Die "Schaddater Wendmill"
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | |
Autor Name: | Karl-Hans Gross |
Titel des Artikels : | Die "Schaddater Wendmill" |
Untertitel des Artikels: | Kleine Heimatkunde |
Publikation: | Zeitung |
Titel der Publikation: | Neuer Wag |
Erscheinungsort: | Bukarest |
Nummer: | 8549 |
Datum: | 09.11.1976 |
Seite: | 4 |
* [[Karl-Hans Gross]]: [[Die Schaddater Wendmill|<i>Die "Schaddater Wendmill"</i>. Kleine Heimatkunde]]. Neuer Wag, Bukarest 09.11.1976 |
Kleine Heimatkunde
Es war mir immer ein freudiges und beeindruckendes Erlebnis, wenn ich als kleiner Bub an der alten Mühle von Lenauheim vorbeikam. Das ist schon lange her.
Wie ein riesiger achtkantiger Stumpfkegel reckte sich der mächtige Mühenkörper empor. Der dicke, bauchige Untersatz bot eine sichere Stütze für den sich leicht verjüngenden oberen Bauteil aus Brennziegeln. An den trapezartigen, hochgezogenen Seitenflächen waren abwechselnd je vier übereinandergestellte kleine Fensternischen und je ein Türengewölbe angebracht, das annähernd vier Meter über dem ebenerdigen Boden lag. Demzufolge entfielen auf jedes Stockwerk vier Fensterluken, die nach allen Himmelsrichtungen Auschau boten, während die gut mannshohen Türen direkt zum Mühlenwerk führten. So stand die alte Windmühle schon seit eh und je da. Stolz schaute sie vom oberen Ende des Dorfes in die ebene Heidelandschaft
hinein. Ein herrlicher Ausblick hatte der Müller vom obersten Stockwerk aus. Seine Blicke schweiften über die vielen Dächer und saftigen Fluren.
Plötzlich war die alte Mühle nicht mehr da!
Eigentlich wurde ich auch erst dann. der Tatsache gewahr, dass an der Mühle schon lange keine Windflügel mehr waren. In meiner kindlichen Vorstellung aber hatten sie im Gedächtnis einen festen Platz eingenommen und lebten so als erdachter Eindruck in späteren Jahren immer noch fort.
Ähnliche Windmühlen wie die in Lenauheim gab es in der westlichsten Heideecke ausserdem noch in Cărpiniș und Jimbolia. Hier hatte Mathias
Lenn seine Windniühle auf die höchste „Erhebung", den „Donnersberg", gestellt. Dieser lag am Nordwestrande des damaligen Dorfes. Die Bewohner von Cărpiniș hatten ihre Windmühle für 6000 Gulden im Jahre 1881 erbaut.
Unsere Windmühlen „uf dr Heed" waren nach dem holländischen Baumeister errichtet und unterschieden sich eindeutig von den sogenannten Bockmühlen, die als ältester Mhlentyp angesehen werden. Aus diesen hat man im 15. Jh. die sogenannten Wippmühlen entwickelt, die im Volksmund als
,.holländische Jungfer" wegen des starken „Hüfteneinschnittes" bekannt waren (ein pyramidenartiger Unterbau mit verstellbarem Oberteil). In Holland
fanden diese Mühlen bei Entwässerungsarbeiten (Wasserschöpfen) grosse Verwendung. Allmählich kamen sie dermassen in Gebrauch, dass die allbekannten Mühlenlandschaften entstanden, deren typisch holländisches Gepräge wir von Bildern und Büchern her kennen. Viele Maler haben sich mit
diesem Thema beschäftigt. Schon Leonardo da Vinci hat an den „Projekten" gearbeitet. Ihm wird die Turmmühle zugeschrieben, weil sich die älteste Darstellung auf einem seiner Skizzenblätter findet. Dennoch aber mussten die Europäer· diese windgetriebenen Mühlen aus dem vorderen Orient übernehmen. Dort verwendete man schon im 12. Jh. Segelmühlen für das Mahlen von Getreide.
