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Stefan Jägers 80. Geburtstag

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0742
Autor Name: Stefan Heinz-Kehrer
Titel des Artikels : Stefan Jägers 80. Geburtstag (28. Mai 1957)
Untertitel des Artikels: Temeswarer Deutsches Staatstheater ehrte den Maler
Publikation: Heimatblatt
Titel der Publikation: Heimatblatt Hatzfeld
Herausgeber: HOG Hatzfeld
Jahr: 2005
Ausgabe: 12
Seite: 50-51
* [[Stefan Heinz-Kehrer]]: [[ART:0742 - Stefan Jägers 80. Geburtstag (28. Mai 1957)|<i>Stefan Jägers 80. Geburtstag (28. Mai 1957)</i>. Temeswarer Deutsches Staatstheater ehrte den Maler]]. Heimatblatt Hatzfeld. HOG Hatzfeld 2005

Temeswarer Deutsches Staatstheater ehrte den Maler

Wer kennt nicht die ungezählten Bilder, gemalt von Stefan Jäger, Bilder, die das Leben unseres Bauernvolkes darstellen: bei der Arbeit, an Sonn- und Feiertagen, in der prachtvollen Tracht? Er malte unsere Fluren, unsere Dörfer - alles Denkmäler unseres Lebens, unserer Vergangenheit im Banat. Wer kennt nicht sein Hauptwerk, das dreiteilige Bild, in ungewöhnlicher Größe? Volk unterwegs, die Rast, die ersten Häuser in der neuen Heimat.
Stefan Jäger, der Maler, der nur für seine Berufung lebte, zurückgezogen, bescheiden, mit einem kleinen Kreis von Freunden. An einer Hand waren sie abzuzählen. Er mochte den großen Rummel nicht, war aber dennoch weit bekannt, geachtet und verehrt.
Am 28. Mai 1877 in Tschene geboren, hatte er sich für Hatzfeld entschieden, wo ihn sein 80. Geburtstag erreichte, im Jahre 1957. Die Presse berichtete und sprach ihm alle Anerkennung aus, die er redlich verdient hatte.
Nun war aber zu hören, dass die Hatzfelder, Bürger einer Großgemeinde mit schon städtischem Charakter und regem kulturellen Leben, nicht zufrieden waren. Für Stefan Jäger hatte es im Gemeindehaus eine sehr bescheidene Geburtstagsfeier mit wenigen geladenen Gästen gegeben, wie man so hörte. Jene, deren Leben er in ungezählten Bildern dargestellt hatte, Bilder, die im ganzen Banat beliebt waren, hatten keine Gelegenheit, ihn in einer großen Feier zu beehren.
Ist es Zufall oder Fügung, dass das Deutsche Staatstheater Temeswar nur wenige Tage nach Jägers Geburtstag in Hatzfeld die Aufführung des „Meineidbauern" von Anzengruber angekündigt hatte?
Franz Liebhard, Dramaturg des Theaters, wusste auch, dass es für Stefan Jäger nur eine bescheidene Feier gegeben hatte, ohne die große Öffentlichkeit. Er sagte zu mir: „Ihr seid morgen in Hatzfeld. Kennst Du deine besondere Aufgabe?" Ich war der Sprecher der Bühne, vor den Aufführungen begrüßte ich das Publikum, sagte einiges zum Stück und zum Autor. Dies war bei klassischen Stücken nötig und wichtig. Ich lachte, als Liebhard gesprochen hatte, und meinte: „Du kannst Gedanken lesen!" Er nickte: „Dann ist ja alles in Ordnung. Tu es vor dem Beginn der Vorstellung."

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Ich wusste aber, dass es da eine Schwierigkeit geben könnte, die unser Vorhaben zunichte machen würde. Wie bekamen wir den menschenscheuen Stefan Jäger in den Saal? In die erste Reihe! Wird er kommen?
Ich lud alle Kolleginnen, die im „Meineidbauern" spielten, zusammen: Gerda Roth, Margot Göttlinger, Elisabeth Niederkorn und andere. Ich bat sie, zum Meister zu gehen, ihn zur Vorstellung einzuladen, ohne ein Wort vom Geburtstag fallen zu lassen! Und ihn so lange zu bearbeiten, bis er einwilligte.
Wir kamen in Hatzfeld an. Bis zum Beginn der Vorstellung waren es noch zwei Stunden. Er wohnte nicht weit vom ehemaligen Bauernheim mit dem großen Saal. Die Blumen waren besorgt, rechtzeitig holten ihn die Damen in ihre Mitte und brachten ihn in den Saal. Sie hatten nicht locker gelassen, bis er kam. Und das Publikum war verwundert als er auftauchte.

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Dann war es soweit. Der Saal war voll, alle Stühle besetzt, manche mussten wie immer stehen.
Alle Darsteller, Männer und Frauen, in ihren Bühnenkostümen, standen im Halbkreis auf der Bühne. Ich selbst, als Großknecht angezogen, stellte mich in die Mitte hinter den Vorhang.
Dreimal hörte man den tiefen Gongschlag. Eine spannende Stille herrschte im Saal. Der Vorhang öffnete sich.
Die Zuschauer waren verblüfft, dieses Bild vor sich zu haben. Das hatte es noch nie gegeben!
Ich begann: „Verehrter Meister Stefan Jäger!" Weiter kam ich nicht. Ein Applaus brach los, wie ich ihn selten erlebt hatte, ein Applaus und Jubel, der nicht enden wollte. Dann hielt ich meine Laudatio. Und so kamen die Hatzfelder zur großen Feier für Stefan Jäger.
Ein Applaus brach wieder los, als Gerda Roth, die im Stück die Vroni spielte, das Treppchen hinabstieg und ihm die Blumen überreichte.
Als auch ich kam und ihm die Hand reichte, fragte Stefan Jäger: „Mit wem habe ich die Ehre?" Ich nannte meinen Namen, den er aber nicht verstehen konnte. Der Applaus überdeckte alles.

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Dann begann die Aufführung des Stückes mit Rudolf Chati als Hauptdarsteller. Die Damen hatten Stefan Jäger versprochen, ich nachhause zu begleiten. Diesmal war auch das halbe Ensemble dabei. Auch ich wollte nicht fehlen. Wir gingen langsam, schließlich begleiteten wir einen Greis mit 80 Jahren. Plötzlich blieb Jäger stehen, als wir an einer Straßenlaterne vorbei kamen. Er wandte sich mir zu und sagte: „Wenn ich gewusst hätte, was Sie mit mir vorhaben, wäre ich nicht mitgekommen!"
Aber seine Augen glänzten, das Gesicht lächelte. Ich war überzeugt, die Feier hatte ihm dort Freude bereitet und ihm wohlgetan.
So hatte eine große Feier zu Stefan Jägers 80. Geburtstag dennoch stattgefunden.
Als ich am nächsten Morgen in das Büro von Franz Liebhard trat, lächelte er, drückte stumm meine Hand. Jemand hatte ihm schon alles berichtet.
Diese Feier ist eine meiner schönsten Erinnerungen aus meiner Theaterzeit.

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