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Hatte Stefan Jäger ein Vorbild?

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0252
Autor Name: Luzian Geier
Titel des Artikels : Hatte Stefan Jäger ein Vorbild?
Untertitel des Artikels: Der Maler Gustav Mannheimer und die Banater Schwaben
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Neue Banater Zeitung
Untertitel der Publikation: Heide-Blatt. NBZ-Sonderseite für Jimbolia
Erscheinungsort: Temeschburg
Jahrgang: 27
Nummer: 6251
Datum: 16.01.1983
Seite: 3
* [[Luzian Geier]]: [[ART:0252 - Hatte Stefan Jäger ein Vorbild?|<i>Hatte Stefan Jäger ein Vorbild?</i>. Der Maler Gustav Mannheimer und die Banater Schwaben]]. Neue Banater Zeitung, Temeschburg 16.01.1983 (Jg.27 Nr.6251), S. 3

Der Maler Gustav Mannheimer und die Banater Schwaben

„Deutsches Ehepaar im Hausflur“, Bauerntype, wie wir sie gleichermaßen bei Mannheimer und Jäger dargestellt finden.
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„Schwäbische Kinder auf dem Felde“ WK:0210 ist ein Thema, das Stefan Jäger und Gustav Mannheimer in ähnlicher Weise gestaltet haben.
„Schwäbische Kinder auf dem Felde“ ist ein Thema, das Stefan Jäger und Gustav Mannheimer in ähnlicher Weise gestaltet haben.
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Über den Schwabenmaler Stefan Jäger gibt es eine Reihe wertvoller Beiträge sowohl sein Werk als auch sein Leben betreffend, ein halbes Dutzend, die ersten großen Zeitungsbeiträge über den Maler nach 1944 (ab 1957) verdanken wir Franz Liebhard. Eine kurze monographische Arbeit (Manuskript) verfasste Dr. Peter Pink, 1972 veröffentlichte Annemarie Podlipny-Hehn eine illustrierte Monographie. Vorher und auch danach wurde über den Heimatmaler in rumäniendeutschen Publikationen wiederholt geschrieben und verschiedene Einzelaspekte wurden neu bzw. wieder beleuchtet. Das Heide-Blatt brachte zuletzt am 16. März des Vorjahres einen Gedenkartikel zum 20. Todestag des beliebtesten Malers der Banater Schwaben.
Trotzdem gibt es immer noch offene Fragen im Zusammenhang mit Stefan Jäger, beispielsweise über seine Vorbilder, ob es solche gegeben hat, über seine Lehrer oder beispielsweise seine Bibliothek. Letztere Frage stellt sich, zumal Jäger zumindest für sein erstes großes und überhaupt bedeutendstes Werk, das Einwanderungsbild, wohl nicht nur in Deutschland Studien für den historischen Hintergrund und die Trachten unternommen hat, sondern sicherlich auch hier versucht hat, das vorhandene Quellenmaterial auszuwerten. Es war dies nicht viel: Czoernigs Ethnographie-Bände (1857), Schwicker und Böhms Geschichte des Temescher Banats aus der gleichen Zeit und das große, weit verbreitete damalige Standard- und Jubiläums-Werk „Die Österreich-ungarische Monarchie in Wort und Bild" (Wien 1891). Alle brachten außer Geschichte am Rande auch Informationen über Trachten, Sitten und Brauchtum. Ausnahme machte die letztangeführte Buchreihe, die von einem großen Autorenkollektiv erarbeitet wurde. Über die Arader Gegend schreibt der Historiker Marki Sandor, über Temeswar und Umgebung bzw. über die Deutschen im Banat Dr. Eugen Szentkláray. Der letztere Beitrag umfasst zwei Kapitel: „Colonisation" und „Die deutschen Gemeinden, ihre Bewohner und deren Gebräuche". Hier konnte Jäger die einzige Quelle bis dahin finden, mit relativ ausführlichen Beschreibungen zu Sitten, Bräuchen, Trachten, Arbeit. Eigenart u. a. Hinzu kam, dass in diesem Buch erstmals auch Illustrationen zu dem ethnographischen Komplex erscheinen. Federzeichnungen, die fachmännisch, gezielt und detailgetreu angefertigt wurden und für den Maler im Zusammenhang mit seinen Aufträgen von Nutzen sein konnten.
