Stefan Jäger Archiv

Seine Landsleute und ihr Schaffen gewürdigt

Aus Archiv
Wechseln zu:Navigation, Suche


Bibliografie
Artikel Nummer: 0236
Autor Name: Luzian Geier
Titel des Artikels : Seine Landsleute und ihr Schaffen gewürdigt
Untertitel des Artikels: Zum 20. Todestag des Schwabenmalers Stefan Jäger
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Neue Banater Zeitung
Untertitel der Publikation: Heide-Blatt. NBZ-Sonderseite für Jimbolia
Herausgeber: Temeschburg
Jahrgang: 26
Nummer: 5992
Datum: 16.03.1982
Seite: 3
* [[Luzian Geier]]: [[ART:0236 - Seine Landleute und ihr Schaffen gewürdigt|<i>Seine Landsleute und ihr Schaffen gewürdigt</i>. Zum 20. Todestag des Schwabenmalers Stefan Jäger]]. Neue Banater Zeitung. Temeschburg 16.03.1982 (Jg.26 Nr.5992), S. 3

Zum 20. Todestag des Schwabenmalers Stefan Jäger

Der Maler im Jahre 1925. Kopie nach einer Fotoplatte aus dem Atelier Gerger
Schwäbische Mädchen in Festtracht, ein immer wiederkehrendes Thema im Schaffen des beliebten Schwabenmalers WK:0202
Ein weniger bekanntes Selbstporträt des Künstlers, das ihn im Atelier von etwa 40 Jahren darstellt WK:0100

