Stefan Jäger Archiv

ART:0109 - 16. März 1962: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Stefan Jäger]] wurde am 28. Mai 1877 in der serbisch-deutschen Mischgemeinde [[Cenei|Tschene]] im Banat geboren. Sein Vater, der aus Nakodorf stammte, betätigte sich im Barbierfach und als Feldscher, wozu er nach einer Ausbildung in [[Budapest]] die Befähigung erlangte. Seine Mutter, eine geborene [[Magdalena Schuller|Margarete]] Schuller stammte aus Biled. Sie war 20 Jahre jünger als ihr Mann und auf ihren heranwachsenden Sohn von nachhaltigstem Einfluß. Sie erschloß ihm bereits in jungen Jahren die Schatzkammern des donauschwäbischen Volkstums und volkhaften Lebens.
 
[[Stefan Jäger]] wurde am 28. Mai 1877 in der serbisch-deutschen Mischgemeinde [[Cenei|Tschene]] im Banat geboren. Sein Vater, der aus Nakodorf stammte, betätigte sich im Barbierfach und als Feldscher, wozu er nach einer Ausbildung in [[Budapest]] die Befähigung erlangte. Seine Mutter, eine geborene [[Magdalena Schuller|Margarete]] Schuller stammte aus Biled. Sie war 20 Jahre jünger als ihr Mann und auf ihren heranwachsenden Sohn von nachhaltigstem Einfluß. Sie erschloß ihm bereits in jungen Jahren die Schatzkammern des donauschwäbischen Volkstums und volkhaften Lebens.
  
Nach der heimatlichen [[Volksschule]] besuchte [[Stefan Jäger]] eine private [[Handelsschule|Bürgerschule]] mit deutscher Unterrichtssprache in [[Timișoara|Temeschburg]]. Mit vierzehn Jahren kam er nach Segedin, um seine Mittelschulstudien abzuschließen und seine Kenntnisse der ungarischen Sprache zu vervollkommnen. Das wichtigste Moment der Segediner Jahre liegt für den weiteren Werdegang [[Stefan Jäger|Jägers]] aber darin, daß sein Zeichenprofessor, ein Burgenländer namens [[Obendorf]], seine künstlerische Begabung erkannte und ihm durch seine Ratschläge die Richtung wies, in die er zu gehen hatte. Er kam im Jahre 1895 nach [[Budapest]] an die Musterlehranstalt zur Ausbildung von Zeichenprofessoren. Die vierjährige Ausbildungszeit unter der Leitung von hervorragenden Lehrern verhalf seinem Talent zur Malerei zum Durchbruch.
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Nach der heimatlichen [[Volksschule]] besuchte [[Stefan Jäger]] eine private [[Handelsschule|Bürgerschule]] mit deutscher Unterrichtssprache in [[Timișoara|Temeschburg]]. Mit vierzehn Jahren kam er nach Segedin, um seine [[Bürgerschule|Mittelschulstudien]] abzuschließen und seine Kenntnisse der ungarischen Sprache zu vervollkommnen. Das wichtigste Moment der Segediner Jahre liegt für den weiteren Werdegang [[Stefan Jäger|Jägers]] aber darin, daß sein Zeichenprofessor, ein Burgenländer namens [[Obendorf]], seine künstlerische Begabung erkannte und ihm durch seine Ratschläge die Richtung wies, in die er zu gehen hatte. Er kam im Jahre 1895 nach [[Budapest]] an die [[Zeichenschule|Musterlehranstalt zur Ausbildung von Zeichenprofessoren]]. Die vierjährige Ausbildungszeit unter der Leitung von hervorragenden Lehrern verhalf seinem Talent zur Malerei zum Durchbruch.
  
