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Peter Jung und Stefan Jäger

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0317
Autor Name: Nikolaus Horn
Titel des Artikels : Peter Jung und Stefan Jäger
Untertitel des Artikels: Unbekanntes aus dem Nachlass des Dichters
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Neue Banater Zeitung
Untertitel der Publikation: NBZ-Kulturbote
Erscheinungsort: Temeschburg
Jahrgang: 31
Nummer: 7552
Datum: 29.03.1987
Seite: 2 und 3
* [[Nikolaus Horn]]: [[ART:0317 - Peter Jung und Stefan Jäger|<i>Peter Jung und Stefan Jäger</i>. Unbekanntes aus dem Nachlass des Dichters]]. Neue Banater Zeitung, Temeschburg 29.03.1987 (Jg.31 Nr.7552), S. 2 und 3

Unbekanntes aus dem Nachlass des Dichters über die freundschaftlichen Beziehungen der beiden Hatzfelder Kulturschaffenden
Zum 100. Geburtstag Peter Jungs (1. April 1887 – 24. Juni 1966)

Der Dichter als etwa 40jähriger
Stefan Jägers Titelblattentwurf - WK:1889 - für den Gedichtband „Heidesymphonie“ von Peter Jung

Als man dem Kulturerbe in unserem Land die gebührende Aufmerksamkeit schenken konnte, wurde 1957 der Literatur Verlag Bukarest auf den poetischen Wert des Banater Heimatdichters PETER JUNG hingewiesen. Man schickte einen Vertreter nach Hatzfeld, um die nötigen Wege einer Veröffentlichung der Gedichte anzubahnen. Nachdem eine Auswahl aus dem umfangreichen Schaffen getroffen war, stellte sich bald das Problem der künstlerischen Ausstattung und des Einbandes für das Buch. Wer den Vorschlag brachte, den Kunstmaler Stefan Jäger um einen Entwurf zu bitten, ist aus den Briefen Peter Jungs nicht mehr feststellbar, da von einigen Briefen aus dieser Zeit, keine Abschrift im Nachlass vorliegt. Aus dem Briefwechsel Jungs geht hervor, dass er Stefan Jäger eine solche Arbeit in Aussicht gestellt habe, und dass dieser keine entschieden ablehnende Haltung einnahm, obzwar die Graphik nicht zu seinem Vorzugsgebiet gehörte.
Am 25. Februar 1958 schreibt Jung an den Verlag, bleibt aber ohne Bescheid. Deswegen erinnert er am 5. März bzw. 8. März noch einmal daran, dass er einer Antwort „in der Jägerschen Angelegenheit (schwäbische Volkskunstmotive)" entbehre. Da das vielversprechende Antwortschreiben vom 13. März aufschlussreich für die Jäger-Rezeption ist, soll der erste Abschnitt des Briefes in seinem vollen Wortlaut wiedergeben werden: „Lieber Genosse Jung! Zuerst will ich Ihre Briefe vom 25. II., 4., 5. und 8. III. beantworten. Bezüglich der Skizzen für den Band ,Ein Jahrhundert Banater Dichtung' hat sich unsere Künstlerische Abteilung entschlossen, da die Angelegenheit äußerst dringend war, auf Grund eines Bruchstückes von einem schwäbischen gestickten Tischtuch einen Entwurf für den Einband des Bandes anzufertigen. Außerdem hatten wir nicht erwartet, dass Meister Jäger sich einer so mühevollen Arbeit unterziehen wird. Da es nun geschehen ist, habe ich meine Kollegen von der Künstlerischen Abteilung über die Persönlichkeit Stefan Jägers aufgeklärt und über die Bedeutung seiner für uns unternommenen Arbeit für unsere Banater Bände. Der Leiter der Abteilung hat sich bereit erklärt, die schwäbischen Motive, die uns der Maler einsenden wird, einerseits für die Ausschmückung Ihres Bandes zu verwerten (als Kopfleisten, Randleisten. Vignetten usw.), andererseits die Skizzen für andere künftige Bände aufzubewahren als zu unserem ständigen Arbeitsmaterial gehörend. Es ist auch möglich, dass man sie für den zweiten Banater Band der Reihe 'Deutsches Kulturerbe in der RVR' verwenden wird. Jägers Arbeit ist also auf jeden Fall nützlich, wenn sie auch für den Band, für den sie bestimmt war, zu spät kommt und das aus unabhängigen Gründen. (in diesem Augenblick ist das Manuskript bereits in der Druckerei.) ..." Darauf hin hat sich wohl Stefan Jäger eifriger an die Arbeit gemacht, während Peter Jung das Herz hoher schlug, denn eine Idee nahm (künstlerische) Gestalt an. Er konnte am 19. März berichten: „In Erledigung Ihres Schreibens vom 13. d. M. teile ich Ihnen auf Grund meiner festen mit Kunstmaler Stefan Jäger gepflogenen Rücksprache mit, dass Sie von ihm – wie schon früher versprochen – bis zum 1. April ein schwäbisches Volkskunstmotiv /Schlingerei/ und einen landschaftlichen Entwurf, den auch allegorische Figuren schmücken, erhalten werden. Sie werden mit beiden Arbeiten sicher zufrieden sein. Die Weiterbeförderung an die ESPLA werde ich besorgen ..." Von Seiten des Verlags wird nun darauf gedrängt, dass die Zeichnungen zeitgerecht einlaufen, „denn die Künstlerische Abteilung möchte schon längst die Ausstattung Ihres Bandes (den Gedichtband Jungs – Anm. d. Verf.) in Angriff nehmen." Jeder sah mit gespannten Erwartungen der Zukunft entgegen.
