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Annäherung an Stefan Jäger

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0881
Autor Name: Dr. Swantje Volkmann
Titel des Artikels : Annäherung an Stefan Jäger
Untertitel des Artikels: Warum sich der Maler den neuen Kunstrichtungen seiner Zeit verschloss
Publikation: Heimatblatt
Titel der Publikation: Heimatblatt Hatzfeld
Erscheinungsort: HOG Hatzfeld
Jahr: 2011
Ausgabe: 18
Seite: 113-120
* [[Dr. Swantje Volkmann]]: [[ART:0881 - Annäherung an Stefan Jäger|<i>Annäherung an Stefan Jäger</i>. Warum sich der Maler den neuen Kunstrichtungen seiner Zeit verschloss]]. Heimatblatt Hatzfeld, HOG Hatzfeld 2011

Warum sich der Maler den neuen Kunstrichtungen seiner Zeit verschloss

Einleitung

Portrait eines Mädchens - WK:0960 (Karton, Bleistift, Kreide auf Karton geklebt)
Portrait einer alten Frau - WK:0961 (Papier, Bleistift , auf Karton geklebt)
Portrait eines Jungen - WK:0939 (Papier: Mischtechnik aus Ölfarbe und Deckfarbe)
Portrait einer Frau - WK:0947 (Papier: Kohle, auf Karton geklebt)
Gespräch auf einer Bank - WK:0520 (Papier: Aquarellfarben, auf Karton geklebt)
Bild auf Sockel - WK:0998 (Papier- Aquarellfarben, auf Karton geklebt)

Ähnlich wie Adam Müller-Guttenbrunn gehört Stefan Jäger zu denjenigen, die von allen Gruppen der Donauschwaben gleichermaßen anerkannt sind und trotz seines eher regional beschränkten Werkes nach wie vor einen unglaublich hohen Verbreitungsradius besitzen. Dazu zählt nicht nur der jährlich von der Landsmannschaft der Banater Schwaben vertriebene Kalender oder die zahlreichen als Buchcover oder Illustration genutzten Vorlagen Jägers, sondern zunehmend in den letzten Jahren eine Verbreitung seines Werkes im Internet. Inzwischen kann dort sogar eine kleine virtuelle Ausstellung besucht werden.[1] Wenige Künstler haben außerdem einen so hohen Grad an Auseinandersetzung wie Jäger erfahren. Immer wieder ist sein so genanntes Einwanderungstriptychon im Gespräch, das zu zahlreichen - mehr oder weniger gelungenen - Analysen hinsichtlich des Einwanderungsmythos und der Identitätsbildung der Gruppe herangezogen wurde. Zweifellos gehört das dreigeteilte Gemälde nicht nur zu den am meisten reproduzierten Werken, sondern auch zu jenen, die - wertfrei formuliert - die Einwanderung thematisieren. Daneben dient der Maler oder dessen Werk in außerordentlich hohem Maße der Darstellung des Selbstverständnisses, vielleicht auch der Identitätsbildung der Gruppe, ganz sicher aber der Dekoration.
Was in all diesen Auseinandersetzungen nicht erfolgt ist, ist die Frage nach dem Maler Jäger. Sowohl seine biografischen Hintergründe als auch eine Werkanalyse bleiben nebulös. Lohnt es nicht, diese Frage zu thematisieren oder versteckt sich der Künstler und die Person hinter einem Werk, das inzwischen nahezu märchenhaft mythisiert wird? Der vorliegende Beitrag wagt den Versuch, sich frei von jeglicher Romantik, allerdings nicht frei von Spekulationen, dem Künstler und Menschen Stefan Jäger zu nähern.[2]

