ART:0108 - Emil Lenhardt: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | [[File:ART_0108_1.jpg|thumb|Emil Lenhardt: Selbstbildnis (Öl auf Leinwand) Reproduktion Walther Konschitzky]] | ||
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+ | [[File:ART_0108_3.jpg|thumb|Emil Lenhardt: Stilleben (Öl auf Leinwand)]] | ||
− | + | Man pflegt [[Emil Lenhardt]] gern neben [[Stefan Jäger]] und [[Franz Ferch]] als dritten „Schwabenmaler“ des Banats zu bezeichnen. Diesen Beinamen verdankt er jenen zahlreichen Bildern, in denen er mit überzeugendem Realismus Aspekte aus dem Leben der deutschen Bevölkerung des Banats darstellt. Doch haben diese drei Banater Maler ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen. Während die Kunst [[Stefan Jäger]]s in der Vergangenheit wurzelt, mit allen Fasern an der Tradition der Heimat festhält, um sie der Nachwelt zu erhalten, während der Jüngere, [[Franz Ferch]], ein gegenwartsverbundener Künstler unserer Tage, aufgeschlossen für ihre Veränderungen und Errungenschaften ist, steht [[Emil Lenhardt|Lenhardt]] etwas abseits und zurückgezogen da, von seinen Landsleuten weniger zur Kenntnis genommen, vielleicht, weil seine Malweise distanziert und nüchtern ist.<br/> | |
− | + | Als bescheidenen, zurückgezogenen, wortkargen Menschen haben ihn seine Künstlerkollegen in Erinnerung. "Er war ein Maler, der sich niemals an die Öffentlichkeit drängte, sondern in aller Stille und schlichter Natürlichkeit sein Lebenswerk schuf, das nicht sehr umfangreich, aber von dauerndem Wert ist", meinte Julius Podlipny. Und sein Lugoscher Landsmann, der bis zu seinem Lebensende in Klausenburg schaffende Maler Aurel Ciupe gestand: "In meinen Jugendjahren lag mir die Kunst [[Emil Lenhardt]]s fern, da ich der Disziplin der Akademie die Spontanität des Impressionismus vorzog. Heute weiß ich die klassische Strenge seiner Kunst zu schätzen und ich bedauere, nicht mehr Werke [[Emil Lenhardt]]s zu besitzen." Eine Wand in Ciupes Wohnzimmer schmücken drei der schönsten Lenhardt-Bilder, die innerhalb der Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag des Malers im Temeswarer Museum einen Ehrenplatz einnahmen.<br/> | |
− | + | [[Emil Lenhardt]] wurde am 28. Juli 1886 als einziger Sohn des Gerichtsschreibers Franz Lenhardt und Josefine, geb. Kerner, in Sinersig, neben Lugosch, geboren und am 3. August im benachbarten [[Darova|Darowa]] auf den Namen Franciscus Emilius Josephus getauft.<br/> | |
− | + | Als fester Wohnsitz der Familie ist aber Teregowa im Kreis Karasch-Severin angegeben, wo ein Bezirksstuhlgericht seinen Sitz hatte und wo der Vater wahrscheinlich als Gerichtsschreiber tätig war. Die Mutter, die von einem Erbleiden befallen war – sie litt an Epilepsie - und sich trotz allem Abraten der Ärzte ein Kind wünschte, suchte wahrscheinlich im Hause ihrer Schwester Adelheid in Sinersig Schutz und Geborgenheit für die Zeit der Entbindung. Denn diese Tante Adelheid, geb. Kerner, und ihr Gatte, Lehrer Franz Jeney aus Sinersig, standen Pate. Das Kind kam mit physischen Gebrechen zur Welt, doch entwickelte es sich zu einem äußerst hellköpfigen und feinfühligen Jungen.<br/> | |
− | + | Die Volksschule besuchte [[Emil Lenhardt]] in Lugosch, wo sein Vater Stadtbeamter war. Lugosch war ein bedeutendes Kulturzentrum mit einem traditionsgebundenen Vereinsleben, besonders der Gesangsverein war im Banat tonangebend.<br/> | |
