Kategorie:Haartracht: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 22. Februar 2017, 10:18 Uhr
Beschreibung
von Karl-Hans Gross
Eine besondere Beachtung findet die Haartracht der Mädchen, wenngleich auch die kunstvolle Gestaltung des Haaraufbaus nur eine skizzenhafte Wiedergabe in den aquarellierten Trachtendarstellungen gefunden hat. Nichtsdestoweniger erkennen wir aber in allen Guttenbrunner Trachtenskizzen (wie auch in jenen anderer schwäbischer Dörfer im Banat und des "unteren" Donauraumes), dass die Haare immer verflochten und zu unterschiedlichen, kunstvollen Zopfaufbauten geformt und gebunden sind. So gesehen ist der Festtags- oder Sonntagszopf aus mehreren (3, 5) Haarsträhnen oder -büscheln (die man in Warjasch "Troode", in Tschanad "Treese" nennt) zu einem recht flachen und breiten Aufsteckzopf verflochten WK:0183, oder sind es auch zwei oder vier geflochtene Zöpfe, die oben auf dem Scheitelpunkt des Kopfes zu einem konchartigen (konty ung. = Zopf), runden, gewundenen Knoten ("Kentsch" – in Lippa, "Kringelzopf" – in anderen Dörfern) aufgesteckt sind. Bis zu sechs und acht Zöpfchen formen geschickte Frauenhände gelegentlich auch zu einem Nest, dessen Seitenwand mit Haarspangen und -nadeln aufgebaut wird. Dazu schreibt Erich Lammert in "Die Tracht in der Sprache", dass sich in Guttenbrunn "die Zeppaen" (Zöpferin) darum bemühte, "die Rosenform der Frisur zu flechten". In Sanktanna wird sie als "Krappenescht" (auch "Krähe-nescht") und anderswo als "Kurwifrisur" (Körbchen) oder "Backsimbifrisur" bezeichnet, weil dieses Flechtwerk mit den übereinander gelegten Zopfringen einem Backkörbchen gleicht. Wie eine gesteifte, deckelfreie, runde Stellhaube nimmt sich diese schmucke Zopftracht der Mädchen auf manchen Skizzen aus (s. "Blumentaler Festtagstracht").WK:0977
Wollten wir bei dieser Gelegenheit auf weitere Formen und Möglichkeiten der Haartracht verweisen, so ließe sich immer wieder feststellen, dass bei allen diesen Gegebenheiten der Zopf (die Zöpfe) als Grundelement dieses kunstgerechten und natürlichen Kopfputzes zur Geltung kommt. Er war stets vorhanden, solange das Trachtengewand seine funktionelle Bedeutung beibehielt. Selbst in ihrer einfachsten Form war die Kopftracht der großen Mädchen auf dieses Flechtwerk der Haare angewiesen, das im Alltag auch aus zwei hängenden langen, kräftigen Zöpfen (aber auch aus einem Zopf) bestand. Wie sehr nun aber gerade in diesem zierenden und schmückenden Beiwerk der Einfallsreichtum und der Sinn für das Schöne nebst der Handfertigkeit der schwäbischen Frauen zum Ausdruck kommt, zeigen uns die sehr verschieden "ausgeformten" Haartrachten, die man zu den Festlichkeiten, aber auch im Alltag auf dem Dorfe zu sehen bekam. Und immer wieder ist es der Zopf (die Zöpfe), den man zu einfachen oder recht komplizierten Flechtaufbauten auf dem Haupt der Mädchen kunstvoll formt. Dazu gehören, ebenso wie die bereits erwähnten Haartrachten, verschiedene Haarformen, die oftmals für manche Dörfer ganz typisch sind und zwar: die zu einem einfachen Haarkranz um das Haupt gelegten beiden Zöpfe, die Gretchenfrisur; die über dem Ohr spiralig zu einem runden Aufbau gewickelten und daselbst festgemachten Zöpfe ("Eselsohren"); der am Scheitel oder über der Stirn eingeschlagene und mit dem Steckkamm aufgesteckte Zopf; das "Sturkanest" (Schag), ein aus zwei Zöpfen geformter, in der Mitte eingedellter Haarknoten; die aus zwanzig bis dreißig "Truden" (Haarsträhne) geflochtenen "Schragelzepp" des "Backschragels"u. a.
