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Ankunft an der Donau

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Ankunft der Einwanderer an der Donau
Einstufung
Katalognummer: 1022
Oberkategorie Siedlungsgeschichte der Banater Schwaben
Kategorie Historische Momente
Unterkategorie Einwanderung
Bilddaten
Entstehungsjahr
Breite 37,5 cm
Höhe 17,5 cm
Maltechnik Tusche
Signatur St.J. (unten links)



Bildbeschreibung

von Karl-Hans Gross
Die als "Ausschiffung der Kolonisten" benannte Tuschzeichnung auf Papier auf der auch feine Linien und Striche der mit Bleistift vorgezeichneten Umrisse zur kompositionellen Bildeinteilung des volkreichen Geschehens erkennbar sind und daselbst vom Künstler beibelassen wurden kann als ein minuziös ausgeführter Entwurf aufgefasst werden, der möglicherweise auch als Vorlage für eine größere Arbeit vorgesehen worden war. Dennoch, ein Gemälde dieser Art ist uns nicht bekannt. Lediglich eine als Aquarell bezeichnete Variante (Skizze) zu der von uns präsentierten Tuschzeichnung ("Ausschiffung") hatte man 1970 unter dem eigenwillig gesetzten Titel: "Die Ankunft der Kolonisten in Peterwardein an der Donau" in der "Banater Zeitung" (Temeschburg) abgedruckt. Dazu schrieb der damalige Geschichtslehrer Al. Rusu folgenden Text: "Sie kamen auf Kähnen, die am Ufer von Ochsen gezogen wurden. Im Hintergrund sind die Umrisse der Festung Peterwardein und der Kirche zu erkennen (...). Es handelt sich um Einwanderer der ersten Periode der Kolonisierung unter Karl VI. Sie waren von Wien in einem so genannten "Wasserschub" auf der Donau unter militärischer Bedeckung hergebracht worden, damit sie nicht fliehen konnten. Auf dem Bild sieht man, wie sie bei der Ankunft von Soldaten und Priestern empfangen werden, selbst ein Franziskaner ist da. Auf Ochsenwagen werden sie ins Inland befördert. In dem Fuhrmann kann man leicht einen rumänischen Bauern erkennen (…)
Den Sinn dieser Worte zur abgefassten "Bilderläuterung" beachtend, sei vorweg bemerkt, dass dem nicht gerade so in jeder Hinsicht gewesen ist! Denn erstens wurden die nauwärts fahrenden "Kähne" (Ulmer Schachteln) nicht von Ochsen gezogen und zweitens handelt es sich in der von Stefan Jäger künstlerisch verarbeiteten Szenerie weder um einen zwangsverschickten "Wasserschub" noch um den Empfang der Ankömmlinge durch jenen Priester, der an der Seite einiger Soldaten zu sehen ist. Ebenso läßt es sich bezweifeln, ob mit dem vor dem Ochsenwagen stehenden Fuhrmann ein Rumäne gemeint ist? Außerdem wäre noch mit Nachdruck zu erwähnen, dass es sich bei dieser Variante die bis auf einige unbedeutende Abwandlungen oder detailhafte Zuordnungen der hier präsentierten Tuschzeichnung nicht nur im wesentlichen, sondern überhaupt entspricht "um die Ankunft in Peterwardein" nicht handeln kann, weil dieser Ort auf der anderen Seite des Flusses, dem rechten Donauufer, liegt. Allerdings sieht man die Silhouette des Hügels mit der Peterwardeiner Festung und der Kirche im Hintergrund des Bildes, doch diesseits am linken Ufer der Donau erstreckt sich jenes Gebiet der Peterwardeiner Schanze, an deren "Lände" die beiden abgebildeten Zillen "verheftet" sind. Es ist jener Ort, der 1694 als Dörflein bestanden und sich allmählich zu der als Neusatz benannten Stadt entwickelt hat.…