Biografisches

Drei Jahre nach dem ersten Sohn Ferdinand (*1874 Tschene, † 1935 Temeswar) wurde Stefan Jäger am 28. Mai 1877 in Tschene geboren, die Taufe erfolgte laut Pfarrmatrikel von Gertianosch am 31. Mai 1877.[3] Tschene, westlich von Temeswar in der Nähe der serbischen Grenze an der Alten Bega gelegen, war ein von Serben, Rumänen und Bulgaren bewohnter Ort, der erstmalig im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde. Im 18. Jahrhundert wurde das Dorf zunächst von Serben, am Beginn des 19. Jahrhunderts von Deutschen und Kroaten in Folge der Binnenmigration, nach dem Zweiten Weltkrieg von Ungarn und Rumänen besiedelt. Erst 1905 entstand eine römisch-katholische Pfarrei, bis 1785 gehörte der Ort zur Hatzfelder, ab 1785 zur Gertianoscher Pfarrei. 1895 wurde eine Kirche errichtet, die ein Jahr später geweiht wurde. Die Bewohner lebten und leben in erster Linie von der Landwirtschaft. Der Vater von Stefan Jäger, Franz Jäger, wurde 1839 in Nakodorf im heutigen serbischen Banat geboren. Er kam nach Tschene und war hier als Feldscher und Barbier tätig. Die Mutter von Stefan Jäger, der er Zeit ihres Lebens eng verbunden blieb, Magdalena geb. Schuller, wurde 1856 in Billed geboren. Nach dem frühen Tod der Eltern kam sie zu ihrer Tante Barbara Heck (geborene Galló) nach Tschene. Sie starb 1927 in Hatzfeld. Durch die Krankheit und den Tod des Vaters 1901 wurde der Familie die materielle Grundlage entzogen, so dass Jäger - noch in der Ausbildung - ein außerordentlich karges Leben führte. Nach dem Besuch der Volksschule in Tschene kam er mit 12 Jahren an die „Öffentliche private Knaben-Bürgerschule zu Temeswar“ von Franz Wieszner, ab 1893 erfolgte die Ausbildung in der Szegediner Städtischen Knaben-Bürgerschule. 1895 schrieb er sich schließlich an der Modellzeichenschule und Zeichenlehrer-Bildungsanstalt in Budapest ein, in der er 1899 das Studium beendete. Bevor er ab 1902 in Budapest als freier Künstler tätig wurde, führten ihn verschiedene Studienreisen nach Österreich, Deutschland und Italien. Jägers erste erfolgreiche Werke fanden bei dem Budapester Kunsthändler Almásy einen guten Absatz.[4]
Nachdem Jäger zunächst als freischaffender Künstler in Budapest lebte, ließ er sich 1910 in Hatzfeld nieder. Hier sollte er bis zu seinem Tod 1962 leben und arbeiten.
Hatzfeld ist daher auch immer wieder ein bevorzugtes Motiv in seinem Werk. Vor seiner Niederlassung in Hatzfeld entsteht aber jenes Werk, das von den Donauschwaben als sein Hauptwerk bezeichnet wird. Bereits 1906 beauftragte die Gemeinde Gertianosch Jäger, ein Gemälde zum Thema der deutschen Einwanderung anzufertigen.[5] Das daraufhin entstandene Werk wurde 1906 im Kasinoverein in Gertianosch enthüllt. Es wird in der Literatur als das „ursprüngliche" bezeichnet und ist heute verloren. Beanstandet wurde bei diesem Gemälde, dass die Einwanderer in die Tracht der Banater Schwaben gekleidet seien, also in jene Gewänder, die erst nach der Ansiedlung im Banat entstanden. Jäger wurde beauftragt, ein weiteres - und jetzt größeres - Bild zu malen und dazu die Trachten der Ahnen in Deutschland zu studieren. Nach einer Sammelaktion kamen 4.560 Kronen zusammen. Die Summe entsprach dem Wert von viereinhalb Waggon Weizen. Neben allen Vereinen, die sich an der Sammelaktion beteiligten, um Jäger beauftragen zu können, tat sich vor allem Adam Röser, erster Postmeister der Gemeinde, hervor, der sowohl die Verbindung zu Jäger aufrechterhielt, als auch die Sammelaktion tatkräftig unterstützte. Röser behielt das erste, 1906 fertig gestellte Einwanderungsbild.[6] Das neue Bild wurde 1910 vollendet und zu Pfingsten anlässlich der Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung feierlich enthüllt. Der Verbleib des ursprünglichen Bildes ist unbekannt, das 1910 enthüllte Triptychon kam noch während des Ersten Weltkriegs durch Ankauf - im Auftrag des Bürgermeisters Josef Geml - nach Temeswar.[7]