Als „holländische Mühle" (Turmrnühle) hingegen bezeichnet man einen Mühlentyp mit einem sechs-, acht-, zwölfeckigen oder runden feststehenden
Mühlengebäude aus Holz, Stein oder Brennziegeln, dessen „Oberroller" (das ist die auf sitzende Kappe mit den Windflügeln) mit Hilfe eines Balkens
von aussen gedreht werden konnte. Die Csatader (Lenauheimer) Mühle war ein Innendreher. Bei diesen Mühlen wird die Mühlenkappe im Inneren
des Bauwerkes gegen den Wind gedreht. Dem „Phanneschmid"-Wilhe1m seine Windmühle an der Lenauheim-Grabatzer-Strasse wurde im Jahre 1815
erbaut und sollte nebst den Rossmühlen beim Mahlen von Weizen Verwendung finden. Obzwar man diese Mühlen nur bedingterweise bei uns ein-
setzen konnte - wohl im Frühjahr und Herbst, doch weniger im Sommer, und im Winter kaum-, war man dennoch auf die Nutzung des Windes verfallen, weil doch solcherart eine billige Treibkraft verwendet und zudem auch noch die von den Rossmühlen angeforderte tierische Zugkraft freigemacht werden konnte. Wenn nur der Wind ging, dann liefen die Mahlsteine voll und man konnte von morgens bis abends seine 25 Mtz mahlen.
Allerdings hiess es dann bei den Bauern: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst." Zeitweilig bliesen die Winde im Frühjahr und auch im Herbst recht gut.
Unsere Windmühle hatte an die 15 Meter Höhe, einschliesslich der oben auf sitzenden drehbaren Kappe mit den Windflügeln aus Holz.
Im allgemeinen betrachtet, bestehen die vier Flügel bei diesem Mühlentyp aus je einer kräftigen Windrute, die parallel zur Saumlatte verläuft. Diese
Flügelstützen werden von den feinstrebigen Flügellatten längs und quer überlagert, so dass aufeinanderfolgende Windtüren in Viereckform standekommen. Die so gebauten vier Windflügel sind am Flügelkopf festgemacht, der die Kraft des Windes über die Radwelle auf das Kammrad überträgt,
das mit seinen hölzernen Zähnen auf das Mühlengetriebe (Trilling) übergreift. Die so nach unten gerichtete Drehkraft des Getriebes wird durch das sogenannte Mühleisen auf den beweglichen Mühlstein (lberstein) übertragen, der in der Mitte ein sogenanntes Mühlsteinauge trägt. In diese Öffnung läuft
das vom Müller in die Gosse geleerte Getreide, das sich über den Rüttelschuh zwischen den beiden Mühlsteinen und der Mahlfuche verteilt. Das zermahlene Getreide wird sodann als Mehl und Kleie in dem untergestellten Bottich bzw. in. den angehängten Säcken aufgefangen.
Im Jahre 1912 hatte das alte windgetriebene Werk der „Schaddater Windmill" schliesslich ausgedient. Mit dem „Mahlwerkel" wurden auch die Flügel samt Kappe abgetragen und anstelle baute der neue Müller (Tritz) ein motorengetriebenes Werk zur Leistungssteigerung ein. Wenn auch geköpft (siehe Bild), so erinnerte dieser Bau noch immer an die alte Einrichtung, und im Dorfe sprach man noch weiterhin gerne von der alten Windmühle, bis dann schliesslich auch das Mühlengebäude in den 30er Jahren unter den Hammer kam. Etliche Jahre davor brannte schon die Windmühle von Cărpiniș ab (1924). Die auf
dein Donnersberg in Jimbolia wurde bereits um die Jahrhundertwende geschliffen. Anstelle entstand ein überaus stattlicher Mühlenbetrieb - die Dampfmühle. An die alte Lennsche Windmühle erinnerte ein eigens dazu aufgemauerter Pfeiler, an die in Cărpiniș aber nichts. Die Zeit der Windmühlen
war abgelaufen. Die moderne Technik prägte jetzt das Gesicht der Zeit.
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Literatur
- Karl-Hans Gross: Die Rossmühle. Kleine Heimatkunde. Neuer Wag, Bukarest 23.11.1976