aus Billed und ließ sich auf der Suche nach einer Existenz in der Gemeinde Tschene nieder. Seine Frau Margarete war klein, zierlich, mit feingeformten Gesichtszügen, die ihr Sohn Stefan von ihr erbte. Sie war gütig und fleißig und ihre Kinder hingen mit sehr großer Liebe an ihr. Sie war ein adoptiertes Kind und erbte einen verschuldeten Feldbesitz, den das junge Ehepaar bald verkaufen musste.
Das Ehepaar Franz Jäger war deutscher Abstammung, benutzte die deutsche Schriftsprache als Umgangssprache und kleidete sich nach städtischer Art. Logischerweise zählte man die Familie des Chirurg-Arzt-Stellvertreters zu den Intellektuellen, hatte sich doch der Feldscher Franz Jäger in Ungarns Hauptstadt neben einem gediegenen Fachwissen eine gute Allgemeinbildung und gute Umgangsformen angeeignet, die sich auf die Familie übertrugen.
Als Stefan Jäger schulpflichtig wurde, halte Tschene zwei Elementarschulen, eine serbisch-orthodoxe mit serbischer und eine, römisch-katholisch konfessionelle mit deutscher Unterrichtssprache. Letztere Schule wurde nicht nur von den deutschen, sondern auch von kroatischen Kindern besucht, da auch diese römischkatholisch waren. Sämtliche Klassen waren damals in einem Raum, der sonn- und feiertags auch als Betstätte benützt wurde. Obwohl der Schulbesuch gesetzlich vorgeschrieben war, besuchte kaum die Hälfte der Kinder den Unterricht. Der kleine Stefan Jäger gehörte aber zu den Fleißigen, weshalb sein Platz, um ihn auszuzeichnen, fast immer in der ersten Bank war.

Stefan Jäger hat nie ein Selbstporträt gemalt und Dr. Hans Fraunhoffer, der uns diese Aufnahme Jägers aus seinem letzten Lebensjahr übermittelte, teilt uns mit, dass nur Aufnahmen aus jüngeren Jahren bekannt sind.

DAS MYTHISCHE ERBE

Unter diesen bescheidenen Verhältnissen fand der kleine Stefan Eingang in die Welt der Buchstaben und Zahlen und besuchte die vorgeschriebenen Volkschulklassen. Nebenbei bemerkt, ein aufmerksamer Beobachter konnte in den zwei Elementarschulen Tschenes zwei etwas abweichende Geistesrichtungen beobachten. Während in der serbisch-orthodoxen Schule der Unterricht auch ein bisschen serbisch-national gewürzt wurde, herrschte in der römisch-katholisch konfessionellen Schule mehr eine katholisch-humanistische Geistesrichtung vor.
Bei der Formung der Geisteshaltung der Kinder spielten in der damaligen Zeit auch die mündlichen Überlieferungen eine sehr große Rolle, an denen alle drei in Tschene wohnhaften Nationalitäten sehr reich waren. Diese mündlichen Überlieferungen waren hauptsächlich nationaler bzw. volksgeschichtlicher, aber auch allgemeingeschichtlicher Natur. Da fast nur die Intellektuellen und die Großgrundbesitzer eine bescheidene Zeitung hielten, die sie über politische, wirtschaftliche und kulturelle Probleme unterrichtete und Tagesneuigkeiten brachten, waren beim werktätigen Volk, neben Familien- und Wirtschaftssorgen, die mündlichen Überlieferungen der Hauptgesprächsstoff, und dabei hörten die kleinen Schüler den Alten sehr gerne zu. Da hörten sie, wie serbische und kroatische Nationalhelden mit kleinen tapferen Scharen gegen große türkische Übermacht, kämpften und schließlich erlagen, wie sie dann in Gefängnissen schmachteten oder in die Sklaverei verschleppt wurden, wie die Türken serbische und kroatische Knaben raubten, die dann in besonderen Lagern zu berüchtigten Janitscharen erzogen wurden und dergleichen mehr.
Die Deutschen wussten mehr darüber zu erzählen, wie die Türken durch tapfere kaiserliche Heere aus Ungarn wieder weit zurück auf den Balkan vertrieben wurden. Nun gerade auch auf der Gemarkung von Tschene kämpfte ein kaiserliches Heer ausgangs des 17. Jahrhunderts gegen die Türken unter der Führung des sächsischen Kurfürsten Friedrich August l. Man sprach auch gerne über die Napoleonischen Kriege und die 1848-1849-Revolution. Stefans Vater hatte auf Grund seines Berufes ganz besonders engen Kontakt .mit dem werktätigen Volk und pflegte gerne, so weit es möglich war, Geselligkeit. so dass der kleine Stefan immer wieder mit Interesse zuhören konnte, wie die Alten sich über mündliche Überlieferungen unterhielten.

