ART:0912 - Frauenkopfstudie aus dem Jahr 1897: Unterschied zwischen den Versionen
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Im Laufe meiner Recherchen zu einer Studie über den aus [[Jimbolia|Hatzfeld]] stammenden Maler Rudolf Burghardt (vgl. Heimatblatt Hatzfeld, Ausgabe 15/2008, S. 144-155) wurde ich auf der Website der [[Ungarischen Akademie der Bildenden Künste]] (Magyar Képzőművészeti Egyetem) auf eine Ausstellung mit dem Titel „A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig" (Von der [[Modellzeichenschule]] zur Hochschule für Bildende Künste) aufmerksam, die vom 29. November 2001 bis zum 8. Januar 2002 im Barcsay-Saal der [[Budapest]]er Kunstakademie zu sehen war. Dem 130-jährigen Jubiläum der renommierten Kunsthochschule gewidmet, präsentierte die Ausstellung deren Entwicklung in den ersten fünfzig Jahren ihres Bestehens (1871-1921) anhand von Arbeiten seinerzeitiger Studenten, von Kompendien, Modellbüchern, Musterkarten, Stichen, Fotos und Reproduktionen. Sie bildete den Abschluss des von Majkó Katalin geleiteten Forschungsprogramms „Erschließung, Ordnung, wissenschaftliche Bearbeitung und Präsentation der Kunst- und Bibliothekssondersammlungen der Ungarischen Hochschule für Bildende Künste". Als Begleitbuch zur Ausstellung erschien 2002 die von Majkó Katalin, Szőke Annamária und Borus Judit herausgegebene 332-seitige Publikation „A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig". | Im Laufe meiner Recherchen zu einer Studie über den aus [[Jimbolia|Hatzfeld]] stammenden Maler Rudolf Burghardt (vgl. Heimatblatt Hatzfeld, Ausgabe 15/2008, S. 144-155) wurde ich auf der Website der [[Ungarischen Akademie der Bildenden Künste]] (Magyar Képzőművészeti Egyetem) auf eine Ausstellung mit dem Titel „A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig" (Von der [[Modellzeichenschule]] zur Hochschule für Bildende Künste) aufmerksam, die vom 29. November 2001 bis zum 8. Januar 2002 im Barcsay-Saal der [[Budapest]]er Kunstakademie zu sehen war. Dem 130-jährigen Jubiläum der renommierten Kunsthochschule gewidmet, präsentierte die Ausstellung deren Entwicklung in den ersten fünfzig Jahren ihres Bestehens (1871-1921) anhand von Arbeiten seinerzeitiger Studenten, von Kompendien, Modellbüchern, Musterkarten, Stichen, Fotos und Reproduktionen. Sie bildete den Abschluss des von Majkó Katalin geleiteten Forschungsprogramms „Erschließung, Ordnung, wissenschaftliche Bearbeitung und Präsentation der Kunst- und Bibliothekssondersammlungen der Ungarischen Hochschule für Bildende Künste". Als Begleitbuch zur Ausstellung erschien 2002 die von Majkó Katalin, Szőke Annamária und Borus Judit herausgegebene 332-seitige Publikation „A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig". | ||
− | Die Ungarische Akademie der Bildenden Künste geht auf die 1871 gegründete [[Ungarisch-königliche Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt]] (Magyar Királyi Mintarajztanoda és Rajztanárképezde; später: Magyar Királyi Mintarajziskola és Rajztanárkepző) zurück, die von 1895 bis 1899 auch von [[Stefan Jäger]] besucht wurde. Groß war meine Überraschung, als ich unter den Arbeiten, die für die genannte Ausstellung (auch für das Begleitbuch hierzu) ausgewählt worden waren, auch auf eine von [[Stefan Jäger]] stieß. In der Sparte „Figurzeichnung und -malerei: Nach der Natur gezeichnete und gemalte Kopfstudien" wird unter Nr. 22 eine Frauenkopfstudie des damals 20-jährigen Studenten des 3. Jahrgangs präsentiert. Die auf Papier mit Kreide und Deckweiß angefertigte Zeichnung in den Maßen 540 x 400 mm ist mit [[Stefan Jäger|Jäger István]] signiert und auf den 24. November 1897 datiert. Auf der Zeichnung ist ein Etikett folgenden Inhalts angebracht: „Ècole normale roy. hongr. de dessin et Séminaire de professeurs de dessin á [[Budapest]]. Ètude d'aprés nature III. année. Candidat au titre de professeur de dessin. Professeur: Barthélèmy Székely." (Ungarisch-königliche Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt [[Budapest]]. Studien nach der Natur. 