Eine Geschichte des banatdeutschen Volkslebens steht noch aus, sollte sie mal geschrieben werden, so sind die Darstellungen des Hatzfelder Malers Stefan Jäger wichtige Vorlagen dazu.
Denn keiner der Banatdeutsehen hat so wie er „das ganze Dasein" seiner Landsleute festgehalten, „von der Wiege bis zum Grabe", ihre ganze Umwelt in ihrer Vielfalt und ihrem Reichtum, von der Landschaft bis in den engen Familienkreis, die schwäbische Stube, den Gang, die Stiege, den Hof und Garten, das Brauchtum, so wie wir es oft schon „nimmer auffinden'" (nach Peter Barth), die Tracht bei den verschiedenen Anlässen und mit den typischen Merkmalen in den einzelnen Ortschaften, wahre ethnographische Dokumente, und nicht zuletzt das Leitmotiv Arbeit, das auf unzähligen Gemälden wiederkehrt. Desgleichen vermerkte Jäger wichtige, oft entscheidende Momente im Werdegang dieser, seiner Gemeinschaft, von der Einwanderung und bis zu Ereignissen vor Kriegsende und kurz danach.
Der Sohn des Feldschers Franz Jäger aus Nakodorf (Nakovo, heute Jugoslawien) und der Billederin Margarete Schuller wuchs in Tschene auf, wo er auch den Weg in die Welt der Buchstaben beschritt. Sein Vater bestand auf Unterricht in deutscher Sprache und schickte seinen Sohn daher in die private Temeswarer Bürgerschule des bekannten und geschätzten Pädagogen Franz Wiessner, lange Zeit Vizepräses der städtischen Schul-Kommission. Von hier kam Stefan Jäger in die sechsklassige ungarische Mittelschule in Szegedin, wo dank seinem Zeichenlehrer Obendorf sein Talent zum Durchbruch gelangte. Dieser veranlasste den Jugendlichen, vier Jahre die Musterlehranstalt zur Ausbildung von Zeichenlehrern in Budapest zu besuchen, was für seinen Werdegang ausschlaggebend war. Jäger hatte sich an dieser Anstalt am 8. September 1895 eingeschrieben. Sein wohl bedeutendster Lehrer, der sichtbare Einwirkungen auf den späteren Maler hinterließ, war der Piloti-Schüler Bertalan Székely (1835 - 1910), ein Klausenburger, der seine Ausbildung u.a. in Wien und München erhalten, wiederholt Studienreisen nach München, Paris und Italien unternommen hatte. Er galt als einer der größten muralen Meister des 19. Jahrhunderts in Europa und war zugleich als „genialer Historienmaler" bekannt (nach „Das geistige Ungarn“, II. Bd.). Von diesem Meister stammt das Wesentliche der Jägerschen Kunstauffassung und -praxis, die ein Leben lang Leitlinie des Malers blieb. Von ihm stammt Jägers „Achtung vor dem, einem sinnvollen Ganzen zugehörenden Detail und damit vor der Realität des Menschlichen und Gegenständlichen" (Franz Liebhard), die ihn von Abwegigkeiten und Unlogik im Schaffen bewahrte. Diese Besonderheiten im Lebenswerk des Schwabenmalers machen ihn themenverwandt mit anderen Székely-Schülern, wie beispielsweise Rudnay Julius (geb. 1878), der trotz Studien bei Hollosy in Wien, dann in Rom und Paris, auch zu einem „liebevollen Schilderer des Volkslebens" der Tiefebene wurde und mit großer Detail-Treue den „Csardas" (1901), „Die Sorge" (1905), den „Sonntag Nachmittag" (1908), „Die Schnitterin" (1912). „Die Mutter" (1912). „Die nähende Frau" oder den „Rastenden Musikant" (beide 1913) kunstvoll festhielt („Das geistige Ungarn"). Rudnay war möglicherweise ein Jahr Jägers Studienkollege in Budapest.
Einwirkung auf die Kunstauffassung und das gesamte Schaffen Stefan Jägers hatten die rund 15 Jahre Budapest-Aufenthalt auch durch den damaligen Künstlerkreis und durch die Kunst-Händler, über die er seine zum Lebenserhalt so wichtigen Aufträge erhielt; vorwiegend handelte es sich um Heiligenbilder und Landschaften, die damals entstanden. Dabei ist hervorzuheben, dass der Maler sich eigentlich nie, auch im Alter nicht, mit religiöser oder mythischer Thematik beschäftigte. Wichtig waren für sein Lebenswerk die Wanderjahre, die den jungen Maler u. a. nach Wien, München, Stuttgart und Venedig gebracht hatten; dann die große Studienreise 1906 nach Deutschland im Hinblick auf die Gestaltung des Einwanderungsbildes, das wohl bekannteste große Werk Jägers, das er 1910 vollendete (Triptychon, 6 m lang).
Obwohl es bereits eine Jäger-Monographie gibt, ist das Werk des Malers noch nicht zur Gänze erfasst, bekannt und noch viel weniger ausgewertet, besonders die vielen Skizzen und Zeichnungen, die eine Fundgrube für den Ethnographen darstellen, dank der Art und Weise, wie er das Spezifische, die Details, Farben und Handlungen aufzeichnete. Dazu mit einer außerordentlichen Sorgfalt. Ebenso wertvoll sind die beigefügten Notizen.
Ein Bild der vielseitigen Thematik der noch ungenügend studierten Varianten zu einzelnen Problemkreisen des Alltags, der Wirklichkeitsnähe des Lebenswerkes Stefan Jägers, bietet die durch mühevolle Arbeit angelegte Reproduktion-Sammlung unseres Mitarbeiters Eduard Jankovits, die rund 500 Bilder umfasst und ein wahres Abbild des Banats darstellt. Daraus ist ersichtlich, wie sehr den Maler auch das Leben und Schaffen, das Brauchtum und die Tracht der Banater Rumänen interessierte, besonders die der Karascher Gegend, und das Leben der Zigeuner. Man merkt, welche Themen ihn immer wieder beschäftigten, beispielsweise die schwäbischen Mädchen in Festtracht, Kinder beim Spielen, die einzelnen Arbeiten auf dem Felde, die Landschaft, der Markt, die „Herrischen" oder die Blumen, die alle auf die enge Bindung, ein Verschmelzen seines Werkes mit dem Leben des Volkes und seiner Landschaft hinweisen.
Nach dem Tod Jägers (16. März 1962) verblieb uns als Vermächtnis ein umfangreicher Schatz, bestehend aus Hunderten Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Skizzen, ein von einem „optimistischen Glanz" überzogenes Lebenswerk, beladen mit einer tiefen Heimatverbundenheit und einer zutiefst menschlichen und malerischen Botschaft, die einmalig ist für uns, für die banatdeutsche Kulturgeschichte.


PDF-Datei des Artikels