DER EINFLUSS DER MUTTER

Seine Mutter nahm ihn auch gerne zuweilen mit, wenn sie auf Besuch ging oder eine schwäbische Spinnstube aufsuchte. Wie schön war es da, wenn man beim gleichmäßigen Surren der Spinnräder schöne alte Volkslieder sang, geheimnisvolle Märchen erzählte und zur Abwechslung auch gruselige Hexen- Räuber- und Wolfsgeschichten vortrug. Noch nicht lange vorher gab es im Rohr des ausgedehnten Riedes bei Tschene „Rohrwölfe", so genannt, weil sie sich am Tag im Rohr versteckten.
Nun, die Geselligkeit der Alten war schön, und was der kleine Stefan hörte, bewahrte er in seinem Herzen. Die gute Mutter hatte auch viel Herz und Sinn für die schwäbische Tracht und die alten Sitten und Gebräuche. Bei jeder festlichen Gelegenheit machte sie ihren Stefan schon in seinen jungen Jahren auf die schönen. bunten, farbenfrohen schwäbischen Trachten aufmerksam und erklärte ihm den Sinn der alten Sitten und Gebräuche, deren es recht viele gab und die ihre Beziehungen zu Familienfesten wie Taufe, Trauung, Namensfeste, zu Volksfesten wie Kirchweih. Erntefest und Fasching – und zur Religion hatten wie zu Weihnachten, Ostern, Hl. Drei Könige, Fronleichnam, St. Nikolaus u. a. m. Sie machte ihr Söhnchen auch gerne auf den Stil der althergebrachten schwäbischen Möbel mit ihren Verzierungen an den Stuhllehnen, der Familientruhe, am Zapfenbrett und auf gelegentlich geschnitzte Holzeinlagen an Schränken aufmerksam. Auch die Glasmalerei des Bildaltars in der Stube, dessen Mittelstück das Hl. Grab war, und die buntbemalten Teller am Zapfenbrett sollten seiner Aufmerksamkeit nicht entgehen.
Wenn wir jetzt den kleinen Elementarschüler Stefan in Gesellschaft seiner Mutter sehen, die großen Einfluss auf ihn hatte, so braucht noch niemand zu glauben, dass er ein Stubenhocker war. Er verstand sich mit seinen schwäbischen und kroatischen Schulkameraden sehr gut. Da wurden in der freien Zeit so manche abwechslungs-reiche Spiele gespielt, und in den warmen Jahreszeiten lockte sie sehr oft ein über 270 Joch großes Ried an der alten Bega mit seiner üppig wachsenden Pflanzenwelt und seiner Kleintierwelt an. Dieses Ried war ein Überbleibsel eines großen Sumpfes aus der Ansiedlungszeit. hatte nicht mit Unrecht etwa Geheimnisvolles für die Phantasie der Kinder und bot ihnen auch Gelegenheit zu Bewegungsspielen wie Verstecken, Buschkämpfen, aber auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den „Türken".

DIE WESENSART DER SERBEN BLIEB IHM FREMD

Dieses Ried, das in wasserreichen Jahren eine wirkliche kleine Sumpflandschaft war, prägte sich der kleine Stefan ganz besonders gut ein. Nur mit den serbischen Schulkindern war der Umgang sehr steif, denn unter diesen war immer der eine und andere, dem die Schwaben ein Dorn im Auge waren. Sie fanden leicht Spottworte gegen die Schwaben, wussten auch gereimte Sprüche gegen sie und arteten leicht auch in Tätlichkeiten aus. Diese rauhen Umgangsformen der Serben sagten dem Elementarschüler Stefan Jäger nicht zu, und er versuchte auch nie, auch später nicht, ihre rauhe Schale zu durchbrechen, um zu ihrem gesunden Kern zu gelangen. So blieb denn auch ihre Arbeits- und Lebensweise für ihn fremd, und so sind auch ihre Sitten und Gebräuche nie in seine Seele gedrungen. Die Kälte der serbischen Nationalität steigerte um so mehr im feinfühligen Kind das Feuer der Liebe zum eigenen Volkstum, dessen Arbeits- und Lebensweise und dessen Sitten und Gebräuche, seine Seele ungeteilt ausfüllen sollten. Was der Elementarschüler Stefan Jäger im Elternhaus, in der Schule, bei den geselligen Zusammenkünften der Schwaben, speziell auch in der Spinnstube und bei den Festen der werktätigen Volksdeutschen, sah und hörte, waren die ersten kleinen Mosaiksteine zu einem großen Lebenswerk, und er wurde sein ganzes Leben hindurch nicht müde. Mosaiksteine zu sammeln und sie zu seinem Lebenswerk zusammenzufügen.
Nach Absolvierung der Elementarschule kam Stefan Jäger nach Temeswar in die staatlich genehmigte vierklassige private Bürgerschule Wiesners mit deutscher Unterrichtssprache, wo er außerschulisch Gelegenheit fand, im Umgang mit ungarischen Kindern auch die ungarische Sprache notdürftig zu erlernen.
In der Metropole des Banates interessierten den kleinen Mittelschüler die historischen Baulichkeiten, wie das Hunyadikastell, die alten Festungsmauern, die Siebenbürger Kaserne, die Domkirche, das Dikastrialgebäude und andere amtliche Gebäude der verschiedenen Nationalitäten und der verschiedenen Militäreinheiten.
Mit vierzehn Jahren kam Stefan Jäger nach Szegedin, um seine Mittelschulstudien an der dortigen sechsklassigen ungarischen Bürgerschule abzuschließen und gleichzeitig seine mangelhaften Kenntnisse in der ungarischen Sprache zu vervollkommnen.]]
Das wichtigste Moment der Szegediner Jahre liegt für den weiteren Werdegang Jägers darin, dass sein Zeichenprofessor, ein Burgenländer namens Obendorf, seine künstlerische Begabung erkannte und ihm durch treffliche Ratschläge die Richtung wies, in der er zu gehen hatte.