− | + | Die beiden Maler haben ihre Jugendjahre zusammen in Lugosch verbracht. Aurel Ciupe erinnerte sich noch lebhaft an die Zeit, als beide mit Staffelei und Malkasten an den Ufern der Temesch oder in der Umgebung von Lugosch sich im Freilichtmalen übten. Der um vierzehn Jahre ältere [[Emil Lenhardt]] hatte bereits sein Studium an der Budapester Kunstakademie bei Tivadar Zemplenyi (1864 bis 1917) beendet, seine Wege führten über Wien nach München, wo er drei Jahre lang an der Akademie der Schönen Künste bei Ludwig Herterich (1856 bis 1932) studierte. Dem mittellosen Beamtensohn hatte ein Stipendium der Stadt Lugosch das Kunststudium ermöglicht.<br/> | |
− | Man pflegt Emil Lenhardt gern neben [[Stefan Jäger]] und [[Franz Ferch]] als dritten „Schwabenmaler“ des Banats zu bezeichnen. Diesen Beinamen verdankt er jenen zahlreichen Bildern, in denen er mit überzeugendem Realismus Aspekte aus dem Leben der deutschen Bevölkerung des Banats darstellt. Doch haben diese drei Banater Maler ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen. Während die Kunst [[Stefan Jäger]]s in der Vergangenheit wurzelt, mit allen Fasern an der Tradition der Heimat festhält, um sie der Nachwelt zu erhalten, während der Jüngere, [[Franz Ferch]], ein gegenwartsverbundener Künstler unserer Tage, aufgeschlossen für ihre Veränderungen und Errungenschaften ist, steht Lenhardt etwas abseits und zurückgezogen da, von seinen Landsleuten weniger zur Kenntnis genommen, vielleicht, weil seine Malweise distanziert und nüchtern ist. | + | An die Lugoscher Zeit [[Emil Lenhardt]]s erinnert auch sein Landsmann Desiderius Glück, der bis zu seinem 98. Lebensjahr in der Stadt an der Temesch lebte. Glück war der Freund vieler Banater Künstler, die er auf ihren Streifzügen durch die Landschaft begleitete, wobei er sich selbst im Malen versuchte. Oft hat der Berufstätige seine Künstlerfreunde auch materiell unterstützt und als Dank einige ihrer Arbeiten erhalten.<br/> |
− | + | Auf die Ausstellungstätigkeit [[Emil Lenhardt|Lenhardts]] hin angesprochen, berichtete Glück, daß dieser alljährlich in seinem Atelier, einem großen, langen Raum im Zentrum von Lugosch, seine Werke auszustellen pflegte.<br/> | |
− | Als bescheidenen, zurückgezogenen, wortkargen Menschen haben ihn seine Künstlerkollegen in Erinnerung. "Er war ein Maler, der sich niemals an die Öffentlichkeit drängte, sondern in aller Stille und schlichter Natürlichkeit sein Lebenswerk schuf, das nicht sehr umfangreich, aber von dauerndem Wert ist", meinte Julius Podlipny. Und sein Lugoscher Landsmann, der bis zu seinem Lebensende in Klausenburg schaffende Maler Aurel Ciupe gestand: "In meinen Jugendjahren lag mir die Kunst Emil | + | Zwei erhalten gebliebene Visitenkarten [[Emil Lenhardt]]s an seinen Freund Glück kündigen je eine Ausstellung an: am 7. August 1924 in [[Buziaș|Busiasch]] und am 22. November 1925 in Bokschan. Ein Brief [[Emil Lenhardt|Lenhardts]] aus [[Nădrag|Nadrag]] vom 31. August 1926 berichtet dem Freund über die Arbeit in dieser Gegend, wo er vor allem Landschaften malte. Das Ergebnis dieses Schaffensjahres wird er wohl in der 1927 verzeichneten Ausstellung in Lugosch gezeigt haben. Glück erinnert sich, daß [[Emil Lenhardt|Lenhardt]] in seiner Jugend mehr die Landschaft und das Porträt pflegte: "Er zog durch die Banater Dörfer und malte zumeist für wohlhabende Familien und Intellektuelle, wo er monatelang in Kost und Quartier verweilte und deren Familienmitglieder porträtierte.“<br/> |