Im Banat wurde Jäger zunächst durch seine zahlreichen Heiligen- und Altarbilder bekannt. Für die Gemeinde Arad[8] malte er u. a. die Altarblätter des Hl. Stefan und für die Gemeinde Jazova den Erzengel Gabriel. Überliefert sind auch mehrere Entwürfe für Deckengemälde, die aufgrund ihrer religiösen Thematik für die Ausstattung von Sakralbauten vorgesehen waren. Ob sie jemals als Fresko in einer Kirche ausgeführt wurden, ist unbekannt. Allerdings wurden ihm gerade derartige Aufträge, z. B. in Hatzfeld, vorenthalten. Die Entwürfe für Deckengemälde - aufgrund der kreisrunden Form könnte es sich auch um Kuppelentwürfe handeln - gehören zu den rätselhaftesten Überlieferungen Jägers.[9]
Nach dem Auftrag in Gertianosch wurde Jäger vor allem im Banat und in der Batschka bekannt. Aufträge für Genrebilder häuften sich und verdrängten die Heiligenbilder und Stillleben zunehmend. Finanziell problematisch wurde es für den Maler, als die Verbindung nach Budapest zu seinem Kunsthändler infolge der Ergebnisse des Ersten Weltkrieges abriss. Dafür häuften sich die Aufträge aus dem jugoslawischen Banat, zu dem Hatzfeld bis 1924 gehörte. Hier wurde ihm 1930 auch die erste Ausstellung gewidmet, während man im rumänischen Banat nur wenig Notiz von ihm nahm. Die meisten Aufträge kamen daher auch aus dem serbischen Teil des Banats, wohin Jäger bis zum Zweiten Weltkrieg auch die meisten Bilder verkaufen konnte.
Zwischen 1914 und 1918 war Jäger Landsturmmann an der Front. Was er während dieser Zeit erlebte, ist weitgehend unbekannt. Zum Thema seines Œuvres wurde dieser Krieg nie, im Unterschied zu seinen Erlebnissen und Erfahrungen während und in Folge des Zweiten Weltkrieges.[10] Sowohl die Flucht als auch die neueren Entwicklungen in seinem Heimatort thematisierte er.
Eine erste Jäger-Ausstellung fand, wie bereits erwähnt, 1930 in Großbetschkerek statt. Sechs Jahre später folgte eine Ausstellung der Werkgemeinschaft schwäbischer Künstler in Hatzfeld, die Werke von Jäger, Franz, Rudolf und Andreas Ferch, Emil Lenhardt und Sebastian Rotschingk zeigte. Bis 1942 hatte Jäger nach eigenen Angaben ein zwar bescheidenes, doch stetes Auskommen. Ab da blieben die Aufträge aus. 1947/48 war er sogar gezwungen, verschiedenste Haushaltsgegenstände zu verkaufen, um zu überleben. Erst ab 1952 kamen wieder mehr Aufträge, vor allem von Schwaben im Westen, die das Heimweh plagte. 1957 - in seinem 80. Lebensjahr - erhielt er vom rumänischen Staat eine Ehrenpension von 800 Lei. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde Jäger außerdem der rumänische Arbeitsorden 2. Klasse verliehen. Am 16. März 1962 starb Stefan Jäger in Hatzfeld.
Wie bereits seine Zeitgenossen, pflegen auch die nachfolgenden Generationen einen eher schwierigen Umgang mit dem Maler. Bei der vermeintlichen Fülle der Retrospektiven - schon fünf Jahre nach seinem Tod gestaltete das Banater Museum Temeswar eine erste Ausstellung - fehlt es an einer werkimmanenten und werkkritischen Analyse des Künstlers. Dennoch häufen sich die Versuche einer Auseinandersetzung. 1969 wird die Stefan-Jäger-Gedenkstätte im Atelier des Malers in Hatzfeld auf Initiative der Lehrer Karl-Hans Gross, Hans Bräuner und Hans Schulz eröffnet. 1972 erscheint die Monographie „Stefan Jäger" von Annemarie Podlipny-Hehn im Kriterien Verlag Bukarest und 1986 wird erstmals eine Ausstellung dem Skizzenwerk Jägers in Bakowa, anlässlich der 200-Jahr-Feier der Ortsgründung, gewidmet.[11] In den 1990er Jahren gab es mehrere Ausstellungen in der Bundesrepublik Deutschland und schließlich erfolgte die Umgestaltung und der Umbau der neuen Gedenk- und Begegnungsstätte „Stefan Jäger" in Hatzfeld. Bauherr war das Bürgermeisteramt Hatzfeld und Hauptsponsor das Ministerium für Soziales, Arbeit und Gesundheit des Freistaates Bayern. Außerdem erschien eine zweibändige Künstlermonografie von Karl-Hans Gross.[12] Im Jahr 2010 fand dann nochmals - in Kooperation zwischen der Heimatortsgemeinschaft Hatzfeld, dem Bürgermeisteramt von Hatzfeld, dem Banater Museum Temeswar und dem Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm - eine Umgestaltung der Gedenkstätte statt mit dem Ziel, die Werke Jägers nach neuesten museologischen Kenntnissen und unter Einbeziehung konservatorischer Vorschriften neu zu präsentieren.

