Emil Lenhardt - stille Einkehr
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | 0985 |
Autor Name: | Annemarie Podlipny-Hehn |
Titel des Artikels : | Emil Lenhardt - stille Einkehr |
Publikation: | Stafette |
* [[Annemarie Podlipny-Hehn]]: [[ART:0985 - Emil Lenhardt - stille Einkehr|<i>Emil Lenhardt - stille Einkehr</i>]] |
Heuer zählen wir 125 Jahre seit der Geburt des
banatschwäbischen Malers Emil Lenhardt, und 55 Jahre sind
verstrichen seit seinem Tode. Gerne bezeichnet man Emil
Lenhardt als den dritten Schwabenmaler des Banats neben Stefan
Jäger und Franz Ferch. Diesen Beinamen verdankt er jenen
zahlreichen Bildern, in denen er mit überzeugendem Realismus
Aspekte aus dem Leben der deutschen Bevölkerung des Banats
darstellt. Dabei haben diese drei Banater Maler ganz
unterschiedliche Wege eingeschlagen. Während die Kunst Stefan
Jägers in der Vergangenheit wurzelt, mit allen Fasern an der
Tradition der Heimat festhält, um sie der Nachwelt zu erhalten,
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während der jüngere Franz Ferch ein gegenwartsverbundener
Künstler seiner Tage, auf geschlossen für ihre Veränderungen und
Errungenschaften war, stand Emil Lenhardt etwas abseits und
zurückgezogen da, von seinen Landsleuten weniger zur Kenntnis
genommen, vielleicht weil seine Malweise distanziert und
nüchtern ist, gekennzeichnet von stiller Einkehr.
Emil Lenhardt wurde am 27. Juli 1886 in Sinersig bei Busiasch
geboren. Seine Mutter, eine zierliche, herzkranke Frau, wünschte
sich so sehr ein Kind, so dass bei einer äußerst schweren Geburt
der Junge durch eine Verletzung der Rückenknochen eine
Behinderung erfahren hatte, die sich in heranwachsenden Jahren
zu einem Höcker ausgebildet hat. Diese Behinderung machte ihm
ein ganzes Leben lang zu schaffen. Da der Vater eine
Stadtbeamtenstelle in Lugosch bekam, zog die Familie in das
schmucke Städtchen an der Temesch, das sich auch mit einer
alten Kulturtradition rühmen konnte. Hier besuchte der Junge die
Volksschulklassen und zwischen 1904 und 1908 das Gymnasium
in Lugosch und Temeswar. Sein Zeichentalent fiel frühzeitig auf,
so dass seine Lehrer dem zarten und feinfühligen Jungen ein
Kunststudium vorschlugen. Im Juni 1904 machte er sein Abitur,
und im Herbst zog er nach Budapest, wo er an der Akademie der
Bildenden Künste bis 1908 studierte. Er frequentierte die
Abteilung für Kunsterziehung, da seine Eltern ihm einen sicheren
Beruf ermöglichen wollten. Doch der Jüngling hat sich für die
Kunst entschieden, und zwischen 1912 und 1916 besuchte er die
von Prof. Franz Rumpler geführte Spezialklasse für Malerei an
der Akademie der Bildenden Künste in Wien.
Von den Kriegswirren blieb er als Behinderter verschont. Er
konnte sich voll und ganz auf seine künstlerische Entwicklung
konzentrieren. Sodann zog er 1916 nach München, wo er sich bis
1918 als freischaffender Künstler versuchte und auch das
Handwerk eines Bildrestaurateurs erlernte, da er bald erleben
musste, dass er mit seiner eigenen Kunst sich den
Lebensunterhalt nicht sichern konnte. Im Jahre 1919 kehrte er
nach Lugosch zurück. Er stürzte sich in die Arbeit, malte
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Landschaften, Stilleben, Interieurs und Porträts. Vor allem durch
die Bildnisse, die er sehr gewissenhaft für seine Mitbürger
anfertigte, konnte er sich über Wasser halten.
