ART:0208 - Dr. Fritz Klingler zum Achtzigsten: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | In geistiger und körperlicher Frische feiert Dr. Fritz Klingler am 20. Juli die Vollendung des 80. Lebensjahres. Aus aller Welt werden ihn dazu Glückwünsche erreichen.<br/> | ||
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+ | Dr. Fritz Klingler wurde am 20. 7. 1899 in [[Iecea Mare|Großjetsche]] im Banat geboren. Als Freiwilliger kam er mit 17 Jahren an die Italienfront. Dort wurde er als Fähnrich für seinen Einsatz mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille und dem Karlskreuz ausgezeichnet. Noch an der Front knüpfte er Beziehungen zur deutschvölkischen Bewegung an und unterschrieb nach Kriegsende die Eingabe an den "Deutschen Volksrat in Ungarn" mit der Forderung nach kultureller Autonomie.<br/> | ||
+ | Dem Studium der Medizin oblag er in Freiburg, Graz und Wien, der Fachausbildung in Wiesbaden, Mainz und Hamburg. In [[Timișoara|Temeschwar]] ließ er sich als Internist nieder und eröffnete ein Privatsanatorium. Neben dem Beruf und der Familie, in deren Schoß eine Tochter und drei Söhne aufwuchsen, widmete er sich mit großer Hingabe der Kulturpolitik. Bereits in Graz hatte er 1921 die "Vereinigung schwäbischer Hochschüler" mitgegründet, die 1922 von Wien aus zum "Bund Südostschwäbischer Hochschüler" ausgebaut wurde.<br/> | ||
+ | In Wien war Klingler auch mit Dr. Josef Kallbrunner, dem Leiter des Hofkammerarchivs, bekannt geworden. Als junger Arzt befaßte er sich auch mit Studien zur Geschichte der Ansiedlung der Banater Schwaben. In seinem Geburtsort gründete Klingler 1928 ein Heimatmuseum, das erste und bahnbrechende seiner Art im Banat 1930 veröffentlichte er die Studie "Sitten und Brauchtum der Gemeinde Großjetscha". Dann besorgte er für das Deutsche Auslandinstitut in Stuttgart die "Banater Schwäbische Heimatstube", die heute ein Prunkstück des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen darstellt. 1931 gründete er das Lenau-Museum in [[Lenauheim]]. Danach war er lange Zeit Obmann der "Deutschen Theatergemeinschaft des Banates" sowie des "Deutschen Kulturverbandes". Von 1932 bis 1942 arbeitete er am "Volkskundeatlas" (Berlin) mit und legte eine umfassende Sammlung mundartlicher Ausdrücke an.<br/> | ||
+ | Gewichtige Arbeiten dieser Zeit sind auch seine Studien zur volkspolitischen Lage der Banater Schwaben: "Stirbt der Schwabe?" und "Volk in Not"!<br/> | ||
+ | Den Malern [[Franz Ferch]], [[Emil Lenhardt]] und [[Stefan Jäger]] gab er mehrfach Privataufträge und schuf sich so eine Gemäldesammlung, die er in Österreich mit Werken von Oskar Sommerfeld bereicherte und vor einigen Jahren dem Haus der Donauschwaben in Sindelfingen als Gabe von unschätzbarem Kunstwert vermachte.<br/> | ||
+ | Aus dem Chaos der Nachkriegsjahre arbeitete sich Dr. Fritz Klingler als anerkannter Facharzt in Linz wieder empor. Daß er nebenbei noch Zeit, Kraft und Mittel fand, sich wieder seiner kulturpolitischen Aufgabe und als Wortführer der Eingliederung zu widmen, erscheint heute wie eine Selbstverständlichkeit. Einen Großteil seiner Zeit widmete er dem Aufbau der "Volksdeutschen Zentralberatungsstelle", zusammen mit Dr. Hans Moser und Matthias Giljum aus Jugoslawien sowie Dr. Georg Goldschmidt aus Ungarn. Der Höhepunkt ihrer Bemühungen war 1951 erreicht, als sie bei der Kundgebung in Linz vor 23.000 Teilnehmern unsere Anliegen präzisierten. Die Parole lautete: "Heraus aus den Baracken!", in denen damals rund 30.000 Volksdeutsche lebten. Das erste positive Resultat war dann das Optionsgesetz, das Tausende unserer Landsleute von der drückenden Sorge einer ungewissen Zukunft befreite und sie zum Bleiben in Österreich bewog.<br/> | ||