Unseren Nachforschungen gemäss fanden sich am Lebensende des Malers nur noch wenige Bücher in seiner Bibliothek, was er früher an Büchern besaß, konnte auch nicht in Erfahrung gebracht werden. Dafür, dass Jäger diese in der ganzen damaligen Monarchie verbreitete Bücher-Reihe gekannt haben müsste, sprechen auch noch andere Elemente. Zumindest der Band mit dem Beitrag über das Banat, aber auch die ganze Reihe, war im Banat verbreitet. Da auch Zeichnungen mit den Zentren der Gemeinden Charleville, Bogarosch, Alexanderhausen aufgenommen sind nebst solchen aus anderen Gemeinden (z. B. Innenhof in Hatzfeld), ist zu schließen, dass das Buch auch auf dem Lande bekannt war, gewiss aber noch mehr in Szegedin, wo Jäger im Erscheinungsjahr des Buches die Schule besuchte, da Stadt und Umgebung darin ebenfalls ausführlich behandelt sind. Als weiteres Argument kommt hinzu, dass die Zeichnungen von hervorragenden Künstlern erarbeitet waren, die Holzschnitte danach fertigte der bedeutendste Budapester Xylograph, Prof. Gustav Morelli (1848 – 1909) in seiner Anstalt an. Derselbe Morelli - u. a. Illustrator der ersten Petöfi-Ausgabe - wurde 1873 zum Professor der Holzschneidekunst an der Zeichenprofessorenanstalt ernannt, die Jäger ab 1895 besuchte, gleichzeitig mit der Musterzeichenschule (nicht Modellzeichenschule, wie es in einigen Arbeiten heißt). Ob Morelli, gestorben 1909, noch zu Jägers Studienzeit unterrichtete, wäre zu ermitteln, desgleichen, ob einige Maler, die Zeichnungen für diesen Band erarbeiteten, nicht sogar Lehrer Jägers waren, wie beispielsweise Ludwig Rauscher, der u. a. drei Ansichten von Temeswar für den Band lieferte. Er war als geschätzter Maler, Architekt und Graphiker (geb. 1845 in Stuttgart) ab 1873 als Professor an die Budapester Musterzeichenschule berufen worden. In den Nachschlagewerken der ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts ist er als „bedeutender Pfadfinder der graphischen Kunst in Ungarn" und mit einigen Erfindungen auf diesem Gebiet angeführt. Zwei weitere Temeswar-Bilder hatte der wiederholt preisgekrönte (auch große goldene Staatsmedaille) bedeutende und sehr bekannte Landschaftsmaler jener Zeit, Béla Spányi (1852—1914), zur Verfügung gestellt. Ferner wirkten als Illustratoren zu dem erwähnten Band die hervorragenden Maler Arpád Feszty, Johann und Emerich Greguss, Julius Hary, Karl Cserna, Ludwig Ebner, Theodor Dörre, Ignaz Roskovics, Julius Agghazy, Michael Munkacsy (Schreibweise der Namen nach jener im Verzeichnis der Illustrationen) u. a. Die Zeichnungen über die Banater Schwaben, die Jäger am meisten angesprochen haben dürften, ihm in gewissem Masse vielleicht Vorbild waren bzw. ihn zu ähnlichen Themen und Bildern anregten, stammen von Gustav Mannheimer (8) und Karl Cserna (4). Die Echtheit der Bilder lässt schließen, dass die Autoren selbst im Banat waren (siehe auch Reproduktionen), anders hätten zumindest die Bilder „Hofierende schwäbische Burschen", „Deutsches Ehepaar im Hausflur", „Schwaben beim Kegelspiel" (und Kartenspiel) nur schwer entstehen können. Mannheimer zeichnete außerdem noch „Altes deutsches Ehepaar im Leibgedinge" (Vorbehalt), „Inneres eines deutschen Hofes in Hatzfeld", „Schwäbische Kinder auf dem Feld", Kirchenplatz in Bogarosch und Charleville (jetzt im jugoslawischen Banat). Cserna zeichnete die Kopfrandleiste zum Kapitel (mit Prinz Eugen, Mercy und Niczky), eine Ansicht von Deutsch-Tschanad und das Porträt einer schwäbischen Bäuerin und eines Bauern. Obwohl uns von Mannheimer nur diese acht Bilder vorliegen, fällt es auf, wie viele Elemente - außer dem eigentlichen Thema - auf den Bildern der beiden Maler immer wieder vorkommen: z. B. der „dicke Ofen", die Wanduhr, der Hund, das Geflügel, der „Kegelbock", die Kinder beim Spiel, Tracht und Möbel sowie Hausgeräte, sorgfältig wiedergegeben, die Neckerei, das schwäbische Haus, der Hof, das Dorf. Mannheimer (1859—1937) hatte in Budapest, Wien (bei Makert) und München studiert, eine Reihe großer Werke illustriert, sich wiederholt erfolgreich an internationalen Aussiellungen beteiligt und erhielt für sein künstlerisches Schaffen mehrere staatliche Auszeichnungen.

Reproduktionen: der Autor

1, „Deutsches Ehepaar im Hausflur“, Bauerntype, wie wir sie gleichermaßen bei Mannheimer und Jäger dargestellt finden.
2, „Schwäbische Kinder auf dem Felde“ ist ein Thema, das Stefan Jäger und Gustav Mannheimer in ähnlicher Weise gestaltet haben.

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