Themenwahl und Technik

Wie bereits zu Beginn seines Künstlerlebens, begleiten Jäger auch die nächsten Jahre die traditionellen Themen in seinem Werk. Klar kategorisiert und im Bildaufbau einfach strukturiert, malt Jäger Szenen aus dem Arbeits- und Alltagsleben, der gebauten und natürlichen Umwelt und dem Festleben des Banats. Vor allem dem letzten Bereich ist ein großer Teil seines Werkes gewidmet. Landwirtschaftliche Tätigkeiten wurden von Jäger in allen Jahreszeiten und in verschiedenen Techniken festgehalten. Viele spontane Skizzen zur Arbeits- und Lebensweise der Bauern entstanden dabei. Aus diesen Skizzen entwickelte er später zahlreiche Öl- und Aquarellbilder und entwarf damit ein buntes Kaleidoskop von Genrebildern mit ethnographischem Einschlag.[13] Von der einfachen Reisigegge bis zur komplizierten Dreschmaschine werden in seinen Werken unzählige landwirtschaftliche Geräte dargestellt und mit den nötigen Erläuterungen versehen, aber auch die Arbeitstracht der Schwaben von Kopf bis Fuß genau festgehalten.
Interessanterweise verzichtete der Künstler bei der Darstellung des Haupterwerbszweiges der Schwaben, der Landwirtschaft, auf die Schwere und Mühe der Arbeit. Stattdessen legte er vor allem Wert auf stimmungsvolle Bilder, die zwar die Tätigkeiten wirklichkeitsnah erfassen, dem in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Realismus und insbesondere der neuen Sachlichkeit (ab ca. 1925) aber eine sehr deutliche Absage erteilen. Der beim Betrachter entstehende Eindruck bei Jägers Bildern ist eine zwar ernsthafte Arbeitsauffassung, die aber in fast religiöser Stimmung mit weicher Linien- und Farbführung ihre Schwere und Mühe verliert. Insbesondere Jägers Technik der verwischten Linien, der unklaren Umrisse und der weichen Pastelltönung stellt sich gegen die gerade in dieser Zeit übliche Überschärfe in der Darstellung von Gegenständen und Figuren.
Und bereits hier zeigt sich, dass Jäger ein Schüler des „fin de siècle" war - wenn auch nur in versteckter Form. In der allgemeinen Diskussion, die durch die Industrialisierung ausgelöst wurde und sich schließlich in der modernen Kunst auf die Antithese der Begriffe Fortschritt und Verfall reduzierte, scheint sich Jäger aber sehr klar auf die Seite der Traditionalisten gestellt zu haben. Dies mag wohl mit den entsprechenden Auftraggebern zu tun haben. Gemalt wird, was gewünscht wird. Daher nehmen im Werk Jägers die Volksfeste und Bräuche der Banater Schwaben einen großen Raum ein. Dabei wurde nicht nur das Zeremoniell des Brauches in allen Einzelheiten mit Pinsel und Bleistift notiert. Die besondere Aufmerksamkeit des Malers galt auch immer der Festtagstracht, die er ebenso originalgetreu darstellte wie die hierzu nötige Vorbereitung. Die Darstellung des Brauchtums beschränkt sich bei Jäger nicht nur auf die Kirchweihbräuche, sondern bezieht nahezu alle Feste im Lauf des Jahres ein. Jäger gehört damit zu den wenigen Banater Künstlern, die sich dieses Genres annahmen.
