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So war Stefan Jäger

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0180
Autor Name: Walther Konschitzky
Titel des Artikels : So war Stefan Jäger
Untertitel des Artikels: Erinnerungen an den Maler, wie er lebte und schaffte – aufgezeichnet von
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Neuer Weg
Erscheinungsort: Bukarest
Jahrgang: 29
Nummer: 8719
Datum: 28.05.1977
Seite: 4
* [[Walther Konschitzky]]: [[ART:0180 - So war Stefan Jäger|<i>So war Stefan Jäger</i>. Erinnerungen an den Maler, wie er lebte und schaffte – aufgezeichnet von]]. Neuer Weg, Bukarest 28.05.1977 (Jg.29 Nr.8719), S. 4

Erinnerungen an den Maler, wie er lebte und schaffte – aufgezeichnet von Walther Konschitzky

Jäger war ein ruhiger, stiller Mensch, der hat mit niemand gsprochen, nein. Ich hab nit gsehn, dass er mit jemand gsprochen hätt im Dorf, wenn er so kommen ist. Er war oft in Lenauheim auch, er ist immer zu Fuß gangen, gewandert und immer geschrieben: aber ich persönlich hab nicht gsprochn mit ihm, mein Mann ja, mein Mann war ja Hatzfelder, der hat ihm ja gut gekannt. Er hat immer gezeichnet, war gstandn un hat gschaut, dann hat’r gmaln dortn und so Schkizzn gmacht. Er is da nur durchgangen, hat geschrieben, gezeichnet und ist wieder weitergangen. Ich hab ihn eigentlich mehr draussn gsehn am Feld: wenn wir hinaus sein in unsern Weingarten, dann hat mein Mann gsagt: „Siehst, dort is der Jäger! Geht schon wieder malen“. Er hat eine große Taschn ghabt, ja, und zu Fuß is er gangen von Dorf zu Dorf …“

Elisabeth Hicke (95), jahrzehntelang Kindergärtnerin in Lenauheim

E guter Mensch!

De Jäger-Bácsi? Er war e guter Mensch, e guter, guter Mensch ! Sehr gut. Aso viel hat’n net gred, war mit uns hat’n schon gred, er is doch täglich komm un gang, er hat do jo doch die Werkstatt ghat un vore hat’n gewohnt. Ich han achtzehn Johr mit ihm do gewohnt im Haus, achtzehn Johr! Er is immer ins „Dreier“ esse gang…
Er hat e gute Freind ghat, de Professer Böss, mit dem hat’n sich gut verstan, de is immer herkomm Donnerschtags un Sonndags, no sn se mitzamm ausgang naus ufs Feld. Er hat nur fir die Natur glebt und fir sei Kunst. Un mit’m Professer Böss is er gang, der war schun in Pension, des war sei enziche Freind, er is sonst mit niemand mehr verkehrt. Er war so e Mensch, nee, solch em Mensch sen ich nemi begegnt, nee …
In sei Werkstatt hat niemand nin derfe, niemand hat schaue derfe, wann er garweit hat.. Mir ware zwamol im Johr drin, im Frihjohr un im Herbscht, wann mr zammgraamt han. Awer dort hat mr nix gsiehn, dort war alles zugedeckt un war drufgschrieb, nix anrehre! Do hat niemand gsiehn, was er arweit, dann war alles verpackt un zugedeckt. Wann Kunde komm sen for kaafe, die han nor vore im Atelie sen derfe vor der spanisch Wand, dort han se bstellt, sein se abhole komm die Bilder. Er hat net teier verkaaft, gar net teier. Awer es war a Zeit, do hat’n wenich verkaaft, do war’r arm! Das war glei no’m Kriech, is sei Gschäft net ganag. N’awer dann is wieder die Zeit komm, no hat’n wieder verkaaft un viel gearweit! Viel garweit – vun dr Frieh bis am Owed hat’r gearweit, jo, hat emmer sei Licht brenne ghat un hat garweit. Um fimwi, halwer sechsi is’r Nachtmohl esse gang, no is’r zauskomm, war’r in sein Zemmer allen, ja. Er war emmer leenich.
Er is aa in die Derfer gang, awer der is zu niemand gang, hekschtns uf Oschtre zum Dokter Pink, mit dem war er noch gut, awer sond´st is de zu niemand gang, emmer nor sich alles anschaue, zeichne, mole. Un in seiner Wohnung war kein Bild, kein Bild! Es war e Kastn drin, e Tisch, vier Stiehl, sei eisenes Bett mit Nachtkastl un seiner Mutter ihre Bett, des war alles, was dren war, sonst hat’r nix dren ghat, kein einziges Bild! Nie hat’n was von sich oder von seini Elter gred, nie. Er war doch von Schini, un dort kann sich niemand meh erinnre uf ne, nitmol uf de Name.
Un jetz die großi Feier do zu seim hunertschte Geburtstach! Arme Jäger-Bácsi, wann’r des noch erlebt hätt! Wann’ des noch gsiehn hätt!

Elisabeth Jost (78), Jimbolia

„Sein’S so lieb, bitte…“

Also ich war doch do im Haus, wu sei Werkstatt war, also mit uns Kenner, mit mer un mit’m Professer Schulz war’n freindlich irgendwie, awer die anre Kenner hat’n absolut nicht um sich geduldet. Ins Atelier is seltn jemand komm! Ich, aso warum sen ich rengang: Er hat mer net Hans gsat, er hat emmer „Hannes“ gsat: „Hannes, sein Sie so lieb, bitte gehen’S kaufn’S mir des, odr bringen’s mir des“. Un ich war doch klein – sechs-siewe Jahr alt – , awer er hat emmer mit „Sie“ gred, ja, „Sein’S so lieb, bitte…mechtn’S nit so gut sein…“. Ja so hat er gred, auch mit die Kinder.
Zuschaun haben wir nicht dürfn, wenn’r gmalt hat. Dann sind wir immer auf den Kellerhals rauf und haben von dort zugschaut, awer wenn er uns bemerkt hat, hat’r schun ruhghert, hat alles zugedeckt un hat nimehr gmaln, nein. Sehr viel hat’r die Feldblumen gemalen, das war für ihn etwas sehr Großes, die Feldblumen. Wie ich noch kleiner war, wie er noch kräftiger ist gwesn, is’r emmer auf’s Feld: in der Frih is’r rausgangn und abends spät is’r komme um neune, halb zehne mit einer Feldblume oder zwei, oftmal hat’r auch viel Blumen ghabt. Dann die letzte Zeit hat’r sich nicht mehr kennen holn gehen, dann hat er sie zammgebunden und so getrocknet warn sie dann auf der Wand ghonken… Die Feldblumen und die schwäbischen Trachten, das waren seine Sachen!

Hans Jost (35), Jimbolia

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