Zwei von Stefan Jäger verfasste Skizzen beziehen sich in ihrer inhaltlichen, d. h. in der malerischen und anbei notierten schriftlichen Angabe und Aussage nicht nur auf die "Trachten in den Heidedörfern"WK:1006 und die "Tracht in den Heckengemeinden"WK:1005 allein, sondern gleichermaßen auch auf die von den Mädchen in diesen Dörfern getragene Zopftracht. Allgemein betrachtet lassen sich bei den in den beiden Skizzen (Aquarellskizze und Tuschfederskizze mit Bleistiftvorzeichnung, laviert) kaum wesentliche Unterschiede bemerken und dennoch gibt es Details, die dererlei Komparationen ermöglichen. So werden z. B. einerseits die sich auf der Brust glättenden, breiten Seitenteile des seidenen Schultertuches unter dem Hals mit einer Brosche zusammengehalten, während andererseits sich die beiden leichtgefalteten, bauschigen seitlichen Zipfelteile mitten auf der Brust noch überkreuzen, ehe sie an den beiden Hüften vorbei nach hinten zum Rückenkreuz gleiten, wo sie verknotet sind. Weit auffälliger sind die Vergleiche betreffs der von Jäger skizzierten Haartracht. Wie schon bekannt ist auch diesmal der Zopf, wie überall, Ausgangspunkt dieser schmückenden Beigabe am Kopf. Zöpfe sind auf dem Haupt des Heckenmädchens zu einem Haarnest aufgebaut, während das Heidemädchen einen im Genick "angeflochtenen" und in der Scheitelmitte mit dem Steckkamm aufgesteckten Zopf zur Schau trägt. Was uns aber an einer anbeigestellten Haartrachtskizze besonders auffällt, bezieht sich auf die am Vorderhaupt geformten und über der Stirne von einer Schläfe zur anderen girlandenartig verlaufenden, wie die Rundzacken eines geschlungenen Saumes aussehenden, gleichmäßig "gelegten" Haarsträhne, die man in manchen Heidedörfern schlechthin "Koksle"WK:1006 nennt. "Johannisfeld, Koksle" steht zu dieser Skizze von St. Jäger mit dem Bleistift aufs Papier notiert. "Koksle" wurden von den Johannisfelder Mädchen noch in den 70er Jahren bei den in Hatzfeld veranstalteten großen Trachtenfesten der Heidedörfer (vum Hartzfelder Heede-Eck) zur Schau getragen. "'Um Koksle zu kämmen, müssen die Haare vor allem lang sein. Vorher dürfen sie nicht gewaschen werden, damit sie besser halten", schrieb mir vor vielen Jahren eine Johannisfelder Kokslekämmerin auf meine Anfrage hin. Schon eine Woche vorher werden die ganzen Haare straff nach hinten gekämmt und solcherart mit einem Tuch zurückgebunden, damit sie beim Anlegen der Haartracht "besser stehen bleiben". Das Legen der Koksle beginnt mit dem "Scheitelziehen", wonach man die Haare mit einem kleinen Kamm schön langsam in Strähnen rafft und jede Flechte für sich formt und in die Reihe einordnet. Vordem werden aber die abgeteilten Vorderhaare mit Wasser angefeuchtet und mit Seife haftbar gemacht. Nun lässt man die "Koksle" trocknen. Die anderen vorher abgescheitelten und verbliebenen Haare werden sodann nochmals nach hinten gekämmt und am Hinterhaupt zu einem Zopf verflochten. Ein schwarzes Samthaarband wird noch um den Kopf gebunden, wobei der Zopf daselbst auf dem Scheitelhaupt befestigt wird.
Beschreibung
- Karl-Hans Gross:Skizzen, Studien und Entwürfe. Hrsg. Heimatortsgemeinschaft (HOG) Hatzfeld, Spaichingen im Oswald Hartmann Verlag, Sershaim, 2004, S.281ff.
Auf 62 Gemälden, Studien und Skizzen ist die Haartracht besonders der Mädchen dargestellt.
Gemälde
Studien
Skizzen
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