3. Jahrgang. Zeichenlehreranwärter. Professor: [[Székely Bertalan]]). | + | Die Ungarische Akademie der Bildenden Künste geht auf die 1871 gegründete [[Ungarisch-königliche Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt]] (Magyar Királyi Mintarajztanoda és Rajztanárképezde; später: Magyar Királyi Mintarajziskola és Rajztanárkepző) zurück, die von 1895 bis 1899 auch von [[Stefan Jäger]] besucht wurde. Groß war meine Überraschung, als ich unter den Arbeiten, die für die genannte Ausstellung (auch für das Begleitbuch hierzu) ausgewählt worden waren, auch auf eine von [[Stefan Jäger]] stieß. In der Sparte „Figurzeichnung und -malerei: Nach der Natur gezeichnete und gemalte Kopfstudien" wird unter Nr. 22 eine Frauenkopfstudie des damals 20-jährigen Studenten des 3. Jahrgangs präsentiert. Die auf Papier mit Kreide und Deckweiß angefertigte Zeichnung in den Maßen 540 x 400 mm ist mit [[Stefan Jäger|Jäger István]] signiert und auf den 24. November 1897 datiert. Auf der Zeichnung ist ein Etikett folgenden Inhalts angebracht: „Ècole normale roy. hongr. de dessin et Séminaire de professeurs de dessin á [[Budapest]]. Ètude d'aprés nature III. année. Candidat au titre de professeur de dessin. Professeur: [[Bertalan Székely|Barthélèmy Székely]]." (Ungarisch-königliche Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt [[Budapest]]. Studien nach der Natur. 3. Jahrgang. Zeichenlehreranwärter. Professor: [[Bertalan Székely|Székely Bertalan]]). |
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Kopfstudien des Künstlers - als Vorarbeiten zu verschiedenen Porträts oder als „pure" Studien angefertigt - sind vor allem aus späteren Jahren bekannt. [[Stefan Jäger|Jäger]] hatte sie in einer Mappe gesammelt, als solche beschriftet und bis an sein Lebensende aufbewahrt. 1962 wurde die Mappe mit anderen Arbeiten und Objekten aus seinem Nachlass veräußert. Auf diese Kopfstudien näher einzugehen erübrigt sich, da uns die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Gross vorliegen und in beiden Bänden seiner Monografie derartige Studien reproduziert sind. | Kopfstudien des Künstlers - als Vorarbeiten zu verschiedenen Porträts oder als „pure" Studien angefertigt - sind vor allem aus späteren Jahren bekannt. [[Stefan Jäger|Jäger]] hatte sie in einer Mappe gesammelt, als solche beschriftet und bis an sein Lebensende aufbewahrt. 1962 wurde die Mappe mit anderen Arbeiten und Objekten aus seinem Nachlass veräußert. Auf diese Kopfstudien näher einzugehen erübrigt sich, da uns die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Gross vorliegen und in beiden Bänden seiner Monografie derartige Studien reproduziert sind. |
Version vom 2. Mai 2015, 16:15 Uhr
Bibliografie Aufsatz | |
---|---|
Autor Name: | Tonţa, Walter |
Aufsatztitel: | Frauenkopfstudie aus dem Jahr 1897 |
Name des Herausgebers: | HOG Hatzfeld (Hg) |
Buchtitel: | Heimatblatt Hatzfeld |
Reihentitel: | 19. Ausgabe 2012 |
Erscheinungsort: | |
Verlag | |
Entstehungsjahr | 2012 |
Seite: | 93-95 |
* [[ART:0912 - Frauenkopfstudie aus dem Jahr 1897|HOG Hatzfeld. Frauenkopfstudie aus dem Jahr 1897. Heimatblatt Hatzfeld 2012]] |
Eines der ältesten erhaltenen Werke des Malers Stefan Jäger
Im Laufe meiner Recherchen zu einer Studie über den aus Hatzfeld stammenden Maler Rudolf Burghardt (vgl. Heimatblatt Hatzfeld, Ausgabe 15/2008, S. 144-155) wurde ich auf der Website der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste (Magyar Képzőművészeti Egyetem) auf eine Ausstellung mit dem Titel „A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig" (Von der Modellzeichenschule zur Hochschule für Bildende Künste) aufmerksam, die vom 29. November 2001 bis zum 8. Januar 2002 im Barcsay-Saal der Budapester Kunstakademie zu sehen war. Dem 130-jährigen Jubiläum der renommierten Kunsthochschule gewidmet, präsentierte die Ausstellung deren Entwicklung in den ersten fünfzig Jahren ihres Bestehens (1871-1921) anhand von Arbeiten seinerzeitiger Studenten, von Kompendien, Modellbüchern, Musterkarten, Stichen, Fotos und Reproduktionen. Sie bildete den Abschluss des von Majkó Katalin geleiteten Forschungsprogramms „Erschließung, Ordnung, wissenschaftliche Bearbeitung und Präsentation der Kunst- und Bibliothekssondersammlungen der Ungarischen Hochschule für Bildende Künste". Als Begleitbuch zur Ausstellung erschien 2002 die von Majkó Katalin, Szőke Annamária und Borus Judit herausgegebene 332-seitige Publikation „A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig".