 
Auf [[Budapest]] folgten die Wanderjahre, deren Stationen Wien — München — Stuttgart — Venedig waren und die 1901 ihre vorzeitige Unterbrechung erfuhren, da ihn die Kunde von der schweren Erkrankung des Vaters in die Banater Heimat zurückkehren ließ. Dieser sollte er nun für immer verbunden bleiben, denn auch die große Studienreise im Jahre 1906 nach Deutschland hatten keinen anderen Zweck, als Aufschluß über die Trachten zu geben, in denen die schwäbischen Vorfahren im 18. Jahrhundert ihre Wanderung in das Land an der mittleren Donau unternahmen. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren ließ sich [[Stefan Jäger]] 1910 in [[Jimbolia|Hatzfeld]] nieder, ein stiller, zurückgezogener Mann, der nur für die Malerei und ausschließlich von der Malerei lebte. Eine Kühnheit war das in einem Orte, der, obwohl er sich in dieser Zeit vom Dorf zum Marktflecken und von diesem zur Kleinstadt entwickelte, für das Dasein eines Malers nicht gerade die günstigsten Bedingungen bot. Zum [[Jimbolia|Hatzfeld]] dieser Zeit schreibt [[Robert Reiter|Franz Liebhard]]: „Welche Widersprüche barg diese vom Rollen der gräflichen Kalesche und den Dampfsirenen der Fabriken durchlärmte Großgemeinde, die vom Drang in das Städtische fieberte. Welche Widersprüche zwischen den wüsten Kartenschlachten im Kasino und den meisterlichen Operationen des Chirurgen Dr. [[Ludwig Diel]], volkstümlich „der alte Diel" genannt! Welche unversöhnlichen Gegensätze zwischen dem Rufe des Ortes, dank dem Atelier [[Stefan Jäger|Stefan Jägers]] ein schwäbisches Athen in der Heide zu sein, wo ein [[Paul Moussong]] in den achtziger Jahren seine Gedichte drucken ließ, [[Peter Jung]] bis ins Greisenalter seine Tausende Gedichte schrieb, und dem kapitalistischen Frevel, nach dem ersten Weltkrieg, nach der Enteignung des gräflichen Latifundiums (durch Jugoslawien), die obdachlos gebliebene Bibliothek, deren Anfänge aus dem 18. Jahrhundert, stammten, im Ringofen des Ziegeleibarons Threiß, des „schwäbischen Stinnes", für den sehr nüchternen Zweck der Ziegelerzeugung zu verheizen! In der gleichen Gemeinde, die in ihrem Park der Menschenfreundlichkeit ein Denkmal setzte, ein Standbild des Wohltäters der Leidenden, Dr. Diel, wurden nach etlichen Jahren sieben Männer ermordet, weil sie von einer Welt der Menschenfreundlichkeit träumten und bereit waren, für eine solche Welt ihr Bestes in die Schanze zu schlagen."
 
Auf [[Budapest]] folgten die Wanderjahre, deren Stationen Wien — München — Stuttgart — Venedig waren und die 1901 ihre vorzeitige Unterbrechung erfuhren, da ihn die Kunde von der schweren Erkrankung des Vaters in die Banater Heimat zurückkehren ließ. Dieser sollte er nun für immer verbunden bleiben, denn auch die große Studienreise im Jahre 1906 nach Deutschland hatten keinen anderen Zweck, als Aufschluß über die Trachten zu geben, in denen die schwäbischen Vorfahren im 18. Jahrhundert ihre Wanderung in das Land an der mittleren Donau unternahmen. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren ließ sich [[Stefan Jäger]] 1910 in [[Jimbolia|Hatzfeld]] nieder, ein stiller, zurückgezogener Mann, der nur für die Malerei und ausschließlich von der Malerei lebte. Eine Kühnheit war das in einem Orte, der, obwohl er sich in dieser Zeit vom Dorf zum Marktflecken und von diesem zur Kleinstadt entwickelte, für das Dasein eines Malers nicht gerade die günstigsten Bedingungen bot. Zum [[Jimbolia|Hatzfeld]] dieser Zeit schreibt [[Robert Reiter|Franz Liebhard]]: „Welche Widersprüche barg diese vom Rollen der gräflichen Kalesche und den Dampfsirenen der Fabriken durchlärmte Großgemeinde, die vom Drang in das Städtische fieberte. Welche Widersprüche zwischen den wüsten Kartenschlachten im Kasino und den meisterlichen Operationen des Chirurgen Dr. [[Ludwig Diel]], volkstümlich „der alte Diel" genannt! Welche unversöhnlichen Gegensätze zwischen dem Rufe des Ortes, dank dem Atelier [[Stefan Jäger|Stefan Jägers]] ein schwäbisches Athen in der Heide zu sein, wo ein [[Paul Moussong]] in den achtziger Jahren seine Gedichte drucken ließ, [[Peter Jung]] bis ins Greisenalter seine Tausende Gedichte schrieb, und dem kapitalistischen Frevel, nach dem ersten Weltkrieg, nach der Enteignung des gräflichen Latifundiums (durch Jugoslawien), die obdachlos gebliebene Bibliothek, deren Anfänge aus dem 18. Jahrhundert, stammten, im Ringofen des Ziegeleibarons Threiß, des „schwäbischen Stinnes", für den sehr nüchternen Zweck der Ziegelerzeugung zu verheizen! In der gleichen Gemeinde, die in ihrem Park der Menschenfreundlichkeit ein Denkmal setzte, ein Standbild des Wohltäters der Leidenden, Dr. Diel, wurden nach etlichen Jahren sieben Männer ermordet, weil sie von einer Welt der Menschenfreundlichkeit träumten und bereit waren, für eine solche Welt ihr Bestes in die Schanze zu schlagen."

