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ART:0343 - Wanderung zwischen Breitengraden: Unterschied zwischen den Versionen

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Folgendes darf man als legitim ansehen: Das Werk dieser 10 Künstler aus dem Banat ist auch und nicht wenig aus ihrem Lebenslauf, aus der Schule, durch die sie gegangen (ausnahmslos Hochschulen), aus den Nachbarschaften, in denen sie standen (deutsch, rumänisch, serbisch, jüdisch, bulgarisch, armenisch, ruthenisch, kroatisch, siebenbürgisch, sächsisch, ungarisch-széklerisch) - Gemeinschaften, aus denen einer doch ein bißchen anders hervorgehen muß als ein [[Stefan Jäger]], der zwar auch seine Münchener und anderen Tage des Künstlerdaseins hatte, seinen Horizont malerischer Darstellung aber rund um [[Jimbolia|Hatzfeld]] abzirkelte. Deswegen kein Wort gegen ihn!<br/>
 
Doch wir verstehen leicht aus diesem Blickwinkel, daß mancher von diesen um zwei Generationen jüngeren Künstlern mit "Feldblume und Pipatsche vun der Heed" so gut wie nichts im Sinn hat. Ebenso legitim: Das kann man unendlich bedauerlich finden.<br/>
 
Doch wir verstehen leicht aus diesem Blickwinkel, daß mancher von diesen um zwei Generationen jüngeren Künstlern mit "Feldblume und Pipatsche vun der Heed" so gut wie nichts im Sinn hat. Ebenso legitim: Das kann man unendlich bedauerlich finden.<br/>
 
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Aktuelle Version vom 1. Juni 2016, 06:10 Uhr


Bibliografie
Artikel Nummer: 0343
Autor Name: Heinrich Lauer
Titel des Artikels : Wanderung zwischen Breitengraden
Untertitel des Artikels: Warum die Nürnberger Ausstellung Banater Künstler nichts Heimatliches zeigte
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 33
Nummer: 18
Datum: 20.09.1988
Seite: 8
* [[Heinrich Lauer]]: [[ART:0343 - Wanderung zwischen Breitengraden|<i>Wanderung zwischen Breitengraden</i>. Warum die Nürnberger Ausstellung Banater Künstler nichts Heimatliches zeigte]]. Banater Post, München 20.09.1988 (Jg.33 Nr.18), S. 8

Warum die Nürnberger Ausstellung Banater Künstler nichts Heimatliches zeigte

(Auszug)

Ein Streifzug entlang der wohl dreißig Meter Ausstellungsstrecke im Ehrensaal des Nürnberger Rathauses läßt einen die vermutbare Enttäuschung eines denkbaren Banater Kunstverehrers nachfühlen, seinen Stefan Jäger liebt und den Franz Ferch hoch hält: Da hängen, stehen sie, die drei Dutzend Gemälde und Plastiken, sie heißen Baum I, Baum II überhaupt nur Baum, nennen sich Omina & Quadratur, Meditation, Kreuzung oder Cross, Installation, Großer Dompteur, Ikarus und Clown. Einer sogar Menelaos.
Ja, so heißen sie, und keine einzige rote Pipatsch auf weiter Flur, keine Banater Distel, kein Bauernhaus, kein Storchennest, kein Kerweihstrauß, nicht ein einziger Rosmarin.
Was ist dann banaterisch an dieser Ausstellung? An den Bildern nichts, rein gar nichts. Was legitimiert sie dennoch als Ausstellung Banater Künstler? Nichts anderes als die - im Grunde lose - Gemeinsamkeit der Herkunft, die nichts Zwingendes für Profil und Niveau der Kunst hat, dann die wohl nicht so lose, also essentiellere Gemeinsamkeit der sozialen, der individuellen und künstlerischen Entwicklung daheim im Banat, an einer oder an mehreren Kunstschulen in Rumänien, sei dies nun in Temeswar, Reschitz, Klausenburg oder Bukarest, das Zusammengehen im Künstlerverband vielleicht, die Beteiligung an regionalen oder nationalen Ausstellungen, auch an Ausstellungen im Ausland von Italien bis Japan, von Ungarn bis in die USA - schließlich: die Kollegialität, ja auch Freundschaft untereinander, das Gespräch miteinander und warum nicht auch gegeneinander - und das über Jahre und Jahrzehnte. Es darf angenommen werden, daß es dabei mehr um van Gogh und Dali, Miró und Matisse als um Stefan Jäger oder um Nicolae Grigorescu ging.
Es ist auffällig, daß die ausstellenden Künstler grob gesehen gleich alt sind: Anton Eberwein und Friedrich Schreiber, die ältesten, sind 1936 geboren. Der jüngste, Peter Schweg, ist Jahrgang 1944, die anderen liegen dazwischen um das Jahr 1940. Außer der 1938 in Temeswar geborenen Johanna Obermüller, die als Kleinkind nach Deutschland kam, haben alle ihre prägende Zeit in Rumänien verbracht. Die ersten Spätaussiedler waren Peter Schweg und Diet Sayler (1973), die bisher letzten sind Almi und Anton Eberwein (1987). Die meisten kamen um das Jahr 1980. Unter ihnen auch Hildegard Klepper-Paar, und Robert Schiff, die - warum wohl- in dieser repräsentativ sein wollenden Ausstellung fehlten.
So stichhaltig eine Bezeichnung wie der Ausstellungstitel ist - "Banater Künstler in der Bundesrepublik Deutschland" -, so unzutreffend kann eine zwanghafte Interpretation sein, die das Banaterische als Pflichtfixierung auf heimatliche Motive daraus ableiten zu müssen glaubt. Dazu hätte man schon den Titel, das Konzept der Schau ändern müssen - der hätte dann "Das Banat im Werk usw ... " geheißen.
Natürlich gibt es bei jedem Menschen, der nicht in einer außerirdischen Raumstation geboren wurde, auch, ja gerade bei Künstlern so etwas wie eine Bringschuld gegenüber der Heimat - doch weder die Heimat noch ihre übereifrigen Bannenträger dürfen es sich gestatten, so etwas wie Zinsen eintreiben zu wollen für ein Darlehen an Lebenskondition, an spezifischer Lebensluft, die in eigenes Leben, in Schaffen, in Entfaltung, Suche und Einsicht, wohl auch in manche Vergeblichkeit, ja in Scheitern umgesetzt wurde.
Folgendes darf man als legitim ansehen: Das Werk dieser 10 Künstler aus dem Banat ist auch und nicht wenig aus ihrem Lebenslauf, aus der Schule, durch die sie gegangen (ausnahmslos Hochschulen), aus den Nachbarschaften, in denen sie standen (deutsch, rumänisch, serbisch, jüdisch, bulgarisch, armenisch, ruthenisch, kroatisch, siebenbürgisch, sächsisch, ungarisch-széklerisch) - Gemeinschaften, aus denen einer doch ein bißchen anders hervorgehen muß als ein Stefan Jäger, der zwar auch seine Münchener und anderen Tage des Künstlerdaseins hatte, seinen Horizont malerischer Darstellung aber rund um Hatzfeld abzirkelte. Deswegen kein Wort gegen ihn!
Doch wir verstehen leicht aus diesem Blickwinkel, daß mancher von diesen um zwei Generationen jüngeren Künstlern mit "Feldblume und Pipatsche vun der Heed" so gut wie nichts im Sinn hat. Ebenso legitim: Das kann man unendlich bedauerlich finden.

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