Das auf der … Tuschzeichnung …dargestellte Geschehen widerspiegelt Vorkommnisse am Donauufer der Peterwardeiner Schanze/Neusatz, wie sie sich möglicherweise bei der Ausschiffung, der Ankunft der Kolonisten, zugetragen hatten.
Im Zentrum des volkreichen Geschehens stehen zwei Personen, die im vorderen Blickfeld des Bildes einander gegenübergestellt sind: der Priester, in seiner langen, schwarzen Sutane, der das Ansiedlungspatent dem mit offener, ausgestreckter Hand dastehenden Populationskommissar entgegenhält. Diesen beiden Hauptfiguren, von welchen der Priester zweifelsohne als Anführer der an Land gegangenen Einwanderer zu bezeichnen ist, sind zwei Siedler, einerseits, und ein Offizier der Militärgrenze, andererseits, anbeigestellt.
Stefan Jäger hat mit diesem konzeptionellen Aufbau der kleinen Personengruppe im Mittelfeld des Bildes eine inhaltliche Aussage gemacht, die zu einer konkreten Begebenheit der Ansiedlung von Landesstreu/Hatzfeld (Banat) in direkter Verhältnisbeziehung steht, da nämlich Pfarrer Sebastian Blenckner aus Sien (Pfalz) als Anführer einer Einwanderungsgruppe, im Jahre 1766, mit 90 Siedlerfamilien nauwärts gefahren und "unten" an der Donau an Land gegangen war…
Die in der linken Bildhälfte aufgebaute volkreiche Szene wird von zahlreichen Personen Männern, Frauen, Kindern in eindringlicher Weise veranschaulicht und belebt. Sie sind an den typischen Trachtenkleidern, wie wir sie vom großen Einwanderungstriptychon her kennen, als deutsche Einwanderer zu erkennen, die um ein paar bereitgestellte Ochsenwagen angeordnet sind. Es ist jener Augenblick kurz vor dem Aufbruch wahrgenommen, wo manche noch am "Wegrand" lagern, andere schon bereit zum Abmarsch sind oder den Wagen mit Bagage noch beladen, während junge Mütter mit ihren Säuglingen im Schoße und marode Leute schon oben auf den Wagen hocken. Außer dieser volkreichen Szenerie im Mittelfeld und Vordergrund des Bildes treten die beiden an der "Lände" (Landeplatz) "verhefteten" Zillen (weiter hinten am linken Ufer ist noch eine dritte Zille mit ein paar Strichen umrissen) ins Blickfeld des aufmerksamen Betrachters, so wie sie uns schon bereits bekannt geworden sind. Dabei ist jener Moment vom Künstler in der Federzeichnung festgehalten, in dem die Zille von einem Schiffer mit dem "Haft" (Seil, Tau) am "Haftstecken" (Uferpflock) an der "Lände" "vertieftet" wird, während ein anderer weiter hinten, an einem Schiffsseil ziehend, sich dem Gegenzug des Schiffes mit ganzer Kraft entgegenstemmt. Auf dem Satteldach des Schiffes macht sich ein Ruderknecht am Haft zu schaffen, während die ersten (oder letzten?) Siedler aus der "Zurichtung" (Bretterhütte) kommen und an Land gehen, wo ihnen bereits begegnet wird. Über dem Satteldach der "Zurichtung" auf dem zweiten Schiff erkennt man das aus Brettern gezimmerte Gerüst (die Stände), mit den langen Ruderbäumen in den "Wieden" ("Reiben", Ringe aus Haselnuss oder Weidenzweige) hängend, die von daher eben jetzt vom "Stoirmann" (Steuermann) bedient werden.

Bibliografie zum Bild

Beschreibung

  • Karl-Hans Gross:Skizzen, Studien und Entwürfe. Hrsg. Heimatortsgemeinschaft (HOG) Hatzfeld, Spaichingen im Oswald Hartmann Verlag, Sershaim, 2004, S. 49 - 50; 52 - 53;

Reproduktion