Version vom 12. April 2015, 10:25 Uhr

Bibliografie
Artikel Nummer: {{{Artikelnummer}}}
Autor Name: Senz, Josef Volkmar
Aufsatztitel:
Zeitungstitel: Der Donauschwabe
Erscheinungsort: Aalen
Jahrgang: 22
Nummer: 12
Datum: 19.03.1972
Seite: 2
* [[ART:0109 - 16. März 1962|Senz, Josef Volkmar. . Der Donauschwabe Aalen 1972]]


Mehr als von jedem anderen donauschwäbischen Maler läßt sich vom malerischen Lebenswerk Stefan Jägers sagen: Seine Bilder bewahren für die Donauschwaben, für alle Deutschen und für diese unsere Welt die nach 1945 zerstörte oder umgewandelte Heimat der Donauschwaben, die von ihnen gestaltete Kulturlandschaft und Lebenswelt mit ihren arbeitenden und betreuenden Menschen. Diese seine Bilder hängen heute als Originalgemälde oder als Farbdrucke in den Wohnungen seiner Landsleute, nicht nur in der alten Heimat, sondern über alle Welt zerstreut, und vermitteln ihnen im täglichen Anblick das Bild einer geordneten „heilen Welt", die freilich neben den Licht- auch ihre Schattenseiten hatte; sie finden sich aber auch im Besitz von öffentlichen Sammlungen, wo sie das Leben und Werk der Donauschwaben dokumentieren. In dem vielfältigen Mosaik deutscher Malerei wird so durch ihn und, sein Werk die donauschwäbische Nuance sichtbar.

Stefan Jäger wurde am 28. Mai 1877 in der serbisch-deutschen Mischgemeinde Tschene im Banat geboren. Sein Vater, der aus Nakodorf stammte, betätigte sich im Barbierfach und als Feldscher, wozu er nach einer Ausbildung in Budapest die Befähigung erlangte. Seine Mutter, eine geborene Margarete Schuller stammte aus Biled. Sie war 20 Jahre jünger als ihr Mann und auf ihren heranwachsenden Sohn von nachhaltigstem Einfluß. Sie erschloß ihm bereits in jungen Jahren die Schatzkammern des donauschwäbischen Volkstums und volkhaften Lebens.

Nach der heimatlichen Volksschule besuchte Stefan Jäger eine private Bürgerschule mit deutscher Unterrichtssprache in Temeschburg. Mit vierzehn Jahren kam er nach Segedin, um seine Mittelschulstudien abzuschließen und seine Kenntnisse der ungarischen Sprache zu vervollkommnen. Das wichtigste Moment der Segediner Jahre liegt für den weiteren Werdegang Jägers aber darin, daß sein Zeichenprofessor, ein Burgenländer namens Obendorf, seine künstlerische Begabung erkannte und ihm durch seine Ratschläge die Richtung wies, in die er zu gehen hatte. Er kam im Jahre 1895 nach Budapest an die Musterlehranstalt zur Ausbildung von Zeichenprofessoren. Die vierjährige Ausbildungszeit unter der Leitung von hervorragenden Lehrern verhalf seinem Talent zur Malerei zum Durchbruch.