− | + | Mit diesem recht spärlichen Einkommen wollte [[Emil Lenhardt|Lenhardt]] eine Familie gründen. Er heiratete 1923 eine bemittelte Lugoscher jüdische Bürgerstochter, Anna Hammermann, die aber von ihren Eltern wegen dieser Heirat enterbt wurde. Da mußte sich [[Emil Lenhardt]] nach einem „solideren“ Beruf umsehen. Er wollte Restaurator werden und entschloß sich in den 30er Jahren nach München zu ziehen, um in sechs Monaten zusammen mit seinem Freund Glück das Handwerk der Wiederherstellung von Kunstwerken zu erlernen.<br/> | |
− | Emil Lenhardt wurde am 28. Juli 1886 als einziger Sohn des Gerichtsschreibers Franz Lenhardt und Josefine, geb. Kerner, in Sinersig, neben Lugosch, geboren und am 3. August im benachbarten [[Darova|Darowa]] auf den Namen Franciscus Emilius Josephus getauft. | + | Als im Dezember 1929 in Temeswar das „Deutsche Künstlerhaus" eröffnet worden war, wo die Maler [[Franz Ferch|Franz]] und [[Rudolf Ferch]], der Grafiker [[Andreas Ferch]] und der Bildhauer [[Sebastian Rotsching|Sebastian Rothschingk]] großzügig aufgenommen wurden, blieb [[Emil Lenhardt]] aus dieser Runde ausgeschlossen.<br/> |
− | + | Im Jahre 1931 übersiedelte [[Emil Lenhardt]] in der Hoffnung auf eine Anstellung nach [[Timișoara|Temeswar]], wo er für kurze Zeit im Deutschen Künstlerhaus wohnte, im ehemaligen Atelier von [[Franz Ferch]]. Doch auch er konnte die Miete nicht bezahlen und überließ das Atelier dem Bildhauer Andreas Gaal. Die Familie [[Emil Lenhardt|Lenhardt]] lebte in dürftigen Verhältnissen, in einer kleinen Wohnung in der Elisabethstädter Memorandului-Gasse Nr. 104, bestehend aus einem Zimmer und Küche, wo er auch malte. Das einzige Einkommen war das Gehalt seiner Frau, die als Fabriksarbeiterin die Familie über Wasser hielt. Die lang ersehnte Anstellung fand [[Emil Lenhardt]] im Jahre 1949. Bis 1953 wirkte er am [[Banater Museum]] als Restaurator der Kunstabteilung. Aus dieser Zeit sind auch die ersten Ankäufe seiner Bilder durch das Museum zu verzeichnen. Es sind Porträts, Stilleben und Landschaften.<br/> | |
− | Als fester Wohnsitz der Familie ist aber Teregowa im Kreis Karasch-Severin angegeben, wo ein Bezirksstuhlgericht seinen Sitz hatte und wo der Vater wahrscheinlich als Gerichtsschreiber tätig war. Die Mutter, die von einem Erbleiden befallen war – sie litt an Epilepsie - und sich trotz allem Abraten der Ärzte ein Kind wünschte, suchte wahrscheinlich im Hause ihrer Schwester Adelheid in Sinersig Schutz und Geborgenheit für die Zeit der Entbindung. Denn diese Tante Adelheid, geb. Kerner, und ihr Gatte, Lehrer Franz Jeney aus Sinersig, standen Pate. Das Kind kam mit physischen Gebrechen zur Welt, doch entwickelte es sich zu einem äußerst hellköpfigen und feinfühligen Jungen. | + | [[Emil Lenhardt]] starb am 22. November 1956 an den Folgen einer Verletzung, die ihm sein Sohn in einem Wahnsinnsanfall zugefügt hatte und die sich vom langen liegen zu einer Lungenentzündung verschlimmerte.<br/> |
− | + | Seine Porträts in ihrer meisterhaften Zeichnung, erhabenen Farbgebung und der psychologischen Durchdringung des Dargestellten zeugen von hoher Malkultur. Obwohl seine Vorbilder die Porträts-Virtuosen László Fülöp (1869 bis 1937) und Franz Lenbach (1836 bis 1904) waren, sind die Bildnisse [[Emil Lenhardt]]s frei von jedem Pathos, Heroismus und manieristischem Einschlag. Nicht die Auffassung dieser Maler war es, die ihn fesselte, sondern ihre virtuose Ausführung. Die Manier der Moderne konnte [[Emil Lenhardt]] in seinem Verlangen nach echtem, wahren Leben nicht verlocken, waren es doch immer wieder seine Banater Landsleute, die er porträtierte.<br/> | |