DER GROSSE LEHRER, DER SEIN TALENT ERKANNTE

Auf Grund der Wegweisung von Zeichenprofessor Obendorf begann Stefan Jäger im Jahr 1895 in Budapest seine vierjährige Fachausbildung für den Kunstmalerberuf als Eleve an der königlich-ungarischen Landeszeichenschule und Zeichenprofessoren-Präparandie in der Abteilung für Bildende Kunst, die seinem Talent zur Malerei zum Durchbruch verhalf. Er konnte diese ganze vierjährige Ausbildung auf Grund eines Mittellosigkeitszeugnisses der Tscheneer Gemeindebehörde als Freischüler absolvieren und vollenden. Unter der Leitung des Professors Bartholomäus Székely, Schöpfer großer historischer Gemälde – er unterrichtete figurales Zeichnen und Malen –, und des Professors Eduard Balló, eines bekannten Porträtisten, reifte Stefan Jäger zu einer Kunstauffassung und Kunstpraxis heran, die durch die Achtung vor dem einem sinnvollen Ganzen zugehörenden Detail und damit vor der Realität des Menschlichen und Gegenständlichen gekennzeichnet war und ihn zeitlebens davor bewahrte, sich in Ausflügen jenseits des einwandfrei Wirklichen zu ergehen und das Leben zum Spielzeug der Phantasie zu machen.
Trotz des guten Studienerfolges hatte es der Kunsteleve Stefan Jäger insbesondere im ersten Studienjahr sehr schwer. Er hatte sich durch das erste Schuljahr buchstäblich durchgehungert. Er erzählte gelegentlich seiner Nichte Maria Jäger, es sei vorgekommen, dass der Hunger ihn auf den Markt getrieben hatte. Sein Taschengeld reichte aber nur, um sich eine Gurke zu kaufen, die er dann roh aß. Er bewarb sich in dieser Zeit um eine Erzieherstelle und erhielt eine solche bei der gräflichen Familie Széchy, wo er drei Jahre tätig war. Er musste von da ab weniger hungern, aber das Studium, das er sehr ernst nahm, und die zusätzliche Erziehertätigkeit stellten an ihn sehr große Anforderungen.


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Wir setzen in dieser Folge an dieser Stelle die Kurzbiographie Stefan Jägers von Doktor Peter Pink fort und verweisen darauf, dass wir in den nächsten Folgen die Darstellungen des Verfassers auf Seite 5 fortsetzungsweise veröffentlichen werden.