Die Ungarische Akademie der Bildenden Künste geht auf die 1871 gegründete Ungarisch-königliche Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt (Magyar Királyi Mintarajztanoda és Rajztanárképezde; später: Magyar Királyi Mintarajziskola és Rajztanárkepző) zurück, die von 1895 bis 1899 auch von Stefan Jäger besucht wurde. Groß war meine Überraschung, als ich unter den Arbeiten, die für die genannte Ausstellung (auch für das Begleitbuch hierzu) ausgewählt worden waren, auch auf eine von Stefan Jäger stieß. In der Sparte „Figurzeichnung und -malerei: Nach der Natur gezeichnete und gemalte Kopfstudien" wird unter Nr. 22 eine Frauenkopfstudie des damals 20-jährigen Studenten des 3. Jahrgangs präsentiert. Die auf Papier mit Kreide und Deckweiß angefertigte Zeichnung in den Maßen 540 x 400 mm ist mit Jäger István signiert und auf den 24. November 1897 datiert. Auf der Zeichnung ist ein Etikett folgenden Inhalts angebracht: „Ècole normale roy. hongr. de dessin et Séminaire de professeurs de dessin á Budapest. Ètude d'aprés nature III. année. Candidat au titre de professeur de dessin. Professeur: Barthélèmy Székely." (Ungarisch-königliche Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt Budapest. Studien nach der Natur. 3. Jahrgang. Zeichenlehreranwärter. Professor: Székely Bertalan).
Wie Prof. Karl-Hans Gross in seiner zweibändigen Jäger-Monografie schreibt, sind aus den Budapester Lehrjahren des Künstlereleven etliche Skizzen und Studien - wenngleich in alle Welt verstreut und nur schwer erreichbar - erhalten geblieben. Es seien hauptsächlich Körperstudien von menschlichen Modellen in unterschiedlicher Pose, auch anatomische Detailstudien des menschlichen Körpers (Beine, Arme, Füße, Hände) wie auch andere Zeichnungen (Porträts, Abrisse und Einzelteile von klassischen Bauwerken, Säulen, Kapitellen) - „immer sauber, feinsinnig und mit viel Akkuratesse und handwerklicher Genauigkeit ausgeführt". Diese, wie auch spätere Arbeiten, weisen Stefan Jäger als vorzüglichen Zeichner aus. Die Frauenkopfstudie, worauf hier hingewiesen wird, zählt somit zu den frühen, in die Jahre seiner künstle-rischen Ausbildung zurückreichenden Arbeiten Stefan Jägers.
Kopfstudien des Künstlers - als Vorarbeiten zu verschiedenen Porträts oder als „pure" Studien angefertigt - sind vor allem aus späteren Jahren bekannt. Jäger hatte sie in einer Mappe gesammelt, als solche beschriftet und bis an sein Lebensende aufbewahrt. 1962 wurde die Mappe mit anderen Arbeiten und Objekten aus seinem Nachlass veräußert. Auf diese Kopfstudien näher einzugehen erübrigt sich, da uns die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Gross vorliegen und in beiden Bänden seiner Monografie derartige Studien reproduziert sind.
Stefan Jäger war in Budapest Schüler von bekannten Lehrmeistern der Zeichen- und Malkunst, darunter auch von dem bereits genannten Székely Bertalan. Bei ihm nahm Jäger Unterricht im anatomischen Zeichnen und diesem Lehrer verdankte er größtenteils seine fundierten Kenntnisse und seine meisterhaft ausgeprägte Fähigkeit zum Zeichnen des menschlichen Körpers. Der aus Klausenburg stammende Székely Bertalan (1835-1910) hatte an der Wiener Akademie bei Johann Nepomuk Geiger und Carl Rahl, später in München bei Karl Theodor von Piloty studiert. Er gilt als einer der bedeutendsten ungarischen Historienmaler und zugleich als einer der führenden Vertreter der Romantik. An der Budapester Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt unterrichtete er seit deren Gründung 1871 bis 1905, als er zum Direktor der zweiten Meisterschule ernannt wurde.
Vermutlich sind in den Sammlungen der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste noch weitere Arbeiten von Stefan Jäger sowie Dokumente erhalten, die Aufschluss über seine Budapester Studienjahre geben können. Um diesbezügliche Gewissheit zu bekommen, wären Nachforschungen vor Ort nötig.
Literatur
Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger. Maler seiner heimatlichen Gefilde. Aus seinem Leben und Werk. Sersheim: Hartmann, 1991
Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger. Skizzen, Studien und Entwürfe. Sersheim: Hartmann, 2004
Majkó, Katalin / Szőke, Annamária / Borus Judit (szerk.): A Mintarajztanodától a Képzőművészeti Főiskoláig. Budapest: Magyar Képzőművészeti Egyetem, 2002; als elektronische Ressource: http://www.mke.hu/mintarajztanoda/
Székely Bertalan (1835-1910) kiállitása. Magyar Nemzeti Galéria 1999. szeptember 30 - 2000. január 30. Budapest: Magyar Nemzeti Galéria, 1999
Repro
Frauenkopfstudie von Stefan Jäger, angefertigt am 24. November 1897, in der Sondersammlung der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste
Foto
Das Hauptgebäude der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste in Budapest wurde 1876 errichtet. Hier studierte Stefan Jäger von 1895 bis 1899.