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Zum 10. Todestag des Banater Malers Stefan Jäger

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0119
Autor Name: Dr. Alexander Krischan
Titel des Artikels : Zum 10. Todestag des Banater Malers Stefan Jäger
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Der Donauschwabe
Erscheinungsort: Aalen
Jahrgang: 22
Nummer: 26
Datum: 25.06.1972
Seite: 4
* [[Dr. Alexander Krischan]]: [[ART:0120 - Zum 10. Todestag des Banater Malers Stefan Jäger|<i>Zum 10. Todestag des Banater Malers Stefan Jäger</i>]]. Der Donauschwabe, Aalen 25.06.1972 (Jg.22 Nr.26), S. 4

Eheu, fugaces labuntur anni! - Zehn Jahre ist es her, dass der Hatzfelder Maler Stefan Jäger von uns ging. Noch ist dem Schreiber dieser Zeilen das letzte Gespräch in lebhafter Erinnerung, das er mit dem Künstler einige Jahre vor seinem Tode in dessen Atelier in der gemeinsamen Hatzfelder Heimat führte, als er ihm aus Wien Farben und Pinsel mitbrachte. Am meisten beeindruckt hatte die geistige Frische des hochbetagten Mannes.

Jäger wird mit Recht als der Maler der Banater Schwaben betrachtet. Sein Interesse galt dem ländlichen Leben, dem täglichen Treiben in den Dörfern des Banats, den verschiedenen Verrichtungen, aber auch der inneren Welt seiner Landsleute, ebenso wie ihren Festen. Fast sein ganzes Leben lang beschäftigte sich der Künstler eingehend mit ethnographischen Studien, er sah den Leuten bei der Arbeit zu und beim Tanz, beim abendlichen Dorfklatsch und beim sonntäglichen Ausgang, in der Spinnstube und auf der Tenne.
Dank ausdauernder Bemühungen einiger Lehrkräfte in Hatzfeld konnte die Sammlung und Wertung des künstlerischen Nachlasses ihres Landsmannes Jäger sichergestellt bzw. durchgeführt werden. In jahrelanger Kleinarbeit hat darüber hinaus Dr. Peter Pink, Arzt aus Ostern, alle ihm zugänglichen Daten und Belege zur Biographie des beliebten Banater Malers gesammelt. Einige Wochen nach dem 10. Todestag Jägers erschien im Kriterion-Verlag, Bukarest, von A. Podlipny-Hehn eine Kurzbiographie mit 35 Reproduktionen, teils in Farbe, von Werken Stefan Jägers. Der „Neue Weg“, Bukarest, v. 15. März d. J. brachte aus Anlass des zehnten Todestages Jägers einen Gedenkartikel[1], der auch den Lesern des „Donauschwaben“ nicht vorenthalten werden soll.

Dr. Alexander Krischan (Wien)