− | Die Volksschule besuchte Emil Lenhardt in Lugosch, wo sein Vater Stadtbeamter war. Lugosch war ein bedeutendes Kulturzentrum mit einem traditionsgebundenen Vereinsleben, besonders der Gesangsverein war im Banat tonangebend. | + | Glanzstücke des Genres sind wohl seine zahlreichen Selbstbildnisse. In seinen Eigendarstellungen übt [[Emil Lenhardt]] schonungslose Selbstanalyse. Da er glatzköpfig war, stellte er sich vorwiegend mit rotem Fez oder weißem Turban dar, was er auch auf andere Porträts übertrug. Das Bildnis seines Freundes, Desiderius Glück, mit rotem Turban stellt ein Meisterwerk seiner Porträtkunst dar.<br/> |
− | + | [[Emil Lenhardt]]s Porträts zeugen von der Gewandtheit, mit der er in wenigen skizzenhaften Zügen die Hauptlinien eines Kopfes auf die Leinwand zu bannen vermochte. Sein künstlerischer Blick war dabei stets auf das Wesentliche der Person gerichtet. Klare und festumrissene Formen, ungebrochene Konturen und eine Flächengestaltung mittels eindeutiger Lokalfarben kennzeichnen diese Porträts.<br/> | |
− | Die beiden Maler haben ihre Jugendjahre zusammen in Lugosch verbracht. Aurel Ciupe erinnerte sich noch lebhaft an die Zeit, als beide mit Staffelei und Malkasten an den Ufern der Temesch oder in der Umgebung von Lugosch sich im Freilichtmalen übten. Der um vierzehn Jahre ältere Emil Lenhardt hatte bereits sein Studium an der Budapester Kunstakademie bei Tivadar Zemplenyi (1864 bis 1917) beendet, seine Wege führten über Wien nach München, wo er drei Jahre lang an der Akademie der Schönen Künste bei Ludwig Herterich (1856 bis 1932) studierte. Dem mittellosen Beamtensohn hatte ein Stipendium der Stadt Lugosch das Kunststudium ermöglicht. | + | Das Dorf mit den Bauernhäusern, Lugosch und seine Umgebung Umgebung, Alt-Temeswar mit seinen Randvierteln, sind beliebte Motive seiner Landschaftsmalerei. Er pflegt eine Freilichtmalerei, in der zwar Licht und Atmosphäre vordergründig erscheinen, die aber von strenger Komposition gekennzeichnet wird. [[Emil Lenhardt]] bleibt nicht im rein Landschaftlichen, im vorwiegend Idyllischen und Ätherischen stecken, sondern wendet sich dem Bereich menschlichen Seins zu, er rückt die Menschen in den Mittelpunkt seiner Betrachtung.<br/> |
− | + | Seine Stilleben sind wahre Kabinettstücke in der Art der alten holländischen Kleinmeister. Es sind vorwiegend kleine Bilder, für die Stuben seiner Banater Landsleute gedacht. [[Emil Lenhardt]] entnahm seine Motive der engsten Umgebung, sie zeigen seine Sorgfalt für das Unscheinbare seiner Umwelt. Ein Wasserglas, ein Leinentuch, Zwiebeln, Kartoffeln, Gemüse oder Küchengeräte fügen sich zu einem sachlich realistischen Bilde. Prunkvolle kleine Porzellantassen und Kännchen sowie Silberlöffel und Seidentücher ergeben ein prächtiges Arrangement, in dem die Kostbarkeit des Materials so wunderbar gestaltet ist. Die Meisterschaft der Komposition, deren Aufbau stets das Gleichgewicht wahrt, und die Harmonie der Farben, die gleichwertig neben der Form stehen, sind Kennzeichen seiner kultivierten Malerei.<br/> | |
− | An die Lugoscher Zeit Emil | + | [[Emil Lenhardt]] hat sich niemals in den großen figuralen Kompositionen oder historischen Themen versucht, er vermochte aber, so Sarkany, den kleinen Realitäten des Lebens „bedeutsame Wirkungen“ abzugewinnen.<br/> |
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− | Auf die Ausstellungstätigkeit Lenhardts hin angesprochen, berichtete Glück, daß dieser alljährlich in seinem Atelier, einem großen, langen Raum im Zentrum von Lugosch, seine Werke auszustellen pflegte. | + | ==PDF-Datei des Artikels== |