In den Stilleben lässt Lenhardt eindringliches und sorgfältiges
Studium der Natur erkennen, aus deren unermesslichem
Formenmaterial er schöpft, um seiner Kunst Frische und
Vielfältigkeit zu verleihen, wobei er Paul Cezanne als Vorbild
hatte. Seine Landschaften sind Freilichtbilder, Ausschnitte seiner
eigenen Heimat, oft auch Winkel, umgeben von zauberhafter
Atmosphäre. Am liebsten aber malte er Landschaften am Ufer
der Temesch, in denen er sich auf die Gestaltung von Licht und
Farbe konzentriert, um ihnen Stimmung zu verleihen. Diese
Bilder stellte er in Lugosch zum Verkauf aus. Aber auch in die
Banater Metropole schickte er seine Bilder zu Ausstellungen. In
Temeswar herrschte zu jener Zeit bereits ein reger Kunstbetrieb
mit zahlreichen angesehenen Künstlern wie Josef Ferenczy,
Oskar Szuhanek und Albert Krausz. Auch Corneliu Baba und
dessen Vater Gheorghe Baba wirkten hier sowie die Bildhauer
Rubletzky Geza, Ferdinand Gallas und viele andere.
Im Jahre 1920/21 wurde hier der Banater Verein für Bildende
Künste gegründet, der sich die Förderung der bodenständigen
Kunst sowie die Belebung des Ausstellungsbetriebs als Ziel
setzte. Und die erste große Kunstausstellung dieses Vereins fand
vom 28. September bis 15. Oktober 1923 im Hunyadi-Kastell mit
über 300 Exponaten statt. Emil Lenhardt nahm mit vier Ölbildern
teil: ein Stilleben, ein Interieur und zwei Landschaften aus
Lugosch. Von nun an finden wir öfter Bilder von Lenhardt in den
Kollektionsausstellungen der Temeswarer Künstler. Im Jahre
1934 übersiedelte er nach Temeswar, wo er mit seiner Familie,
seiner Frau und seinem Sohn Emil, sehr bescheiden in einer
kleinen Einzimmerwohnung in der Schwanengasse
(Memorandului 10) wohnte. Materiell ging es der Familie mehr
schlecht als recht, erinnerte sich Julius Podlipny, der sich mit
Emil Lenhardt befreundete. In den Sommermonaten ging der
Maler in die schwäbischen Dörfer und malte Porträts, um wenig
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Geld oder Lebensmittel. Doch in den vierziger Jahren nahmen
die Schwaben dem Maler gegenüber Distanz ein, da jener mit
einer jüdischen Frau verheiratet war und sich dem
Gemeinschaftsleben entzog. „Ich bat Miloia, die Familie
Lenhardt zu unterstützen. Sodann kaufte das Museum einige
Bilder und stellte Emil Lenhardt als Bildrestaurateur der
Pinakothek an", erinnerte sich Podlipny. Somit war das
Einkommen gesichert und auch die Staatsrente. Im November
1955 wurde er zum Oberrestaurateur des Banater Museums
befördert; er konnte krankheitshalber die Stelle nicht mehr
antreten, er starb am 22. Februar 1956 in Temeswar.
In seinen zahlreichen Eigendarstellungen übt der Künstler
schonungslose Selbstanalyse. Zu den besten Werken Emil
Lenhardts gehören die Darstellungen von Bauerngestalten, die er
in großen Silhouetten und klar entfalteten Bewegungen vor
einem neutralen Hintergrund entstehen lässt. Durch die sachliche
Darstellung verleiht der Künstler der Gestalt eine biedere
Natürlichkeit, die den Eindruck ruhiger Kraft und tätigen
Selbstbewusstseins vermittelt.
Im letzten Jahrzehnt seines künstlerischen Schaffens beteiligte
sich Emil Lenhardt an Regionalausstellungen der Banater
Bildenden Künstler. Zu einer einzigen Retrospektivausstellung
kam es posthum in den achtziger Jahren im Banater Museum mit
Werken aus den Beständen dieses Museums sowie des Lugoscher
Museums und aus Privatbesitz, die von mir zusammengestellt
wurde. Ich finde es für dringend notwendig, eine
Künstlermonografie zu veröffentlichen. Da seine Werke sich im
Besitz zahlreicher Landsleute befinden, würden wir diese bitten,
uns durch die Banater Post Farbfotos der Bilder (mit Angabe der
Dimensionen) freundlicherweise zukommen zu lassen.
BP, 5. August 2011