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ART:0147 - Ein Leben für die Gemeinschaft: Unterschied zwischen den Versionen

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So hat sich Dr. Fritz Klingler bei der existentiellen und geistigen Integration der Donauschwaben in Osterreich unschätzbare Verdienste erworben. Ihre dokumentarische Zusammenfassung konnte bisher noch nicht erfolgen und ist bloß in der von ihm verlaßten Denkschrift des "Verbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften in Osterreich" 1969 angedeutet. Wir können diese Rückschau, so unvollständig sie auch sein mag, nicht schließen ohne ein Wort der tief empfundenen Dankbarkeit für dieses Lebenswerk unseres Jubilars. Welcher Wagemut, welche Beharrlichkeit steht hinter diesem Werk! Es ist würdig der Großtat unserer Kolonistenahnen. Rückschläge und Schwierigkeiten spornten Dr. Fritz Klingler immer nur zu neuer, eifriger Tätigkeit an, unermüdlich und unverzagt blieb er in der Verfolgung seiner Ziele. Die überquellende Vielfalt seiner Ideen und Anregungen verwirrt oft Freunde und Mitarbeiter. Nie war er amtlich oder als eingesetzter Amtswalter tätig, stets aus eigenem Antrieb, ehrenamtlich und immer unter Wahrung der geistigen Unabhängigkeit. Energie, Zeit und Geld verschwendete er in Fülle, angefangen von seiner Jugend in Ungarn, als Student in Österreich, als junger Arzt in Rumänien und als reifer Mann wieder in Österreich. Sein ganzes Leben steht im Dienste der Donauschwaben, als Aktivist, als Altruist, immer bestrebt das Gute zu tun für sein Volk. Wir alle schulden und sagen ihm aus vollem Herzen unseren Dank und wünschen ihm. noch viele Jahre erfolgreichen Wirkens im Kreise seiner Familie und in der Gemeinschaft der Donauschwaben.<br/>
 
So hat sich Dr. Fritz Klingler bei der existentiellen und geistigen Integration der Donauschwaben in Osterreich unschätzbare Verdienste erworben. Ihre dokumentarische Zusammenfassung konnte bisher noch nicht erfolgen und ist bloß in der von ihm verlaßten Denkschrift des "Verbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften in Osterreich" 1969 angedeutet. Wir können diese Rückschau, so unvollständig sie auch sein mag, nicht schließen ohne ein Wort der tief empfundenen Dankbarkeit für dieses Lebenswerk unseres Jubilars. Welcher Wagemut, welche Beharrlichkeit steht hinter diesem Werk! Es ist würdig der Großtat unserer Kolonistenahnen. Rückschläge und Schwierigkeiten spornten Dr. Fritz Klingler immer nur zu neuer, eifriger Tätigkeit an, unermüdlich und unverzagt blieb er in der Verfolgung seiner Ziele. Die überquellende Vielfalt seiner Ideen und Anregungen verwirrt oft Freunde und Mitarbeiter. Nie war er amtlich oder als eingesetzter Amtswalter tätig, stets aus eigenem Antrieb, ehrenamtlich und immer unter Wahrung der geistigen Unabhängigkeit. Energie, Zeit und Geld verschwendete er in Fülle, angefangen von seiner Jugend in Ungarn, als Student in Österreich, als junger Arzt in Rumänien und als reifer Mann wieder in Österreich. Sein ganzes Leben steht im Dienste der Donauschwaben, als Aktivist, als Altruist, immer bestrebt das Gute zu tun für sein Volk. Wir alle schulden und sagen ihm aus vollem Herzen unseren Dank und wünschen ihm. noch viele Jahre erfolgreichen Wirkens im Kreise seiner Familie und in der Gemeinschaft der Donauschwaben.<br/>
  
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Version vom 4. Juli 2015, 11:41 Uhr

Bibliografie
Artikel Nummer: {{{Artikelnummer}}}
Autor Name: Hockl, Hans Wolfram
Aufsatztitel: Ein Leben für die Gemeinschaft
Zeitungstitel: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 19
Nummer: 8
Datum: 15.08.1974
Seite: 9
* [[ART:0147 - Ein Leben für die Gemeinschaft|Hockl, Hans Wolfram. Ein Leben für die Gemeinschaft. Banater Post München 1974]]


