Stefan Jäger Archiv

ART:0388 - Leidensweg der Banater Schwaben

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Bibliografie
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Autor Name: Freihoffer, Heinrich
Aufsatztitel: Leidensweg der Banater Schwaben
Zeitungstitel: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 36
Nummer: 21
Datum: 05.11.1991
Seite: 4
* [[ART:0388 - Leidensweg der Banater Schwaben|Freihoffer, Heinrich. Leidensweg der Banater Schwaben. Banater Post München 1991]]


Eine Chronik in Bildern

Als Ergebnis jahrelanger und aufwendiger Sammeltätigkeit legt der ehemalige Bildarchivar der Banater Schwaben, Franz Dürrbeck, eine sehr beeindruckende Videokassette mit zumeist farbigen Bildern vor.
Die Darbietungen beginnen mit dem bekannten Triptychon "Die Einwanderung der Donauschwaben im 18. Jahrhundert" des bedeutenden donauschwäbischen Malers Stefan Jäger. Auswanderungsbilder, Nachbildungen der "Ulmer Schachteln" und geographische Karten des Banates und des Pannonischen Raumes führen in die Thematik des Filmes ein.
Als erster Sprecher schildert der ehemalige und langjährige Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Sepp Schmidt, eingehend, plastisch und mitreißend die Banater Landschaft.
Es folgt der Gang durch die Anfänge der Geschichte, die Umwandlung der Sumpflandschaft unter den historischen Vätern des Banates, dem Feldherrn Prinz Eugen und dem sowohl als Soldat wie auch als Organisator der Ansiedlung so überragenden Gouverneur, Graf Claudius F. Mercy. Wir sehen die Entwicklung vom gestampften Lehmhaus (Langhaus) hin zu den Anfängen des modernen Querhauses zu Beginn unseres Jahrhunderts, von den einfachen landwirtschaftlichen Geräten zu der steigenden Mechanisierung, den Mäh- und großen Dampfdreschmaschinen vor dem Ersten Weltkrieg und die Einführung des Traktors in den dreißiger Jahren. Nicht ohne berechtigten Stolz finden die großen kulturellen Leistungen am Beispiel des in Südosteuropa einmaligen Schulzentrums der "Banatia" und der "Notre-Dame-Schulen" für Mädchen in Temeschburg, aber auch der Ackerbauschule in Woiteg lobende Erwähnung.
Teil zwei und drei des Filmes werden von Professor Nikolaus Engelmann und in einigen Abschnitten von Franz Dürrbeck besprochen. Die getragen suggestive Stimme Engelmanns schafft eine Atmosphäre der Unmittelbarkeit. Er zeichnet an hand von Bildern die Geschichte der über ein volles Jahrhundert währenden Einwanderung und Entwicklung der donauschwäbischen Siedlungsgebiete von den Grenzen Altösterreichs bis zum Karpatenbogen und schildert die Not der Siedler in den letzten zwei Türkenkriegen (1737-39 und 1788/89), der Rekrutierung von Soldaten, nicht nur der Grenzregimenter, in Kroatien etc. durch Napoleon für seinen Rußlandfeldzug zu Beginn des 19. Jahrhunderts und die Revolutionsjahre von 1848/49 unter Kossuth. Der große Lyriker Nikolaus Lenau und dessen Denkmal in seinem nach ihm benannten Geburtsort Lenauheim werden ebenso genannt wie Adam Müller-Guttenbrunn, der große donauschwäbische Schriftsteller und Erwecker der Donauschwaben zu einem eigenen Bewußtsein gegenüber der intoleranten Madjarisierungspolitik der Ungarn im 19. Jahrhundert. Dann wird die - abgesehen von dem lastenden Madjarisierungsdruck - nach 1850 friedliche Entwicklung durch die Schüsse von Sarajewo am 28. 6. 1914 jäh unterbrochen und brachte auf den Tag genau 5 Jahre später die unheilvollen Verträge von Versailles, die das alte Habsburgerreich zerschlugen. Millionen von Toten - darunter ein hoher Prozentsatz von Donauschwaben – ruhen in den Soldatenfriedhöfen des Ersten Weltkrieges. Vorboten, gewissermaßen, des bald darauf folgenden Massensterbens, des unsagbaren Elends und der allgegenwärtigen Not der Donauschwaben im Zweiten Weltkrieg, der zugleich das Ende des Südostdeutschtums einläutete. In diesem schaurigsten Teil der Geschichte der Südostdeutschen, in dem die Männer zunächst in den Armeen ihrer Heimatländer, später infolge zwischenstaatlicher Verträge vorwiegend in der Waffen-SS kämpften und starben, standen viele von ihnen in der Division "Prinz Eugen" nochmals in der Tradition der einstigen Militärgrenze. Der letzte Divisionskommandeur, General Otto Kumm, hat ihnen ein ehrenvolles schriftliches Denkmal gesetzt.
Der Film schildert die Schrecken der Flucht, der Rußlandverschleppungen und das grenzenlose Leid in den Partisanenlagern Titos. Er erwähnt die über 20000 donauschwäbischen Kinder, die man ihren Eltern und Angehörigen fortnahm, um sie zu serbischen Partisanen zu erziehen. Die Bărăganverschleppung im Sommer 1951 schließt die äußeren Zwangsmaßnahmen zwar ab, doch bleiben Diskriminierung und Vertreibungsdruck bis in die Gegenwart bestehen.
Wie tief die Ereignisse, denen Zehntausende Donauschwaben zum Opfer fielen, die Menschen berührten, geht auch daraus hervor, daß es aus dieser Zeit kaum Bilder gibt. Auch dort, wo manche noch im Besitze eines Photoapparates waren, wie bei der Flucht im Herbst 1944, unterließen sie es fast völlig, das Geschehen im Bild festzuhalten. Die Not des Überieben-Wollens ließ hierzu keinen Raum.
So stammen viele Bilder von unseren großen Malern, Stefan Jäger (†) sowie von Julius und Viktor (†) Stürmer, die das Geschehen am eigenen Leibe erfuhren. Die düsteren Bilder der Brüder Stürmer geben beredtes Zeugnis ab von dem traumatischen Erleben vieler Jahre, die sie im Ursprungsland des Kommunismus in sowjetischen Gulags verbringen mußten.
Alles in allem ein erschütternder Film. Die an einer Stelle etwas mangelhafte Tonqualität (Bărăganverschleppung) tut dem Gesamteindruck keinen Abbruch. Man möchte sich eine Fortsetzung wünschen, als Dokumentation der Jahre nach all dem grausigen Geschehen, das die Lebensverhältnisse der wenigen in Jugoslawien verbliebenen Deutschen, der Deutschen in Ungarn und den Weg bis zum (nahezu!) endgültigen Exodus der Deutschen aus Rumänien beschreibt und über ihre Fußfassung und Seßhaftwerdung in Europa und Übersee, zumeist jedoch in der einstigen Urheimat der Vorfahren, berichtet. Die vorliegende Kassette sollte in keinem donauschwäbischen Hause fehlen.

Bemerkung:
Video- und Tonkassette von Franz Dürrbeck. Laufzeit 73 Minuten.

Repro:
"Im Eisenbergwerk". Banater Schwaben in der russischen Deportation (1945-1949) Federzeichnung von Lorenz Klugesherz