In der bescheidenen Hinterlassenschaft Jägers befanden sich drei von ihm eigenhändig mit Bleistift geschriebene Aufzeichnungen über seinen Lebenslauf, die offensichtlich für eine Autobiographie verfasst waren, und zwei mit der Maschine geschriebene Autobiographien in rumänischer Sprache. Die eine maschingeschriebene Autobiographie trägt das Datum 5. November 1953. Folglich wurden die handgeschriebenen Aufzeichnungen wahrscheinlich kurz vor der verfasst. Es ist vielleicht angebracht, schon an dieser Stelle authentizitätshalber ein paar Zeilen Jägers aus zwei von den erwähnten Niederschriften wörtlich anzuführen. In der einen heißt es:
„Nach vierjähriger Ausbildung unternahm ich Studienreisen ins Ausland (Österreich, Deutschland und Italien). Dann begann ich in Budapest selbständig zu arbeiten an den Aufträgen religiöser Bilder, die ich aus der engeren Heimat bekam. Unter diesen war auch der Auftrag für die ‚Ansiedlung der Deutschen im Südosten’.“
Aus der zweiten Handschrift Jägers: „Nach meiner vierjährigen Ausbildung unternahm ich Studienreisen nach Österreich, Deutschland (München, Stuttgart) und Italien (Venedig). Nachher begann ich selbständig zu arbeiten an den. Aufträgen, die mir aus der engeren Heimat zukamen, unter diesen auch der Auftrag für die ,Ansiedlung der Deutschen im Südosten'. Zwecks Studiumm der Trachten der Ansiedlung unternahm ich abermals eine Reise nach Deutschland (Stuttgart, Ulm. Nürnberg). Dieses Triptychon habe ich teilweise in Budapest, teilweise in der engeren Heimat ausgeführt. Es wurde 1910 in Gyertyámos gelegentlich einer Gewerbeausstellung enthüllt.“

ER HAT SICH DEM „SCHWÄBISCHEN" VERSCHRIEBEN

„Da ich die Wahrnehmung gemacht habe, dass in den Jahren 1900 herum das Banat und die Batschka mit reisenden Bilderhändlern überflutet war, die mit Dutzendbildern ihre Geschäfte machten und ich so manche Aufträge aus der Heimat erhielt, habe ich mich entschlossen, mich in Hatzfeld niederzulassen. Meine malerische Tätigkeit war hauptsächlich dahin .gerichtet, meinen Landsleuten gewissenhaft ausgeführte Bilder in leicht verständlicher Form mit Motiven aus dem Banater Volksleben mit Heidelandschaften zugänglich zu machen und war darauf bedacht, auch den weniger bemittelten Volksgenossen die Möglichkeit zu geben, solche Bilder zu beschaffen."
„Ich habe mich darauf verlegt, die schönen schwäbischen Trachten, die landschaftlichen Stimmungen, Sitten und Gebräuche bei Festlichkeiten und im Alltagsleben darzustellen."
Auf die vier Budapester Studienjahre folgten Wanderjahre bzw. Auslandsreisen des nun schon diplomierten Kunstmalers Stefan Jäger, wie er uns zuvor selbst berichtet hatte, die ihn nach Wien, München, Stuttgart und Venedig führten. Er machte seine zweite Studienreise nach Deutschland im Jahr 1906, die ihn nach Stuttgart, Ulm und Nürnberg brachte, um Aufschlüsse zu erhalten über die Trachten, in denen die schwäbischen Vorfahren im 18. Jahrhundert die Wanderung nach Südungarn vollzogen, wodurch es ihm dann erst möglich wurde, das sogenannte „Einwanderungsbild" geschichtlich einwandfrei zu malen.
Jägers erste Auslandsreise wurde im Jahr 1901 vorzeitig unterbrochen, da ihn die Kunde von einer schweren Erkrankung seines Vaters veranlasste, in die Banater Heimat zurückzukehren, der er nun für immer verbunden bleiben sollte.

DIE AUFTRÄGE WAREN ZUNÄCHST SPÄRLICH

Familienangelegenheiten und materielle Sorgen, die sich durch die Erkrankung seines Vaters gesteigert hatten, fesselten nun den jungen Maler Stefan Jäger bis 1902 an seine Geburtsgemeinde Tschene, wo er sich, mit besseren Aussichten rechnend, nur provisorisch eingerichtet hatte. Der Marktflecken Tschene war zwar schon damals eine relativ große Gemeinde, doch verhältnismäßig rückständig, die – außerhalb der Kulturzentren des Banates liegend – auf die Entwicklung eines jungen Malers auf die Dauer nicht fördernd wirken konnte. Eine gute Seite hatte der Aufenthalt in der Heimatgemeinde für den Anfänger doch. Der Väter des jungen Malers hatte auf Grund seines Berufs und der menschlichen Beziehungen gute Verbindungen zur großen kroatischen Vuchetich-Sippe, die ein Bauernadelsgeschlecht mit guten Verbindungen war; aber er war auch mit anderen Personen und „Chirurg-Arzt-Stellertretern" befreundet. Diese Beziehungen, Kundschaften und Bekanntschaften brachten dem jungen Maler gebührendes Interesse entgegen, um so mehr, als damals im Banat Künstler noch Raritäten waren und man ihnen gerne den Künstlernimbus zubilligte. Sie sollten sich im jungen Jäger nicht getäuscht haben.
Der Interessentenkreis um den jungen Künstler Stefan Jäger war zunächst ohne Zweifel begrenzt und die Aufträge demnach spärlich. Dem damaligen Zeitgeist gemäß verlangte man von ihm hauptsächlich Heiligenbilder, Stilleben und Landschaftsbilder. Jäger begann aber schon damals, als er mit Aufträgen nicht überhäuft war, mit den Augen des Künstlers das Leben und die Sitten und Gebräuche seiner schwäbischen Landsleute zu studieren und Skizzen zu machen. Das Interesse, das in ihm, als er noch Kind war, seine Mutter weckte und seine Neigung dazu, die sich m ihm als Student und Hochschüler immer mehr steigerte, spornten ihn immer wieder zu volkskundlichen Studien an.
Der junge Maler Jäger kam rasch zur Einsicht, dass er aus seinem bescheidenen Geburtsort und seinem noch zu kleinen Liebhaberkreis den Sprung in die große Welt wagen muss, einerseits um nicht auch weiterhin mit unangenehmen materiellen Sorgen kämpfen zu müssen, vor allem aber, um seine künstlerische Weiterentwicklung zu fördern.