Dr. Fritz Klingler zum 75. Geburtstag

Unser Jubilar wurde am 20.7.1899 in Großjetscha, dem damals reindeutschen Bauern-, Handwerker- und Kleinhäuslerdorf auf der Schwäbischen Heide im Banat geboren. Bis nach dem Ersten Weltkrieg gehörte das ungeteilte Banat zu Ungarn, Wien aber war seine geistige Hauptstadt geblieben. Das Gymnasium besuchte Klingler in Segedin und Temeschwar bei den Piaristen, und da er Priester werden wollte, geriet er wie viele andere deutschbewußte Studierende in den Zwiespalt zwischen Volkstum und Glauben. Gleichgesinnte Freunde im Emericanum waren u. a. Anton Valentin und Matthias Lani.
Mit siebzehn Jahren rückte Klingler als Einjährig-Freiwilliger ein und kam als Fähnrich an die Italienfront, wo er mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille sowie dem Karl-Truppenkreuz ausgezeichnet wurde. An der Front knüpfte er Beziehungen zur deutschvölkischen Bewegung an und beteiligte sich gleich nach Kriegsende an einer Eingabe an den "Deutschen Volksrat in Ungarn" mit der Forderung nach kultureller Selbständigkeit der schwäbischen Volksgruppe. Nach dem Studium in Freiburg, Graz und Wien sowie der Fachausbildung in Wiesbaden, Mainz und Hamburg ließ er sich als Internist in Temeschwar nieder und richtete sich ein Privatsanatorium ein. Neben dem Beruf und der Familie, in deren Schoß eine Tochter und drei Söhne aufwuchsen, widmete er sich weiter seiner kulturpolitischen Berufung. Als Student in Graz hatte er 1921 zusammen mit Dr. Jakob Awender und Dr. Ägidius Faulstich die "Vereinigung Schwäbischer Hochschüler" gegründet, die 1922 von Wien als zum "Bund Südostschwäbischer Hochschüler" ausgebaut wurde, angeregt durch persönliche Kontakte mit Adam Müller-Guttenbrunn, Edmund Steinacker, Dr. Friedrich Kaindl, Dr. Jakob Stein, Dr. Andreas Lutz, Dr. Jakob Breyer, Dr. Stefan Kraft, Eugen Probst, der ihm den Lenau-Nachlaß für ein Museum besorgte, u. a. Um eine Brücke zu den in Wien studierenden Rumänen zu schlagen, gründete Klingler die "Unirea" (Vereinigung), Unterrichtsminister Anghelescu untersagte jedoch in der Folge den rumänischen Studenten die Teilnahme an dieser brüderlichen Vereinigung. In Wien war Klingler mit Dr. Josef Kallbrunner, dem Leiter des Hofkammerarchivs, bekannt geworden, und setzte nun als junger Arzt in Temeschwar seine Studien zur Geschichte der Ansiedlung fort, beginnend mit seinem Heimatort, wo er 1928 ein Heimatmuseum eröffnete, das erste seiner Art im Banat. 1930 veröffentlichte er in den "Banater Kulturheften" die Studie "Sitten und Brauchtum der Gemeinde Großjetscha", besorgte für das Deutsche Auslandsinstitut in Stuttgart die "Banater Schwäbische Heimatstube", die heute ein Prunkstück des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen darstellt, gründete 1931 das Lenau-Museum in Lenauheim, gab dem Hoffotografen Fritz Wilhelm vom Atelier "Arta" den Auftrag, eine Serie volkskundlicher Foto-Alben anzulegen, die bald Schule machten, studierte an Volkshochschulen in Schleswig-Holstein die Möglichkeit ähnlicher Einrichtungen im Banat, wie Sr. Dr. Hildegardis Wulff sie später verwirklichte, war jahrelang Leiter der Kinderkolonie im Ulmbacher Wald, Obmann der "Deutschen Theatergemeinschaft des Banates", als Nachfolger von Dr. Michael Kausch von 1934 bis 1939 Obmann des "Deutschen Kulturverbandes" mit 80 Ortsgruppen, arbeitete von 1932 bis 1942 am "Volkskunde Atlas" (Berlin) mit, legte eine Sammlung unseres Mundartwortschatzes mit 700 typischen Dialektausdrücken an, die