+ | Maßgebend beteiligt war Dr. Fritz Klingler auch an der Gründung der "Bau- und Siedlungsgenossenschaft", der späteren "Danubia" sowie der "Landwirtschaftlichen Genossenschaft", durch die 2.300 Bauernfamilien die Seßhaftmachung durch Kredite in der Höhe von 67 Millionen Schilling aus der ERP-Hilfe ermöglicht wurde.<br/> | ||
+ | 1957 gründete Dr. Klingler den "Donauschwäbischen Kulturverband Adam Müller-Guttenbrunn", dessen Obmann er bis zur Auflösung 1974 blieb. Es gelang ihm die Sammlung mehrerer Bibliotheken in Wien mit rund 25.000 Bänden, die sich heute in Eisenstadt befindet sowie die Schaffung eines Dokumentationszentrums mit Protokollen, Erlebnisberichten und Fotos aus den Vernichtungslagern in Jugoslawien und der Bărăgansteppe in Rumänien.<br/> | ||
+ | 1964 organisierte Dr. Klingler die Danksagungsfeier in Linz an das neue Vaterland Österreich und überreichte ein großes Gemälde von Oskar Sommerfeld, das die Heimatfindung darstellt. Auf seine Initiative wurde auf dem Pöstlingberg bei Linz das Denkmal der Heimatvertriebenen geschaffen und 1975 enthüllt.<br/> | ||
+ | So hat sich Dr. Fritz Klingler bei der existenziellen und geistigen Integration der Donauschwaben in Österreich unschätzbare Verdienste erworben.<br/> | ||
+ | Alles in allem ein imponierendes Lebenswerk, für das Dr. Fritz Klingler hohe Auszeichnungen verliehen wurden. Sein Name steht in der donauschwäbischen Geschichte.<br/> | ||
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Aktuelle Version vom 2. Juni 2016, 15:04 Uhr
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | 0208 |
Autor Name: | Hans Wolfram Hockl |
Titel des Artikels : | Dr. Fritz Klingler zum Achtzigsten |
Publikation: | Zeitung |
Titel der Publikation: | Banater Post |
Erscheinungsort: | München |
Jahrgang: | 24 |
Nummer: | 7 |
Datum: | 15.07.1979 |
Seite: | 2 |
* [[Hans Wolfram Hockl]]: [[ART:0208 - Dr. Fritz Klingler zum Achtzigsten|<i>Dr. Fritz Klingler zum Achtzigsten</i>]]. Banater Post, München 15.07.1979 (Jg.24 Nr.7), S. 2 |
In geistiger und körperlicher Frische feiert Dr. Fritz Klingler am 20. Juli die Vollendung des 80. Lebensjahres. Aus aller Welt werden ihn dazu Glückwünsche erreichen.
Dr. Fritz Klingler wurde am 20. 7. 1899 in Großjetsche im Banat geboren. Als Freiwilliger kam er mit 17 Jahren an die Italienfront. Dort wurde er als Fähnrich für seinen Einsatz mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille und dem Karlskreuz ausgezeichnet. Noch an der Front knüpfte er Beziehungen zur deutschvölkischen Bewegung an und unterschrieb nach Kriegsende die Eingabe an den "Deutschen Volksrat in Ungarn" mit der Forderung nach kultureller Autonomie.
Dem Studium der Medizin oblag er in Freiburg, Graz und Wien, der Fachausbildung in Wiesbaden, Mainz und Hamburg. In Temeschwar ließ er sich als Internist nieder und eröffnete ein Privatsanatorium. Neben dem Beruf und der Familie, in deren Schoß eine Tochter und drei Söhne aufwuchsen, widmete er sich mit großer Hingabe der Kulturpolitik. Bereits in Graz hatte er 1921 die "Vereinigung schwäbischer Hochschüler" mitgegründet, die 1922 von Wien aus zum "Bund Südostschwäbischer Hochschüler" ausgebaut wurde.