DAS INTERMEZZO IN BUDAPEST

Da kam ihm seine Bekanntschaft mit dem Leiter einer Budapester Kunstwarenhandlung namens Almásy zugute, der ihm den Antrag stellte, sich in Budapest niederzulassen und für ih zu arbeiten. Almásy befasste sich mit Vorliebe mit dem Verkauf von Bildern und schätzte Jägers Bilder ganz besonders. Jäger ist 1902 in die ungarische Hauptstadt gezogen, wo er bis 1910 blieb, seinen Freund Almásy fleißig belieferte und auch an Aufträgen arbeitete, die ihm nicht nur aus dem Banat, sondern von den Deutschen aus dem ganzen damaligen Südungarn, also auch aus der Batschka und Syrmien, zugingen.
Die Aufträge aus Südungarn waren auch jetzt, wie Jäger in seinen Aufzeichnungen schreibt, „hauptsächlich kirchlich-religiöse Bilder“. So malte er zum Beispiel den Erzengel Gabriel zu Pasua[1], den heiligen Stefan für Aracs[2] und den Erzengel Michael für Hatzfeld. Dann folgten an zweiter Stelle Aufträge für „Bildnisse“, worunter vermutlich Porträts zu verstehen sind, und – ebenfalls während seiner Budapester Zeit, wohl vor 1906 — bekam er den wichtigsten Auftrag seines Lebens: die „Einwanderung der Deutschen in das Banat“ zu malen, ein Triptychon, das sein Hauptwerk ist und das 1910 in Gertjanoscher enthüllt wurde. Über dieses sogenannte „Einwanderungsbild“ wird noch ausführlich die Rede sein.
In einer Aufzeichnung schreibt Jäger selbst: „Nach Vollendung dieses Triptychons, das ich teilweise in der engeren Heimat ausführte, habe ich meine weitere malerische Tätigkeit begonnen, die hauptsächlich dahin gerichtet war, meinen Landsleuten die Kunst zugänglich zu machen, indem ich mich bemühte, in leicht verständlicher Form Motive aus dem Banater Volksleben und Landschaften darzustellen."

DAS EINWANDERUNGSBILD BRACHTE DEN DURCHBRUCH

Das Einwanderungsbild wurde bei seiner Enthüllung von tausenden Deutschen bewundert und alle zollten dem jungen Maler Anerkennung, Bewunderung und Liebe und trugen seinen Ruhm bis in die entlegensten Dörfer der sogenannten Banater Schwaben. Der seinerzeit allgemein bekannte Abt-Domherr Franz Blaschkovics hielt die Enthüllungsrede.
Da sich der junge Künstler Stefan Jäger in der Großstadtluft nicht wohl fühlte, entschloss er sich, von der Liebe seiner geliebten Banater Schwaben angezogen, sich im Jahr 1910 in Hatzfeld niederzulassen, wo er dann auch bis zu seinem Tod am 16. März 1962 wohnhaft blieb. Er stellte fest, dass Hatzfeld ihm günstige Bedingungen bietet, seine volkskundlichen Studien, die er in Tschene begann und an denen er sein ganzes Leben hindurch inniglich hing, fortzusetzen und sie dann später immer mehr bis in die entlegensten Schwabendörfer auszudehnen. Zur Zeit der Niederlassung Jägers in Hatzfeld war dieses eine Großgemeinde, die sich zu einem Marktflecken entwickelte und, durch eine namhafte Industrie gefördert, schließlich zur Kleinstadt wurde.
Es ist am Platze, hier die schönen Worte von Robert Reiter einzufügen: „Es kann Hatzfeld nicht hoch genug angerechnet werden, dass ein Maler vom Wesen Jägers hier die Möglichkeit für seine Betätigung gefunden hat. Und dass er sie auch bis ins hohe Alter hinein behalten konnte durch sein ununterbrochenes Bekenntnis zum Menschlichen, zur Schönheit des Lebens bei Arbeit und Fest, durch seine Treue zum einfachen Volk, in seiner rührenden Liebe zu allem, was diesem gehört, vom Spinnrad bis zum Zapfenbrett, von einer einfachen Schnitzerei bis zum Barockgiebel der Bauernhäuser, vom Kerweihstrauß bis zur Haartracht der aufgesteckten Zöpfe, von den einfachen Ornamenten an Möbelstücken bis zu den in die prächtige Seide der Röcke hineingewebten Blumen.“
Am Anfang fiel die Anwesenheit Jägers in Hatzfeld nicht auf, da er bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 fleißig für die Kunstwarenhandlung in Budapest, die sein bereits genannter Freund Almásy leitete, malte und seine volkskundlichen Studien ganz unauffällig betrieb. Da aber sein Name nach der Enthüllung des Einwanderungsbildes in Südungarn, insbesondere im Banat und in der Batschka, immer mehr bekannt wurde, mehrten sich die Aufträge aus diesen Gebieten; außer Heiligen-, Landschaftsbildern und Stilleben wurden allmählich auch Genrebilder gewünscht.
In seiner bereits erwähnten, mit der Hand geschriebenen Schrift über seinen Lebenslauf schreibt Jäger: „Eine unangenehme Unterbrechung kam durch den Ersten Weltkrieg, den ich auch leider mitmachen musste, von 1914 bis 1918. Zurückgekehrt, nahm ich meine Tätigkeit wieder auf.“