er Dr. Rudolf Hollinger übergab, begann eine statistische Erhebung der Sozialstruktur der Banater Schwaben, veröffentlichte zwei aufrüttelnde Arbeiten über die bevölkerungspolitische Lage der Banater Schwaben, "Stirbt der Schwabe?" und "Volk in Not!", hielt eine Reihe von Vorträgen über die aufgezeigte biologische Notsituation, zeichnete zu diesem Thema eine Reihe von Wandtafeln, die in Bukarest und bei König Karl II. höchste Beachtung fanden, - alles Tätigkeiten aus eigener Initiative, oder in Zusammenarbeit mit den verschiedensten Persönlichkeiten des politischen und kulturellen Lebens der Banater Schwaben in den zwanziger und dreißiger Jahren, wie Franz Wettel, Felix Millecker, Leo Hoffmann, Peter Gaenger, Ferdinand Ernst Gruber, Franz Xaver Kappus, Peter Jung, Kral von Möller, Dr. Kaspar Muth, Bischof Dr. Augustin Pacha, sowie den politischen Führern des Deutschtums in Rumänien Dr. Hans Otto Roth, Rudolf Brandsch u. a. Den Malern Franz Ferch, Emil Lenhardt und Stefan Jäger gab er mehrfach Privataufträge und schuf sich so eine Gemäldesammlung, die er später mit Werken von Oskar Sommerfeld bereicherte und dem Haus der Donauschwaben in Sindelfingen als Gabe von unschätzbarem Kunstwert vermachte.
Obwohl Dr. Fritz. Klingler nie in die Tagespolitik eingriff, kam er doch in engen Kontakt mit den Führern der Erneuerungsbewegung, denen er kein bequemer Zeitgenosse war, so daß er schließlich vor ein Parteigericht der DVR zitiert wurde, wonach deren Amtswaltern der Umgang mit ihm untersagt war. Nach der 1940 erfolgten nationalsozialistischen Machtübernahme in der Deutschen Volksgruppe in Rumänien wurde er wegen seiner pflichtbewußten Verurteilung des politischen Kurses der neuen Volksgruppenführung in Kronstadt aus dem öffentlichen Leben hinausgedrängt und erhielt 1942 eine manipulierte Einberufung zur rumänischen Wehrmacht. Im Urlaub 1943 meldete er sich freiwillig zur Deutschen Wehrmacht. Als Stabsarzt an der Front in Frankreich erhielt er das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern am Bande. Den Zusammenbruch erlebte er in Böhmen und schlug sich nach Oberösterreich durch, das ihm dann zur zweiten Heimat werden sollte.
Aus dem Chaos der Nachkriegsjahre sich wieder emporzuheben in eine berufliche Tätigkeit als anerkannter und erfolgreicher Facharzt in Linz war allein schon eine große Leistung, die Energie, Umsicht und Zähigkeit erforderte. In diesen ersten Jahren veröffentlichte er eine ganze Reihe wissenschaftlicher Arbeiten und medizinischer Patente für neue Therapien, die ihn später als Medizinalrat zu einem bahnbrechenden Rheumatologen machten. Daß Dr. Fritz Klingler sozusagen nebenbei noch Zeit, Kraft und Mittel fand, sich wieder seiner kulturpolitischen Aufgabe im Dienste seines darniederliegenden Volkes zu widmen, erscheint aus der Entfernung der nunmehr dazwischenliegenden drei Jahrzehnte wie selbverständlich wird einem aber erst richtig bewußt, wenn man die Fülle dieser tätigen Hilfe und ihre Erfolge ganz überblickt. Dr. Fritz Klingler begann, sobald er vom Land nach Linz übersiedelte und eine Notpraxis in einer Baracke eröffnet hatte, als Mitbegründer der "Volksdeutschen Zentralberatungsstelle" seine tatkräftige Hilfe. Zusammen mit Dr. Hans Moser und Matthias Giljum aus Jugoslawien, sowie Dr. Georg Goldschmidt aus Ungarn sammelte er die Landsleute in Oberösterreich in einer donauschwäbischen Landsmannschaft, um als geschlossene Organisation für die Gleichberechtigung und Eingliederung der heimatlosen