In Wien war Klingler auch mit Dr. Josef Kallbrunner, dem Leiter des Hofkammerarchivs, bekannt geworden. Als junger Arzt befaßte er sich auch mit Studien zur Geschichte der Ansiedlung der Banater Schwaben. In seinem Geburtsort gründete Klingler 1928 ein Heimatmuseum, das erste und bahnbrechende seiner Art im Banat 1930 veröffentlichte er die Studie "Sitten und Brauchtum der Gemeinde Großjetscha". Dann besorgte er für das Deutsche Auslandinstitut in Stuttgart die "Banater Schwäbische Heimatstube", die heute ein Prunkstück des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen darstellt. 1931 gründete er das Lenau-Museum in Lenauheim. Danach war er lange Zeit Obmann der "Deutschen Theatergemeinschaft des Banates" sowie des "Deutschen Kulturverbandes". Von 1932 bis 1942 arbeitete er am "Volkskundeatlas" (Berlin) mit und legte eine umfassende Sammlung mundartlicher Ausdrücke an.
Gewichtige Arbeiten dieser Zeit sind auch seine Studien zur volkspolitischen Lage der Banater Schwaben: "Stirbt der Schwabe?" und "Volk in Not"!
Den Malern Franz Ferch, Emil Lenhardt und Stefan Jäger gab er mehrfach Privataufträge und schuf sich so eine Gemäldesammlung, die er in Österreich mit Werken von Oskar Sommerfeld bereicherte und vor einigen Jahren dem Haus der Donauschwaben in Sindelfingen als Gabe von unschätzbarem Kunstwert vermachte.
Aus dem Chaos der Nachkriegsjahre arbeitete sich Dr. Fritz Klingler als anerkannter Facharzt in Linz wieder empor. Daß er nebenbei noch Zeit, Kraft und Mittel fand, sich wieder seiner kulturpolitischen Aufgabe und als Wortführer der Eingliederung zu widmen, erscheint heute wie eine Selbstverständlichkeit. Einen Großteil seiner Zeit widmete er dem Aufbau der "Volksdeutschen Zentralberatungsstelle", zusammen mit Dr. Hans Moser und Matthias Giljum aus Jugoslawien sowie Dr. Georg Goldschmidt aus Ungarn. Der Höhepunkt ihrer Bemühungen war 1951 erreicht, als sie bei der Kundgebung in Linz vor 23.000 Teilnehmern unsere Anliegen präzisierten. Die Parole lautete: "Heraus aus den Baracken!", in denen damals rund 30.000 Volksdeutsche lebten. Das erste positive Resultat war dann das Optionsgesetz, das Tausende unserer Landsleute von der drückenden Sorge einer ungewissen Zukunft befreite und sie zum Bleiben in Österreich bewog.
Maßgebend beteiligt war Dr. Fritz Klingler auch an der Gründung der "Bau- und Siedlungsgenossenschaft", der späteren "Danubia" sowie der "Landwirtschaftlichen Genossenschaft", durch die 2.300 Bauernfamilien die Seßhaftmachung durch Kredite in der Höhe von 67 Millionen Schilling aus der ERP-Hilfe ermöglicht wurde.
1957 gründete Dr. Klingler den "Donauschwäbischen Kulturverband Adam Müller-Guttenbrunn", dessen Obmann er bis zur Auflösung 1974 blieb. Es gelang ihm die Sammlung mehrerer Bibliotheken in Wien mit rund 25.000 Bänden, die sich heute in Eisenstadt befindet sowie die Schaffung eines Dokumentationszentrums mit Protokollen, Erlebnisberichten und Fotos aus den Vernichtungslagern in Jugoslawien und der Bărăgansteppe in Rumänien.
1964 organisierte Dr. Klingler die Danksagungsfeier in Linz an das neue Vaterland Österreich und überreichte ein großes Gemälde von Oskar Sommerfeld, das die Heimatfindung darstellt. Auf seine Initiative wurde auf dem Pöstlingberg bei Linz das Denkmal der Heimatvertriebenen geschaffen und 1975 enthüllt.
So hat sich Dr. Fritz Klingler bei der existenziellen und geistigen Integration der Donauschwaben in Österreich unschätzbare Verdienste erworben.
Alles in allem ein imponierendes Lebenswerk, für das Dr. Fritz Klingler hohe Auszeichnungen verliehen wurden. Sein Name steht in der donauschwäbischen Geschichte.