Termingemäß erhält P. Jung die Entwürfe geliefert. Am 1. April 1958, seinem 71. Geburtstag, konnte Peter Jung die beiden Skizzen des damals bereits im 81. Lebensjahr stehenden Künstlers Stefan Jäger, der noch immer ohne Brille arbeitete (!) weiterbefördern. Er schreibt:“[…] hiermit übermittle ich Ihnen das von unserem Kunstmaler Altmeister Stefan Jäger versprochene Volkskunstmotiv wie auch den landschaftlichen Entwurf. Ich hoffe, dass Sie mit den beiden Arbeiten zufrieden sind und dass Sie sie als Einbandschmuck für sämtliche schwäbische Werke, die der Staatsverlag in näherer und auch fernerer Zukunft herausbringen wird, ohne weiteres verwenden können. Die Honorarfrage, wollen Sie, bitte, mit Jäger selber erledigen. „Für meine Gedichte, bitte ich das Volkskunstmotiv (Schlingerei) zu verwenden."
Vielleicht eine etwas Überschwängliche Empfehlung. Doch steht dahinter eine edle Absicht. Auf freundschaftliche Weise will ein Künstler dem anderen in schweren Tagen, helfen. Die vom Verlag sehnsüchtig erwartete Antwort blieb lang aus. Und als sie endlich da war, lautete das niederschmetternde Urteil: „[…] die Entwürfe Jägers haben kein graphische Niveau. Sie wurden vom Künstlerischer Rat abgelehnt." Es mag Wahrheit hinter diesen Worten stecken, jedoch dräng sich einem die Frage auf, war es die Angst vor einer ernsthaften Konkurrenz oder die Honorarfrage, die ein solche Urteil gefällt hat? Hätte ein geübter und wohlwollender Graphiker retuschierend eingreifen können? Ist wirklich nichts dafür verwendbar, was man breitspurig vorhin versprochen hatte!?!
Die kaltschnäuzige Abweisung muss allenfalls den sonst zu Wortgefechten stets bereiten Peter Jung so entwaffnet haben, dass er es vorzog, eine kühle Anteilnahme am Ausgang dieses viel versprechenden Versuches an den Tag zu legen und er formuliert sein Urteil so „Was Sie über unseren Altmeister Jäger sagen, das unterschreibe ich in dieser besonderen Fall in seinem ganzen Umfang. Ich behalte die beiden Skizzen nun bis auf weiteres bei mir, um Jäger nicht vor den Kopf zu stoßen und ihn auch nicht zu kränken." Damit ist uns erklärt, wie die beiden Entwürfe in den Besitz Peter Jungs kamen und im Nachlass blieben.
Für die Stefan-Jäger-Forschung ist eine neue bis jetzt unbekannte Seite seines Schaffens aufgedeckt. Es sei noch darauf hingewiesen, dass Peter Jung eine Zeit vorher zwischen Stefan Jäger und der Zeitschrift „Volk und Kultur“ freundschaftlicherweise als Vermittler gewirkt hat. Da war man allerdings erfolgreicher. Einige Skizzen Jägers wurden in dieser Zeitschrift veröffentlicht. Peter Jung schätzte den Künstler, man beachte nur die ehrerbietige Benennung Jägers in dem mehr oder weniger auf privater Ebene geführten Briefwechsel mit einem Vertreter des Verlags. Er fühlte das Bedürfnis seine Gefühle dem Künstlerfreund gegenüber in Versen auszusprechen. Jung ordnete diese Verse dem „BUCH DER ZEITENWENDE" zu. Dem „ALTMEISTER STEFAN JÄGER" sind drei je acht Verse umfassende Gedichte gewidmet: „Auf sein Einwanderungsbild", "Auf seine Umrisszeichnungen" und „Auf seinen achtzigsten Geburtstag am 28. Mai 1957":

„Nun fallen schräger schon die Sonnenstrahlen
Auf deinen Lebensweg, den harten, schweren,
Worauf dir selten reiften süße Beeren,
Eh die Partei sich deiner angenommen,
In Liebe heiß dein Volk für dich entglommen,
Dass für dein Werk dir Anerkennung werde
Im trauten Schoss der alten Heimaterde,
Womit man früher dir vergaß zu zahlen."

Es sei noch darauf hingewiesen, dass Peter Jung in Aussicht gestellt war, dass sein Band unter dem Titel „Die Heidesymphonie“ noch im Juli (1958) „in Produktion" gehe und "im Dezember erscheinen" werde. Veränderungen in der Redaktion des Literatur Verlags brachten für Jung unglückliche Tage. Noch drei Jahre musste der greise Dichter auf das Erscheinen seines einzigen zu Lebzeiten erschienenen Gedichtbandes warten.
Die versprochene künstlerische Ausstattung ist bis auf Null reduziert worden. Der Umschlag denkbar einfach, doch suggestiv (wie der Titel!), der Künstler in Vergessenheit geraten, denn man fand es nicht für angebracht – wie in so vielen anderen Fällen! – den Namen dessen zu nennen, der den Einband entworfen hat.

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