− | + | * {{pdf|ART_0108.pdf|Banater Post (05.05.1994/Jg.39/Nr. 9)}} | |
− | Zwei erhalten gebliebene Visitenkarten Emil | ||
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− | Mit diesem recht spärlichen Einkommen wollte Lenhardt eine Familie gründen. Er heiratete 1923 eine bemittelte Lugoscher jüdische Bürgerstochter, Anna Hammermann, die aber von ihren Eltern wegen dieser Heirat enterbt wurde. Da mußte sich Emil Lenhardt nach einem „solideren“ Beruf umsehen. Er wollte Restaurator werden und entschloß sich in den 30er Jahren nach München zu ziehen, um in sechs Monaten zusammen mit seinem Freund Glück das Handwerk der Wiederherstellung von Kunstwerken zu erlernen. | ||
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− | Im Jahre 1931 übersiedelte Emil Lenhardt in der Hoffnung auf eine Anstellung nach Temeswar, wo er für kurze Zeit im | ||
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− | Seine Porträts in ihrer meisterhaften Zeichnung, erhabenen Farbgebung und der psychologischen Durchdringung des Dargestellten zeugen von hoher Malkultur. Obwohl seine Vorbilder die Porträts-Virtuosen László Fülöp (1869 bis 1937) und Franz Lenbach (1836 bis 1904) waren, sind die Bildnisse Emil | ||
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− | Glanzstücke des Genres sind wohl seine zahlreichen Selbstbildnisse. In seinen Eigendarstellungen übt Lenhardt schonungslose Selbstanalyse. Da er glatzköpfig war, stellte er sich vorwiegend mit rotem Fez oder weißem Turban dar, was er auch auf andere Porträts übertrug. Das Bildnis seines Freundes, Desiderius Glück, mit rotem Turban stellt ein Meisterwerk seiner Porträtkunst dar. | ||
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− | Das Dorf mit den Bauernhäusern, Lugosch und seine Umgebung Umgebung, Alt-Temeswar mit seinen Randvierteln, sind beliebte Motive seiner Landschaftsmalerei. Er pflegt eine Freilichtmalerei, in der zwar Licht und Atmosphäre vordergründig erscheinen, die aber von strenger Komposition gekennzeichnet wird. Emil Lenhardt bleibt nicht im rein Landschaftlichen, im vorwiegend Idyllischen und Ätherischen stecken, sondern wendet sich dem Bereich menschlichen Seins zu, er rückt die Menschen in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. | ||
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− | Seine Stilleben sind wahre Kabinettstücke in der Art der alten holländischen Kleinmeister. Es sind vorwiegend kleine Bilder, für die Stuben seiner Banater Landsleute gedacht. Lenhardt entnahm seine Motive der engsten Umgebung, sie zeigen seine Sorgfalt für das Unscheinbare seiner Umwelt. Ein Wasserglas, ein Leinentuch, Zwiebeln, Kartoffeln, Gemüse oder Küchengeräte fügen sich zu einem sachlich realistischen Bilde. Prunkvolle kleine Porzellantassen und Kännchen sowie Silberlöffel und Seidentücher ergeben ein prächtiges Arrangement, in dem die Kostbarkeit des Materials so wunderbar gestaltet ist. Die Meisterschaft der Komposition, deren Aufbau stets das Gleichgewicht wahrt, und die Harmonie der Farben, die gleichwertig neben der Form stehen, sind Kennzeichen seiner kultivierten Malerei. | ||
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− | Emil Lenhardt hat sich niemals in den großen figuralen Kompositionen oder historischen Themen versucht, er vermochte aber, so Sarkany, den kleinen Realitäten des Lebens „bedeutsame Wirkungen“ abzugewinnen. | ||