Ein unermesslicher Fundus für die gegenwärtige ethnologische Forschung sind die zahlreichen Trachtenskizzen Jägers, die in meisterlicher Zeichnung akribisch jedes Detail festhalten und zusätzlich auch noch handschriftliche Erklärungen enthalten. Mit besonderer Rücksicht auf die aufgebauschten Faltenröcke und bunten Schultertücher mit reichen Ziermotiven werden alle Unterschiede zwischen den Trachten der schwäbischen Dörfer von Jäger ausführlich notiert. Berücksichtigung finden in Jägers reichem Skizzenbuch auch die typischen Gewänder für alle Lebensalter. Das Hutputzen, das immer wieder in Jägers Werk auftaucht, spielt nicht nur im Jahresbrauch eine große Rolle, sondern ist gleichzeitig Kennzeichen sozialer Hierarchien in der dörflichen Welt. Auch die Haartracht der Mädchen und Frauen, ihr Kopfputz und ihre Kopfbedeckung, wurden vielfach skizziert. In seinen Mappen finden sich darüber hinaus auch Skizzen mit sächsischen und rumänischen Mädchentrachten. Schon bei diesen Bildern, noch stärker aber bei den Landschaftsbildern, gelingt es der Technik Jägers, sowohl die besondere Stimmung der Jahreszeit als auch die Beschaffenheit der natürlichen Landschaft wiederzugeben.
Ein weiteres Phänomen im Werk und vor allem im genannten Bereich ist der Umgang des Malers mit dem Licht. Nahezu grundsätzlich arbeitet Jäger mit bildexternen Lichtquellen, nur einige wenige Gemälde mit bildimmanentem Licht sind bekannt. Bei Jägers Lichtführung handelt es sich in der Regel um ein diffuses Beleuchten, das keinen Bildteil, keinen Gegenstand besonders oder gesondert hervorhebt, alles bleibt verhalten, unklar, ein wenig verwischt.
Neben den Landschafts- und Brauchtumsbildern stellen die Porträts und Porträtskizzen einen weiteren Bereich in Jägers Arbeit dar.[14] Hier sind Auftragsarbeiten von solchen Arbeiten zu unterscheiden, die in der Bewegung entstanden. Während die erste Form Jägers hohes zeichnerisches Können und seine akademische Ausbildung beweist, stellt der zweite Bereich wieder - organisch verbunden mit Raum- oder Landschaftsinterieurs - einen Beitrag zum Geschichtsspeicher der Banater Schwaben dar. Dieser überraschend große Fundus an Porträts und Skizzen gehört zu den am wenigsten beachteten Werken in seinem Œuvre.