Donauschwaben einzutreten. Der Höhepunkt ihrer Bemühungen war 1951 erreicht, als unsere Vertreter bei der Großkundgebung in Linz vor 23.000 Teilnehmern unsere Anliegen präzisierten. Die Parole war: "Heraus aus den Barackenlagern!", in denen damals noch etwa 30.000 Heimatvertriebene in Österreich lebten. Das erste positive Resultat war dann das Optionsgesetz, das Tausende unserer Landsleute von der drückenden Sorge vor einer ungewissen Zukunft befreite und sie zum Bleiben in Osterreich bewog. Für Österreich war dieser Zuwachs ein unerschöpfliches Potential an verläßlicher Arbeitskraft, biologischem Zustrom und sozialpolitischer Zuverläßlichkeit. Maßgebend beteiligt war Dr. Fritz Klingler bei der Gründung der "Bau und Siedlungsgenossenschaft" , später "Danubia" und der "Landwirtschaftlichen Genossenschaft", in deren Rahmen 2300 Bauernfamilien die Seßhaftmachung durch Kredite aus der ERP-Hilfe ermöglicht wurde. 1951 bis 1952 war er Obmann der "Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft" (DAG) in Wien unter ihrem Vorsitzenden Ing. Valentin Reimann. 1957 gründete Dr. Fritz Klingler den "Donauschwäbischen Kulturverband Adam Müller-Guttenbrunn", dessen Obmann er bis zur Auflösung 1974 war. In diesen Jahren gelang ihm die Sammlung mehrerer Bibliotheken in Wien mit rund 20.000 Bänden, die Schaffung eines Dokumentationszentrums mit Hunderten von Bucherscheinungen ,vollständigen Jahrgängen volksdeutscher Zeitungen und Zeitschriften, Protokollen und Erlebnisberichten mit Fotos aus den Vernichtungslagern in Jugoslawien sowie verschiedenen Dokumenten zur Geschichte der Donauschwaben von 1918 bis 1970. Dieses gesamte Material befindet sich heute in Wien. Auf dem Offenhausener Dichterhügel in Oberösterreich ließ er Steinplatten mit den Namen unserer Dichter Lenau, Müller-Guttenbrunn, Möller und Triebnigg-Pirkhert anbringen.
So hat sich Dr. Fritz Klingler bei der existentiellen und geistigen Integration der Donauschwaben in Osterreich unschätzbare Verdienste erworben. Ihre dokumentarische Zusammenfassung konnte bisher noch nicht erfolgen und ist bloß in der von ihm verlaßten Denkschrift des "Verbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften in Osterreich" 1969 angedeutet. Wir können diese Rückschau, so unvollständig sie auch sein mag, nicht schließen ohne ein Wort der tief empfundenen Dankbarkeit für dieses Lebenswerk unseres Jubilars. Welcher Wagemut, welche Beharrlichkeit steht hinter diesem Werk! Es ist würdig der Großtat unserer Kolonistenahnen. Rückschläge und Schwierigkeiten spornten Dr. Fritz Klingler immer nur zu neuer, eifriger Tätigkeit an, unermüdlich und unverzagt blieb er in der Verfolgung seiner Ziele. Die überquellende Vielfalt seiner Ideen und Anregungen verwirrt oft Freunde und Mitarbeiter. Nie war er amtlich oder als eingesetzter Amtswalter tätig, stets aus eigenem Antrieb, ehrenamtlich und immer unter Wahrung der geistigen Unabhängigkeit. Energie, Zeit und Geld verschwendete er in Fülle, angefangen von seiner Jugend in Ungarn, als Student in Österreich, als junger Arzt in Rumänien und als reifer Mann wieder in Österreich. Sein ganzes Leben steht im Dienste der Donauschwaben, als Aktivist, als Altruist, immer bestrebt das Gute zu tun für sein Volk. Wir alle schulden und sagen ihm aus vollem Herzen unseren Dank und wünschen ihm. noch viele Jahre erfolgreichen Wirkens im Kreise seiner Familie und in der Gemeinschaft der Donauschwaben.


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