Vor zehn Jahren, am 16. März 1962, starb der Banater Maler Stefan Jäger, der sein ganzes, arbeitsreiches Leben auf die Darstellung des Lebens und der Bräuche seiner Banater Landsleute verwendet hat. Wenn hier auf begrenztem Raum seiner gedacht werden will, so soll es ausschließlich aufgrund jener 75 Skizzenblätter geschehen, die durch das Wohlwollen der Nichte des Meisters jetzt in den Besitz der Gedenkstätte in Hatzfeld übergegangen sind.
Diese Handzeichnungen und Studien, meist auf kleineren und oft zerschlissenen Papierstücken ausgeführt, stellen eine wahre Dokumentation zur Ethnographie der Banater Schwaben dar. Diese mit Pinsel und Farbe, dem Bleistift und der Tuschfeder verfertigten „Aufzeichnungen“ des Künstlers sind ein unumstößlicher Beweis für die innere Verbundenheit mit dem schwäbischen Dorfmilieu. Diese Blätter wurden von Jäger meist auf seinen Wanderungen von Ort zu Ort und nur selten in der Werkstätte verfertigt, auf den zahlreichen Fußmärschen durch die Heidedörfer des Banats.
Das vorliegende dreiviertel Hundert an Skizzen zeugt davon, dass der wanderfreudige Künstler weit mehr Dörfer und Städte besucht und größere Entfernungen zurückgelegt hat, als im allgemeinen angenommen wurde. Für diese Annahmen sprechen die erwähnten Skizzen (und auch andere, die sich im Besitz des Temesvarer Museums befinden und leider bis heute breiten Kreisen nicht zugänglich gemacht wurden) und die von Jäger eigenhändig vorgenommenen Notierungen. Auch ist aus einigen Aquarellskizzen mit ethnographischem Inhalt ersichtlich, dass Jäger sich über die Grenzen seiner engeren Heimat hinaus bewegt hat. Solche Aufzeichnungen führen uns nach entlegeneren Ortschaften in der Heide und Hecke, ja selbst nach Siebenbürgen. Auf einem Kartonblatt mit einer Siebenbürgischen Trachtenstudie beispielsweise ist notiert: "gesehen in Hermannstadt“. Ja selbst eine dalmatinische Landschaft mit den dazugehörenden Menschen in typischer Tracht (die Männer mit rotem Fez und Hüfttuch) findet sich unter den erwähnten Skizzen.
Viele der Skizzen lassen sich schon bei einer ersten Durchsicht als Entwürfe oder Studien für spätere Arbeiten in Öl, Aquarell oder deckenden Wasserfarben erkennen. Eine solche Vorarbeit sind wohl auch die „Kartenspieler“, um nur eine Skizze von den 75 zu nennen. Fünf typische Gestalten (Handwerker, Bauern und „Herrischer“) sitzen um den Tisch in der Dorfschenke und widmen sich mit ganzer Hingabe dem Kartenspiel. Das gesamte Geschehen atmet die Atmosphäre des dörflichen Lebens und Treibens. Es ist eine der vielen Szenen, die Stefan Jäger auf seinen Heidewanderungen in Dorfwirtschaften beobachten konnte. Still und häufig unbekannt, kam der große Schweiger im Dorfe an und ging nach einer Weile von dannen, bedachtsam, ruhig und nahm die gewonnenen und aufgezeichneten Eindrücke mit.
Nicht weniger überzeugend und typisch sind die anderen Skizzen und Studien. Die „Tratschbasen“ konnte man die in Stift ausgeführten Hüftbildnisse der erwähnten Skizzenserie betiteln: forsche Weiber im alltäglichen Trachtenkleid, das „Schicksal“ auf dem Kopf, und selbstsicher die Arme unterm vollen Busen verschränkt. Und die Trachtenskizzen tragen nicht selten die Aufschrift „gesehen in …“ oder die Namen der Dörfer wie Skt. Andreas, Guttenbrunn, Jahrmarkt, Neu-Beschenowa, Liebling, Johannisfeld (Frauen mit „Koksle“), Schöndorf, Gaydobra (Bacska), Paraputy, Gertjanosch, Lenauheim, Orzydorf, Wiesenheid, Nizkydorf, Triebswetter, Blumenthal und Lowrin. Wieder andere Handzeichnungen zeigen nahezu futuristische Bewegungsformen – so die Linien – und Bewegungsstudien zu den tanzenden Paaren oder dem pflügenden Bauern an der Kehre.
Der Dorfbarbier ist in drei verschiedenen Stellungen skizziert, mit der blechernen Messingseifendose in der Hand, wie er sie hält und den abgeschabten Seifenschaum herausschlenkert.
Doch nicht nur die oben erwähnten Handzeichnungen, sondern auch noch etliche mit dem Bleistift oder Pinsel ausgeführte Studien und Beobachtungen zeugen von der Hingabe des Meisters, vom Mitleben ungezählter Situationen des dörflich-bäuerlichen Geschehens, das er mit vollen Zügen in sich aufnahm. Der Maler Stefan Jäger war ein volksverbundener Künstler.
Zum Abschluss seien ein paar Worte aus dem Gästebuch der Jäger-Gedenkstätte Hatzfeld zitiert: „Dem Werktag und dem Feiertag seiner Landsleute hat Stefan Jäger durch seine Kunst Dauer verliehen. Das Eigengepräge des Banater schwäbischen Volkslebens ist die unerschöpfliche Quelle seines Schaffens gewesen. Durch seine große Leistung hat er sich unser aller Dank verdient.“

Anmerkungen

  1. Gross, Karl-Hans: Bestandsaufnahme des schwäbischen Milieus. Zum 10. Todestag des Banater Malers Stefan Jäger, in: Neuer Weg, Jg. 24, Nr. 00 v. 15.03.1972, S. 3;

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