JÄGER WAR KEIN MENSCH DER ÖFFENTLICHKEIT

Jäger war im Ersten Weltkrieg an den Fronten in Serbien, Italien und Siebenbürgen. Er hatte auch als Soldat in seiner wenigen Freizeit gemalt. (Der Schreiber dieser Lebensdaten gab seinem Sohn Helmuth zwei Aquarelle aus dieser Zeit Jägers. Das eine stellt die durch Kriegseinwirkung abgebrannte Schabatzer Kirche dar, das andere eine Balkangebirgslandschaft).
Der Ausgang des Krieges im Jahr 1918, der neue Grenzen mit sich brachte, trennte den Maler Jäger endgültig von Budapest, und so wurde auch seine Verbindung mit der früher erwähnten Kunstwarenhandlung unterbrochen. Hatzfeld wurde bis zum Jahr 1925 ein Teil des jugoslawischen Banates und wurde dann, durch eine Grenzregelung endgültig an Rumänien angeschlossen.
Es ist bekannt, dass im alten Ungarn sehr ernste Bestrebungen im Gange waren, die Volksdeutschen zu magyarisieren, so auch die Schwaben in Südungarn. Dem hat der Ausgang des Ersten Weltkrieges ein Ende gesetzt. Sowohl in Jugoslawien als auch in Rumänien kam eine deutsche Bewegung auf, die bestrebt war, die ungarische Gesinnung aus den Schwaben im gewesenen Südungarn (Banat, Batschka und Syrmien) wieder auszulöschen, sie zur Treue den neuen Vaterländern gegenüber zu erziehen und sie zu selbstbewussten deutschen Menschen zu machen.
Diese deutsche Bewegung führte in Jugoslawien zur Gründung des Schwäbisch-Deutschen Kulturbundes mit dem Sitz in Neusatz, in Rumänien zur Gründung der Deutsch-Schwäbischen Volksgemeinschaft[3] mit dem Sitz in Temeswar. Jäger hatte sich niemals als Politiker betätigt, aber man wurde auf ihn, den schwäbischen Maler, immer mehr aufmerksam, obzwar er niemals in der Öffentlichkeit auftrat, sondern, man könnte fast sagen, wie ein Veilchen im Verborgenen blühte. Sehr intelligente Menschen, auch unser verehrter alter Hatzfelder Heimatdichter Peter Jung, sagten, sie wurden erst nach Beendigung des Ersten Weltkrieges darauf aufmerksam, dass der Maler Stefan Jäger in Hatzfeld unter ihnen lebte. Man wurde auf seine schönen Bilder, die Heidelandschaften, die Schwaben bei der Arbeit und ihre Sitten und Gebräuche, auf ihre farbenprächtigen Trachten immer mehr aufmerksam. Sein Einwanderungsbild aber wurde zum Symbol der Volksdeutschen im Südosten. Jäger hat auf die Rückverdeutschung der Schwaben im gewesenen Südungarn durch seine schönen Genrebilder viel mehr Einfluss gehabt als so mancher lautstarke Politiker, Das große Interesse, das durch die deutsche Bewegung für seine Genrebilder entstand, hat die Aufträge für Heiligenbilder, Porträts und Stilleben immer mehr in den Hintergrund gedrängt.
Wieder einige Zeilen aus Jägers eigenhändigen Lebenslaufnotizen:.Um das Jahr 1930 herum war von meinen Arbeiten eine Kollektiv-Ausstellung in Groß-Betschkerek. Die meisten Auftraggeber waren im jugoslawischen Teil des Banates und der Batschka. Darunter auch der Kulturbund in Neusatz. Die ausgestellten Bilder waren Privatbesitz.“
Diese Zeilen machen es einem verständlich, dass die Behauptung alter Hatzfelder Jäger-Verehrer stichhältig ist, dass bis zum Zweiten Weltkrieg der Großteil der Jäger-Bilder nach Jugoslawien verkauft wurde, um so mehr, als es bis dahin im Grenzverkehr keine Schwierigkeiten gab.
Jäger hatte in Hatzfeld im Lauf der fünf Jahrzehnte, die er hier verbrachte, in drei verschiedenen Gassen gewohnt. In der letzten Zeit in der sogenannten Hauptgasse, Strada Tudor Vladimirescu 98. Hier war im Hof sein geräumiges hohes Atelier, das mit seinen großen Fenstern nach dem Süden blickte. Er malte am liebsten mit Ölfarben. Die Zahl seiner Ölgemälde belauft sich auf ungezählte Hunderte. Nichtsdestoweniger hat Jäger auch Hunderte von Aquarellen gemalt, die von manchen Kunstkennern noch höher geschätzt werden als seine Ölbilder.