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Aktuelle Version vom 2. Oktober 2016, 13:28 Uhr
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | 0108 |
Autor Name: | Annemarie Podlipny-Hehn |
Titel des Artikels : | Emil Lenhardt |
Untertitel des Artikels: | Ein Meister der Komposition und der Harmonie der Farben |
Publikation: | Zeitung |
Titel der Publikation: | Banater Post |
Erscheinungsort: | München |
Jahr: | 1994 |
Jahrgang: | 39 |
Nummer: | 9 |
Datum: | 05.05.1994 |
Seite: | 4 |
* [[Annemarie Podlipny-Hehn]]: [[ART:0108 - Emil Lenhardt|<i>Emil Lenhardt</i>. Ein Meister der Komposition und der Harmonie der Farben]]. Banater Post, München 1994 05.05.1994 (Jg.39 Nr.9), S. 4 |
Ein Meister der Komposition und der Harmonie der Farben
Emil Lenhardt, ein Banater Maler, dessen Werk in Vergessenheit geraten war
Man pflegt Emil Lenhardt gern neben Stefan Jäger und Franz Ferch als dritten „Schwabenmaler“ des Banats zu bezeichnen. Diesen Beinamen verdankt er jenen zahlreichen Bildern, in denen er mit überzeugendem Realismus Aspekte aus dem Leben der deutschen Bevölkerung des Banats darstellt. Doch haben diese drei Banater Maler ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen. Während die Kunst Stefan Jägers in der Vergangenheit wurzelt, mit allen Fasern an der Tradition der Heimat festhält, um sie der Nachwelt zu erhalten, während der Jüngere, Franz Ferch, ein gegenwartsverbundener Künstler unserer Tage, aufgeschlossen für ihre Veränderungen und Errungenschaften ist, steht Lenhardt etwas abseits und zurückgezogen da, von seinen Landsleuten weniger zur Kenntnis genommen, vielleicht, weil seine Malweise distanziert und nüchtern ist.
Als bescheidenen, zurückgezogenen, wortkargen Menschen haben ihn seine Künstlerkollegen in Erinnerung. "Er war ein Maler, der sich niemals an die Öffentlichkeit drängte, sondern in aller Stille und schlichter Natürlichkeit sein Lebenswerk schuf, das nicht sehr umfangreich, aber von dauerndem Wert ist", meinte Julius Podlipny. Und sein Lugoscher Landsmann, der bis zu seinem Lebensende in Klausenburg schaffende Maler Aurel Ciupe gestand: "In meinen Jugendjahren lag mir die Kunst Emil Lenhardts fern, da ich der Disziplin der Akademie die Spontanität des Impressionismus vorzog. Heute weiß ich die klassische Strenge seiner Kunst zu schätzen und ich bedauere, nicht mehr Werke Emil Lenhardts zu besitzen." Eine Wand in Ciupes Wohnzimmer schmücken drei der schönsten Lenhardt-Bilder, die innerhalb der Gedenkausstellung zum 100. Geburtstag des Malers im Temeswarer Museum einen Ehrenplatz einnahmen.
Emil Lenhardt wurde am 28. Juli 1886 als einziger Sohn des Gerichtsschreibers Franz Lenhardt und Josefine, geb. Kerner, in Sinersig, neben Lugosch, geboren und am 3. August im benachbarten Darowa auf den Namen Franciscus Emilius Josephus getauft.
Als fester Wohnsitz der Familie ist aber Teregowa im Kreis Karasch-Severin angegeben, wo ein Bezirksstuhlgericht seinen Sitz hatte und wo der Vater wahrscheinlich als Gerichtsschreiber tätig war. Die Mutter, die von einem Erbleiden befallen war – sie litt an Epilepsie - und sich trotz allem Abraten der Ärzte ein Kind wünschte, suchte wahrscheinlich im Hause ihrer Schwester Adelheid in Sinersig Schutz und Geborgenheit für die Zeit der Entbindung. Denn diese Tante Adelheid, geb. Kerner, und ihr Gatte, Lehrer Franz Jeney aus Sinersig, standen Pate. Das Kind kam mit physischen Gebrechen zur Welt, doch entwickelte es sich zu einem äußerst hellköpfigen und feinfühligen Jungen.