Auf Budapest folgten die Wanderjahre, deren Stationen Wien — München — Stuttgart — Venedig waren und die 1901 ihre vorzeitige Unterbrechung erfuhren, da ihn die Kunde von der schweren Erkrankung des Vaters in die Banater Heimat zurückkehren ließ. Dieser sollte er nun für immer verbunden bleiben, denn auch die große Studienreise im Jahre 1906 nach Deutschland hatten keinen anderen Zweck, als Aufschluß über die Trachten zu geben, in denen die schwäbischen Vorfahren im 18. Jahrhundert ihre Wanderung in das Land an der mittleren Donau unternahmen. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren ließ sich Stefan Jäger 1910 in Hatzfeld nieder, ein stiller, zurückgezogener Mann, der nur für die Malerei und ausschließlich von der Malerei lebte. Eine Kühnheit war das in einem Orte, der, obwohl er sich in dieser Zeit vom Dorf zum Marktflecken und von diesem zur Kleinstadt entwickelte, für das Dasein eines Malers nicht gerade die günstigsten Bedingungen bot. Zum Hatzfeld dieser Zeit schreibt Franz Liebhard: „Welche Widersprüche barg diese vom Rollen der gräflichen Kalesche und den Dampfsirenen der Fabriken durchlärmte Großgemeinde, die vom Drang in das Städtische fieberte. Welche Widersprüche zwischen den wüsten Kartenschlachten im Kasino und den meisterlichen Operationen des Chirurgen Dr. Ludwig Diel, volkstümlich „der alte Diel" genannt! Welche unversöhnlichen Gegensätze zwischen dem Rufe des Ortes, dank dem Atelier Stefan Jägers ein schwäbisches Athen in der Heide zu sein, wo ein Paul Moussong in den achtziger Jahren seine Gedichte drucken ließ, Peter Jung bis ins Greisenalter seine Tausende Gedichte schrieb, und dem kapitalistischen Frevel, nach dem ersten Weltkrieg, nach der Enteignung des gräflichen Latifundiums (durch Jugoslawien), die obdachlos gebliebene Bibliothek, deren Anfänge aus dem 18. Jahrhundert, stammten, im Ringofen des Ziegeleibarons Threiß, des „schwäbischen Stinnes", für den sehr nüchternen Zweck der Ziegelerzeugung zu verheizen! In der gleichen Gemeinde, die in ihrem Park der Menschenfreundlichkeit ein Denkmal setzte, ein Standbild des Wohltäters der Leidenden, Dr. Diel, wurden nach etlichen Jahren sieben Männer ermordet, weil sie von einer Welt der Menschenfreundlichkeit träumten und bereit waren, für eine solche Welt ihr Bestes in die Schanze zu schlagen."

Das Gesamtwerk Jägers, aus rund sechs Jahrzehnten malerischer Arbeit hervorgegangen, ist von einem optimistischen Glanz überzogen. Es ist ein aus Hunderten Stücken bestehendes Lebenswerk, von dem man wirklich sagen kann, daß es mit dem Leben des Volkes verschmolz, als dessen Abbild es geschaffen und dem es als solches zugedacht war. Neben dem malerischen Gesamtwerk, das über das ganze Gebiet des Banats gestreut ist, hat sich Jägers Bedeutung für die Gegenwart und die Zukunft in seiner reichen Skizzenmappe verankert, die eine wahre Schatzkammer volkskundlicher Dokumente schwäbischen Volkslebens darstellt. Die Beobachtungsarbeit von Jahrzehnten liegt in diesen Blättern verschiedener Größen, in diesen Aquarell- und zum kleineren Teil Bleistift- und Tuschskizzen. Das Hauptwerk Stefan Jägers ist aber das große, sechs Meter lange und etwa anderthalb Meter hohe Triptychon „Die Einwanderung der Schwaben ins Banat", kurz Einwanderungsbild genannt. Das große Gemälde hat sein eigenes Schicksal. Es wurde seinerzeit im halbfertigen Zustand von Budapest nach Temeschburg, von da nach Gertjanosch und dann wieder nach Budapest gebracht, jedes Stück für sich zusammengerollt, bis es nach drei Jahren endlich vollendet war. Die Fahrt von Gertjanosch nach Temeschburg im Jahre 1910 sollte aber nicht die letzte Fahrt des Gemäldes gewesen sein. Während des zweiten Weltkrieges gelangte es aus dem Banater Museum in das deutsche Forschungsinstitut, das es vor den im Frühjahr 1944 einsetzenden Bombenangriffen nach Blumenthal „evakuierte". 1945 wurde das Gemälde ins Banater Museum zurückgebracht und war, nach einer fachkundigen Restaurierung, das Zentralstück der 1967 stattgefundenen großen Jäger-Ausstellung in Temeschburg.

Der Schöpfer des Bildes, Stefan Jäger, ist am 16. März 1962 in Hatzfeld verstorben. Außer den Ovationen, die der junge Maler anläßlich der Enthüllung des Einwandererbildes während der Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung 1910 in Gertjanosch bekam, und der Ehrung durch Rumänien zu seinem 80. Geburtstag im Jahre 1957 wurden dem Maler kaum öffentliche Ehrungen zuteil. In Hatzfeld wurde eine bescheidene Nebengasse nach ihm benannt. Das Einwanderungsbild aber und mit ihm sein Schöpfer wird bekannt und geehrt bleiben, solange die Gemeinschaft der Donauschwaben existiert.

jvs