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(Fortsetzung folgt Teil III)

Bevor aber von den Bildern selbst, den Bildmotiven und der künstlerischen Wertung der Arbeit des Malers gesprochen werden soll, ist es angebracht, über ihre Vorstufen, die Skizzen, einiges zu sagen. Stefan Jäger machte bekanntlich eingehende und umfangreiche volkskundliche Studien, die er auf seinen Skizzenblättern festhielt, um durch sie eine gute Grundlage vor allem für seine Genrebilder zu haben. Diese Studien betrieb er mit den Augen des Malers und nicht als Ethnograph, um nur volkskundliche Arbeit zu leisten und das volkskundliche Wissen zu mehren, obzwar diese seine Arbeit auch diesen Gewinn brachte. Bei einem Maler kann man wohl die Skizzen auch als Früchte der malerischen Inspiration betrachten, die sich dann in die größeren Inspirationen der Bildmotive eingliedern.
In den Notizen Jägers für einen Lebenslauf ist nur an einer Stelle von Skizzen die Rede. Wir zitieren drei Sätze: „1954 habe ich in Temeswar an der Regionalausstellung teilgenommen, wo auch ein Stück für das Temeswarer Regionalmuseum angekauft wurde. Dorthin habe ich auch Skizzen und Entwürfe überlassen (150 Stück). Auch ein in Aquarell- und Deckfarben ausgeführtes Bild (Festtag) war bei der Regionalausstellung in Temeswar im Jahr 1954 für das Museum angekauft“. Laut, Information von Maler Franz Ferch, der Präses der Vereinigung der Temeswarer Filiale der Plastikkünstler ist, hat das Temeswarer Regionalmuseum Jäger als Ehrengabe für die 150 Skizzen 13.000 Lei gegeben.
Nach dem Tode des Malers Stefan Jäger übernahm seine Nichte Marie Jäger mit dessen Verlassenschaft zirka 600 Stück Skizzen, die der Verstorbene in seinen letzten Lebensjahren nach Themen in Mappen geordnet hatte. Sie hatte diese Skizzen dem Temeswarer Regionalmuseum zum Kauf angeboten und sie wurden durch eine Kommission geprüft, aber man hat sie ihr mit der Bemerkung zurückgegeben, sie möge sie auch weiterhin aufbewahren. Es hatte ihr zum Trost gereicht, dass bei dieser Gelegenheit der Maler Franz Ferch zu ihr sagte: „Ich habe Meister Jäger aufrichtig verehrt.“
Am 10. August 1962 sandte Marie Jäger dem Verfasser dieses im bescheidenen Rahmen gehaltenen Lebenslaufes nachstehende Aufstellung (Klassifizierung) der bei ihr befindlichen zirka 600 Skizzen von Jäger:

I. DAS VOLKSLEBEN DER BANATER SCHWABEN:

a) Bauarten,
b) Trachten,
c) Typen,
d) Landwirtschaftliche Arbeit auf dem Acker (hauptsächlich um die Weizensaat, Maispflanzungen, Ernte und der Bauernhof, „Hausfrau", „Kinder", „Haustiere"),
e) Mußestunden: Spinnstube, Kartenspiel, Plauderern, Gesang,
f) Festtage: Kirchgänge und mit der Kirche verbundene Gebräuche, Kirchweihe und Kirchweihgebräuche, Tanz.