Die Volksschule besuchte Emil Lenhardt in Lugosch, wo sein Vater Stadtbeamter war. Lugosch war ein bedeutendes Kulturzentrum mit einem traditionsgebundenen Vereinsleben, besonders der Gesangsverein war im Banat tonangebend.
Die beiden Maler haben ihre Jugendjahre zusammen in Lugosch verbracht. Aurel Ciupe erinnerte sich noch lebhaft an die Zeit, als beide mit Staffelei und Malkasten an den Ufern der Temesch oder in der Umgebung von Lugosch sich im Freilichtmalen übten. Der um vierzehn Jahre ältere Emil Lenhardt hatte bereits sein Studium an der Budapester Kunstakademie bei Tivadar Zemplenyi (1864 bis 1917) beendet, seine Wege führten über Wien nach München, wo er drei Jahre lang an der Akademie der Schönen Künste bei Ludwig Herterich (1856 bis 1932) studierte. Dem mittellosen Beamtensohn hatte ein Stipendium der Stadt Lugosch das Kunststudium ermöglicht.
An die Lugoscher Zeit Emil Lenhardts erinnert auch sein Landsmann Desiderius Glück, der bis zu seinem 98. Lebensjahr in der Stadt an der Temesch lebte. Glück war der Freund vieler Banater Künstler, die er auf ihren Streifzügen durch die Landschaft begleitete, wobei er sich selbst im Malen versuchte. Oft hat der Berufstätige seine Künstlerfreunde auch materiell unterstützt und als Dank einige ihrer Arbeiten erhalten.
Auf die Ausstellungstätigkeit Lenhardts hin angesprochen, berichtete Glück, daß dieser alljährlich in seinem Atelier, einem großen, langen Raum im Zentrum von Lugosch, seine Werke auszustellen pflegte.
Zwei erhalten gebliebene Visitenkarten Emil Lenhardts an seinen Freund Glück kündigen je eine Ausstellung an: am 7. August 1924 in Busiasch und am 22. November 1925 in Bokschan. Ein Brief Lenhardts aus Nadrag vom 31. August 1926 berichtet dem Freund über die Arbeit in dieser Gegend, wo er vor allem Landschaften malte. Das Ergebnis dieses Schaffensjahres wird er wohl in der 1927 verzeichneten Ausstellung in Lugosch gezeigt haben. Glück erinnert sich, daß Lenhardt in seiner Jugend mehr die Landschaft und das Porträt pflegte: "Er zog durch die Banater Dörfer und malte zumeist für wohlhabende Familien und Intellektuelle, wo er monatelang in Kost und Quartier verweilte und deren Familienmitglieder porträtierte.“
Mit diesem recht spärlichen Einkommen wollte Lenhardt eine Familie gründen. Er heiratete 1923 eine bemittelte Lugoscher jüdische Bürgerstochter, Anna Hammermann, die aber von ihren Eltern wegen dieser Heirat enterbt wurde. Da mußte sich Emil Lenhardt nach einem „solideren“ Beruf umsehen. Er wollte Restaurator werden und entschloß sich in den 30er Jahren nach München zu ziehen, um in sechs Monaten zusammen mit seinem Freund Glück das Handwerk der Wiederherstellung von Kunstwerken zu erlernen.
Als im Dezember 1929 in Temeswar das „Deutsche Künstlerhaus" eröffnet worden war, wo die Maler Franz und Rudolf Ferch, der Grafiker Andreas Ferch und der Bildhauer Sebastian Rothschingk großzügig aufgenommen wurden, blieb Emil Lenhardt aus dieser Runde ausgeschlossen.
Im Jahre 1931 übersiedelte Emil Lenhardt in der Hoffnung auf eine Anstellung nach Temeswar, wo er für kurze Zeit im Deutschen Künstlerhaus wohnte, im ehemaligen Atelier von Franz Ferch. Doch auch er konnte die Miete nicht bezahlen und überließ das Atelier dem Bildhauer Andreas Gaal. Die Familie Lenhardt lebte in dürftigen Verhältnissen, in einer kleinen Wohnung in der Elisabethstädter Memorandului-Gasse Nr. 104, bestehend aus einem Zimmer und Küche, wo er auch malte. Das einzige Einkommen war das Gehalt seiner Frau, die als Fabriksarbeiterin die Familie über Wasser hielt. Die lang ersehnte Anstellung fand Emil Lenhardt im Jahre 1949. Bis 1953 wirkte er am Banater Museum als Restaurator der Kunstabteilung. Aus dieser Zeit sind auch die ersten Ankäufe seiner Bilder durch das Museum zu verzeichnen. Es sind Porträts, Stilleben und Landschaften.