Schlussbemerkung

Jägers Bilder zeigen, dass er traditionelle Themen mit traditionellen Techniken malt. Er bleibt der in Budapest ausgebildete akademische Maler, der sich den neuen Kunstrichtungen und vor allem der neuen Auffassung von Kunst vollkommen verschließt. Gekannt hat er sie sicherlich. Aber bereits seine Themenwahl erlaubt ihm nicht einmal die Auseinandersetzung mit den neuen Stilen seiner Zeit, lebten diese doch gerade von der Abkehr von der Geschichte, von der Verneinung der herkömmlichen Kunstauffassungen. Wie hätte Jäger in diesem Bereich seine Dorfbilder, seine Festtagsbräuche und schließlich seine Banater Welt malen sollen? Sie ganz neu zu lesen und darzustellen, ist ihm offensichtlich nicht in den Sinn gekommen. Wird ein näherer Blick auf diese Welt geworfen, wird klar, dass eine Abwendung ohne den Verlust der traditionellen Grundlagen seiner Werke gar nicht möglich war. Das Banat um 1900 war eine aufblühende Region. Die Anfangsschwierigkeiten waren endgültig überwunden, mit den politischen Gegebenheiten - so schmerzhaft diese auch vor allem im Schatten der Magyarisierung waren - hatte man sich weitestgehend arrangiert und jetzt galt dem Wirtschaftswachstum die größte Aufmerksamkeit. In dieser Zeit kam es zu einer Erstarkung oder vielleicht auch erst zur Entstehung eines eigenen Geschichtsbildes. Die Erinnerung an die Anfänge wird thematisiert und identitätsstiftende Merkmale werden komponiert. Dazu gehört auch, dass Jubiläen zur Gründung der Ortschaften und deren Erst- bzw. Wiederbesiedlung gebührend gefeiert werden. In diesem Umfeld wird klar, wie sich Jägers Kunst definiert und aus welchen Wurzeln sie sich nährt. Jägers eigentliche Themen sind die Retrospektive, nicht die Modernisierung seiner Welt, die durchaus auch stattfand.
Und so bleibt nach einem langen Künstlerleben und einem außerordentlich umfangreichen, bisher weitgehend unerschlossenen Werk die These, dass sich der Maler den neuen Kunstrichtungen seiner Zeit konsequent verschloss. Nicht, weil er nicht in der Lage gewesen wäre, auch diesen zu folgen und sie mit Leben zu füllen, sondern weil seine Verhaftung in seiner Welt und seine - meist freiwillige -Themenwahl traditionelle Techniken zwingend notwendig machten. Sein Verdienst ist dennoch, einen wesentlichen Teil zur - zumindest zeichnerischen - Überlieferung der Banater Schwaben beigetragen zu haben.

Anmerkungen

  1. Siehe unter:Expoziţie virtuală / Virtuelle Ausstellung Stefan Jäger. Realizată pe baza fotografiilor din colecţia dr. Peter Fraunhoffer / Erstellt mit Bildern aus der Sammlung Dr. Peter Fraunhoffer, developed by aufgerufen am 23.01.2011. (Die genaue Anschrift wurde gestrichen!)
  2. Grundlage der Analyse bilden im Wesentlichen die Bestände des Stefan-Jäger-Hauses in Hatzfeld und jene des Donauschwäbischen Zentralmuseums, Ulm.
  3. Hans Schulz; Maria Schulz: Stefan Jäger. Monografie. Timişoara 1999. S. 58 ff.
  4. Peter Pink, Hans Schulz, Maria Schulz: Schriften über Stefan Jäger. Timişoara, o. J., S. 12 ff.
  5. Josef Wolf: „Ehre dem Andenken der deutschen Einwanderer!" Historischer Kontext und Erinnerungsstrategien der feierlichen Enthüllung von Stefan Jägers „Einwanderungsbild" vor hundert Jahren. In: Banater Post, Nr. 13-14, 10. Juli 2010, S. 6/7.
  6. Dieses gilt seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Vgl. Josef Wolf: „Ehre dem Andenken der deutschen Einwanderer!" Historischer Kontext und Erinnerungs-strategien der feierlichen Enthüllung von Stefan Jägers „Einwanderungsbild" vor hundert Jahren. In: Banater Post, Nr. 13-14, 10. Juli 2010, S.
  7. Karl-Hans Gross: Stefan Jäger. Maler seiner heimatlichen Gefilde. Sersheim/ Mannheim 1991. S. 135.
  8. Minoritenkirche
  9. Hans Schulz; Maria Schulz: Stefan Jäger. Gemälde mit religiösem Inhalt. Timişoara 2002. S. 5.
  10. Vgl. Karl-Hans Gross: Stefan Jäger. Maler seiner heimatlichen Gefilde. Sersheim/Mannheim 1991. S. 140 ff.
  11. Annemarie Podlipny-Hehn: Stefan Jäger. Bukarest 1972.
  12. Karl-Hans Gross: Stefan Jäger. Maler seiner heimatlichen Gefilde. Sersheim/ Mannheim 1991. Ders.: Stefan Jäger. Skizzen, Studien und Entwürfe. Sersheim 2004.
  13. Vgl. Maria Schulz, Emanuela Macovei, Sorin Forţiu: Schriften über Stefan Jäger (2). Timişoara 2005. S. 117 ff
  14. Peter Pink; Hans Schulz; Maria Schulz: Schritten über Stefan Jäger. Timişoara o. J., S. 68

Repro: Alle Skizzen aus dem Bestand des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm


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