ART:0405 - Ein Gedenkblatt für den Maler: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 26. Juli 2015, 12:50 Uhr
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | 0336 |
Autor Name: | Gross, Karl-Hans |
Aufsatztitel: | Ein Gedenkblatt für den Maler |
Zeitungstitel: | Banater Post |
Erscheinungsort: | München |
Jahrgang: | 37 |
Nummer: | 5 |
Datum: | 05.03.1992 |
Seite: | 3 |
* [[ART:0405 - Ein Gedenkblatt für den Maler|Gross, Karl-Hans. Ein Gedenkblatt für den Maler. Banater Post München 1992]] |
Zum 30. Todestag Stefan Jägers
Im letzten Jahr ist der Name Stefan Jägers häufiger in Erscheinung getreten, weil durch die Fürsorge der Landsmannschaft und den tatkräftigen Einsatz einiger beherzter Männer eine Wanderausstellung zustande kam, die das große Einwanderungstriptychon mit weiteren Malarbeiten in mehreren Städten der Bundesrepublik gezeigt hat. Damit wurde diesem für uns bedeutenden Maler und seinem Werke eine wohlverdiente Ehrung beschieden, die gewiss auch bei vielen unserer Landsleute - bei Kennern, Interessenten und Liebhabern - ein gebührendes Echo gefunden hat; sind doch gerade die Jäger-Bilder malerische Kostbarkeiten, die immer und immer wieder die alte Heimat mit ihrem facettenreichen Geschehen in Haus, Hof und Feld und den schwäbischen Menschen zum Gegenstand haben.
Wenn wir nun heute und überhaupt in diesem Jahr unsere Bemühungen um Stefan Jäger und sein Werk - in Aufsätzen, Vorträgen und insbesondere durch die intensive Weiterreichung der schon vorhin erwähnten Ausstellung mit dem Einwanderungstriptychon und den anderen Bildern beibehalten und fortsetzen, so geschieht dies in Anbetracht des 30. Todesjahres Stefan Jägers, das wir 1992 begehen.
Jener Tag, an dem wir den toten Maler zu Grabe getragen haben, ist mir unvergesslich, als unauslöschliche, traurige Erinnerung im Gedächtnis hängen geblieben.
„Kalt und eisig blies der brausende Wind mir ins Gesicht. Vereinzelte Schneeflocken und winzige Eisstücke irrten überall umher und ließen sich flugs über den winterharten Boden treiben. Kahl und kalt lagen die steinernen Zeugen menschlicher Pietät über dem ganzen Feldstück verstreut. Zwischen den weißen Marmorkreuzen ragten die kantigen Obelisken aus schwarzem Basaltstein empor. Weit mehr als nur ein bloßer Märzenschauer zog übers Land. Der Winter zeigte sich wieder im vollen Gewande an der nahen Schwelle zum lebenserweckenden Lenz und brach das erwartungsvolle Hoffen der Menschen entzwei. Das Leben eines alten Mannes war plötzlich dahin."
So lesen wir im Jäger-Buch, dessen Autor an diesem Geschehen an jenem bitterkalten 16. Märztag auf dem Hatzfelder Friedhof teilhaftig geworden war.
„Kaum eine Handvolt Menschen stand unter dem düsteren, grauweiß aufgedunsenen Himmel im Gottesacker, abseits vom winterlichen Alltag", am offenen Grab. Nur wenige Getreue waren an die Bahre in der Friedhofskapelle gekommen und gaben ihm hernach die Handvoll geweihte Erde mit ins Grab.
„Hier lag der tote Körper im kahlen, frostigen Raum. Unbehütet flackerten die niedergebrannten Kerzen in den grauen Tag hinein. Lästiger Wachsgeruch schwebte in der abgestandenen kalten Luft und ließ sich nur schwer atmen. Keiner hielt dem Verstorbenen in der kurzen Nacht die Totenwache. Ihm, dem Künstler, war ein langes und arbeitsreiches Leben beschieden, das nun zu Ende war."
Ein paar Lehrer mit wenigen Schülern der höheren Klassen, 2, 3 Malerkollegen der Künstlergilde aus Temeswar - unter ihnen der allbekannte und geschätzte Franz Ferch - und noch etliche, meist alte Leute aus nächster Nachbarschaft, gaben ihm das letzte, ein kurzes Geleit.
In aller Eile war ein Kranz geflochten. Zwei junge Leute trugen ihn einher. Den Nekrolog hatte Professor Bräuner vom Hatzfelder Lyzeum im Sturmgebraus am offenen Grab gesprochen, und die kleinen Kapellenglocken bimmelten zum Geleit.
„Still und voller förmlicher Frömmigkeit bewegte sich der kleine Menschenzug hinter den Trägern der Bahre einher. Der Priester im zeremoniellen Bestattungstalar, weit sparsamer als üblich mit Borten und Zierden behangen, lispelte halblaut in monotoner Weise seine Gebete so vor sich hin, worauf kaum einige Bittsteller mit unterdrückter Stimme antworteten. Kein einziges Chorlied erklang. Die klagenden Weisen der orchestralen Trauermärsche blieben aus. Schweigend nahmen die wenigen am offenen Grabe Abschied. Nur die Stimme des Nachrufes hallte hinaus in den stöhnenden Wind.
Die Beerdigung war schnell erledigt und die wenigen Leute verliefen sich recht bald. Es war kalt. „Das Schönste am Ganzen war der Schneesturm", sagte der Kunstmaler Franz Ferch aus Temeswar zu seinem Kollegen auf der Heimreise mit der Eisenbahn, und dachte dabei an das schlichte Zeremoniell am Grabe Stefan Jägers. Dann hatte er aber nichts mehr zu sagen und hing wohl nur noch seinen Gedanken nach."
Die Grabstätte Stefan Jägers befinde sich im südwestlichen Randviertel des Hatzfelder Friedhofs. Von hier bietet sich dem Friedhofsbesucher eine freie Sicht zu den nahen Gärten und Feldern, die Jahr für Jahr bebaut oder bepflanzt sind. Ein breiter, gepflasterter Fußweg führt vom Haupttor kommend an aufgemauerten Leidenswegstationen und steinernen Zeugen menschlicher Pietät vorbei, bis zur schlichten Jäger-Gruft. Der Maler hatte sie noch zu Lebzeiten für seine liebe Mutter errichtet, die auch hier begraben liegt. Zwei große, schwere, stufenförmig verbreiterte Steinplatten sind auf ein tragendes Gesims: gelegt und heben die einfache Grabstätte etwas über den ebenerdigen Boden empor. Vor uns steht eine weiße Marmorstele Schlicht und einfach ist sie aufgebaut. Ein kleines Kreuz ist im oberen, glatten Tafelfeld der Stele eingraviert. Darunter stehen zwei Namen - die von Mutter und Sohn Magdalena Jäger / geb. Schuller 1855-1927, Stefan Jäger / Kunstmaler 1877-1962.