Emil Lenhardt starb am 22. November 1956 an den Folgen einer Verletzung, die ihm sein Sohn in einem Wahnsinnsanfall zugefügt hatte und die sich vom langen liegen zu einer Lungenentzündung verschlimmerte.
Seine Porträts in ihrer meisterhaften Zeichnung, erhabenen Farbgebung und der psychologischen Durchdringung des Dargestellten zeugen von hoher Malkultur. Obwohl seine Vorbilder die Porträts-Virtuosen László Fülöp (1869 bis 1937) und Franz Lenbach (1836 bis 1904) waren, sind die Bildnisse Emil Lenhardts frei von jedem Pathos, Heroismus und manieristischem Einschlag. Nicht die Auffassung dieser Maler war es, die ihn fesselte, sondern ihre virtuose Ausführung. Die Manier der Moderne konnte Emil Lenhardt in seinem Verlangen nach echtem, wahren Leben nicht verlocken, waren es doch immer wieder seine Banater Landsleute, die er porträtierte.
Glanzstücke des Genres sind wohl seine zahlreichen Selbstbildnisse. In seinen Eigendarstellungen übt Emil Lenhardt schonungslose Selbstanalyse. Da er glatzköpfig war, stellte er sich vorwiegend mit rotem Fez oder weißem Turban dar, was er auch auf andere Porträts übertrug. Das Bildnis seines Freundes, Desiderius Glück, mit rotem Turban stellt ein Meisterwerk seiner Porträtkunst dar.
Emil Lenhardts Porträts zeugen von der Gewandtheit, mit der er in wenigen skizzenhaften Zügen die Hauptlinien eines Kopfes auf die Leinwand zu bannen vermochte. Sein künstlerischer Blick war dabei stets auf das Wesentliche der Person gerichtet. Klare und festumrissene Formen, ungebrochene Konturen und eine Flächengestaltung mittels eindeutiger Lokalfarben kennzeichnen diese Porträts.
Das Dorf mit den Bauernhäusern, Lugosch und seine Umgebung Umgebung, Alt-Temeswar mit seinen Randvierteln, sind beliebte Motive seiner Landschaftsmalerei. Er pflegt eine Freilichtmalerei, in der zwar Licht und Atmosphäre vordergründig erscheinen, die aber von strenger Komposition gekennzeichnet wird. Emil Lenhardt bleibt nicht im rein Landschaftlichen, im vorwiegend Idyllischen und Ätherischen stecken, sondern wendet sich dem Bereich menschlichen Seins zu, er rückt die Menschen in den Mittelpunkt seiner Betrachtung.
Seine Stilleben sind wahre Kabinettstücke in der Art der alten holländischen Kleinmeister. Es sind vorwiegend kleine Bilder, für die Stuben seiner Banater Landsleute gedacht. Emil Lenhardt entnahm seine Motive der engsten Umgebung, sie zeigen seine Sorgfalt für das Unscheinbare seiner Umwelt. Ein Wasserglas, ein Leinentuch, Zwiebeln, Kartoffeln, Gemüse oder Küchengeräte fügen sich zu einem sachlich realistischen Bilde. Prunkvolle kleine Porzellantassen und Kännchen sowie Silberlöffel und Seidentücher ergeben ein prächtiges Arrangement, in dem die Kostbarkeit des Materials so wunderbar gestaltet ist. Die Meisterschaft der Komposition, deren Aufbau stets das Gleichgewicht wahrt, und die Harmonie der Farben, die gleichwertig neben der Form stehen, sind Kennzeichen seiner kultivierten Malerei.
Emil Lenhardt hat sich niemals in den großen figuralen Kompositionen oder historischen Themen versucht, er vermochte aber, so Sarkany, den kleinen Realitäten des Lebens „bedeutsame Wirkungen“ abzugewinnen.