II. LANDSCHAFTEN: Das Flachland des Banates in den vier Jahreszeiten, doch hauptsächlich im Frühjahr und Sommer, auf dem Feld und im Wald.
III. STILLEBEN: Blumen und Obst.
IV. GEMÜSEMARKT
V. PORTRÄTS
VI. ZIGEUNERIDYLLE.

Was das weitere Schicksal dieser Skizzen sein wird, ist derzeit noch eine Frage. Es wäre allerdings schade, wenn sie in unbefugte Hände geraten würden. Zur richtigen Einschätzung der Skizzen ist es angebracht, die Würdigung dieser durch einen guten Kenner des ganzen Lebenswerkes des Malers Stefan Jäger Wiederzugeben, wie sie uns der Schriftsteller Robert Reiter in zwei Artikeln bietet, die im Jahr 1957 erschienen sind, als unser geliebter Meister sein 80. Lebensjahr vollendete. Ein paar Worte hat der Verfasser frei wiedergegeben und einige Sätze weggelassen, da Jäger geraume Zeit nach dem Erscheinen des genannten Artikels das Ordnen seiner Skizzen beendete und die Hoffnung des Artikelschreibers, dass in farbiger Wiedergabe ein Trachtenbuch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, bis zur Stunde nicht erfüllt wurde und dem Anschein nach noch lange nicht erfüllt wird.
Aus dem einen Artikel: Neben dem Gesamtwerk, das über das ganze Gebiet des Banates zerstreut ist, liegt Jägers Bedeutung für die Gegenwart und die Zukunft in seinen reichen Skizzenmappen eingeschlossen, die eine wahre Schatzkammer der Dokumente schwäbischen Volkslebens darstellen. Die Ergebnisse der Beobachtungsarbeit von Jahrzehnten liegen in diesen Blättern verschiedener Größen, in diesen Aquarellen und zum kleineren Teil Bleistift- und Tuschskizzen, die oft die Jahreszahl ihrer Entstehung und verschiedene mit Bleistift geschriebene Anmerkungen aufweisen".
„So ist eine Skizze der Mädchentracht von Neubeschenowa durch folgenden Text begleitet: Blumen in Silberfarben, ähnlich wie Sackelhausen. Skizzen eines Erntefestes mit der Zeichnung eines halbkugelförmigen Ohrgehänges in Großausführung, Tanzausführungen, Tanzpaare aus Bakova wechseln mit Schnitterinnen aus Klein-Betschkerek ab, zu denen die Bemerkung geschrieben ist, dass die besonderen breiten Strohhüte im Schnitt auch von den Männern getragen werden. Neben einer Stube aus Guttenbrunn (Ofen, Spinnrad, Schubladkasten, Bett, davor Stühle und Tisch mit Krug) eine Frau beim Bügeln, ein malerisches Gaßl und das Bild eines Silvesterständchens der Blechmusik aus dem gleichen Dorf. Sackelhausen ist durch eine Frauenhaube vertreten (mit Bleistift: ,Schwarz mit Goldstickerei), matt fleischfarbener Spenzer, Hemd mit roten Zacken eingefasst (liest man neben einem Mädchen in Tracht).“ Ein anderes Sackelhausener Mädchen ist wie folgt beschrieben: „Tochter, Suppe auftragend, Rock hechtgrau“. Und so geht es fort: Deutschbentschek und Kreuzstätten, Jahrmarkt und Schöndorf und noch viele andere Ortschaften. Jedes Blatt eine Fundgrube, auf jedem Blatt eine neue Entdeckung. So kehrt das, was dem Ursprung nach dem Volke gehört, über den Maler wieder zum Volk, zurück „als Spiegelbild der schöpferischen Kraft, die ihm innewohnt und die wir an Hand der Jägerschen Skizzen noch besser werden kennen lernen, als es bisher möglich war.“
Aus dem anderen Artikel: „Beredter als alles andere, überzeugender als das sorgfältig fertiggestellte Gemälde geben über des Malers innere Haltung, die Richtung seiner Gedanken und über seine Bekenntnisse, betreffs der kleinen und großen Dinge des Lebens, die während der vielen Wanderjahre flüchtig gezeichnete Skizzen, die sparsam konzentrierten Aquarellwiedergaben, ihm wesentlich dünkender Erscheinungen Auskunft."

Anmerkungen:

  1. richtig: Jazova
  2. richtig: Arad, Minoritenkirche
  3. Im März 1919 wird der "Deutsch-schwäbische Kulturverband" gegründet. Es entstehen Ortsgruppen.

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