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Der dritte Banater Buch-Kalender

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Bibliografie
Artikel Nummer:
Autor Name: W. H.
Titel des Artikels : Der dritte Banater »Buch-Kalender«
Untertitel des Artikels: Im Banat-Verlag Erding ist der Banater Kalender 2010 erschienen
Publikation: Zeitung
Titel der Publikation: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 53
Ausgabe: 23/24
Datum: 10.12.2009
Seite: 8
* [[W. H.]]: [[ART:0831 - Der dritte Banater Buch-Kalender|<i>Der dritte Banater »Buch-Kalender«</i>. Im Banat-Verlag Erding ist der Banater Kalender 2010 erschienen]]. Banater Post, München 10.12.2009 (Jg.53), S. 8
Ein Jahrbuch mit unverwechselbarem Gesicht

Im Banat-Verlag Erding ist der Banater Kalender 2010 erschienen<br/> Ein Jahrbuch mit unverwechselbarem Gesicht

Gibt es das Wort Buch-Kalender? Oder ist die Bezeichnung, die in jüngster Zeit öfters zu hören ist, lediglich eine verdeutlichende Neuprägung auf etwas, das im Verständnis der Banater Deutschen seit altersher schlicht „Kalender“ oder in der schwäbischen Mundart „Kulener“, nach dem Zweiten Weltkrieg allenfalls noch „Almanach“ hieß? Der Ausdruck Buch-Kalender ist auf den Banater Kalender gemünzt und meint das Jahrbuch mit über 300 Seiten Text und zahlreichen Bildern, das der Banat-Verlag Erding seit drei Jahren in ebenso anziehender wie gediegener Aufmachung und auf Kunstdruckpapier gestaltet herausbringt. Da die Tradition des Kalendermachens in Buchform in Deutschland am Erlöschen ist, versteht man unter „Kalender“ allgemein die bunten Wandkalender, die der Buchhandel schon im Hochsommer für das nächste Jahr anbietet. Anders das Jahrbuch des Banat-Verlags: Es setzt bewusst die zwei Jahrhunderte lange Tradition der Banater Kalender fort. Es ist von der Konzeption her ein traditionelles, vom Inhalt, von der Gestaltung und Ausstattung her jedoch ein modernes Banater Lesebuch, das nicht nur ein Jahr lang, sondern darüber hinaus noch lesenwert sein will. Die Herausgeber setzen dabei breites Interesse voraus, insbesondere für die Bereiche aktueller Bericht, Banater Geschichte und Zeitgeschichte, Volkskunde, Heimatkunde und Mundart, Kulturgeschichte, Literatur und Kunst; diese Schwerpunktgebiete berücksichtigt auch der Aufbau ihres Kalenders für das kommende Jahr. Als Novum legen die Herausgeber dem Kalender überdies einen Kunstdruck des Einwanderungsbildes von Stefan Jäger bei, das vor hundert Jahren – am 15. Mai 1910 – in Gertianosch enthüllt wurde und „Ein Stück von uns selbst“ geworden ist, wie Franz Heinz schreibt.

Aktueller Bericht und historischer Rückblick

Im traditionellen Kalendarium mit den Mondphasen, Fest- und Feiertagen sind für jeden Tag im Jahr die gebräuchlichsten Namenstage angeführt, Banater Bauern- und Wetterregeln in Mundart und Farbfotografien (für jeden Monat je ein Bild aus Banater Heimatstuben und volkskundlichen Sammlungen) sowie ein Landschaftsbild aus unserem Herkunftsgebiet ergänzen die kalendarische Information. Im anschließenden Rückblick auf das Jahr 2009 werden bedeutende Banater Veranstaltungen und Ereignisse in Deutschland und im Banat in Wort und Bild in Erinnerung gerufen und zusammenfassend dokumentiert: die Banater Heimattage in Augsburg und Temeswar, das Volkstanzfestival mit Großem Schwabenball in Göppingen, das Antonitreffen in Freiburg, das Faschingstreiben der 1. Banater Karnevalgesellschaft NORIS BANATORIS in Nürnberg, die Aufführung eines Mundartstückes von Stefan Heinz-Kehrer durch die Gruppe „Tronauer Kumedi“, ebenso die Jubiläumsfeier „Vierzig Jahre Schubert-Chor“ in München, die Gründung des „Gerhardsforums Banater Schwaben“, zehn Jahre Banater Seniorenzentrum „Josef Nischbach“ in Ingolstadt, die Instandsetzung der Kapelle auf dem Silascher Weinberg oberhalb des Kurortes Busiasch oder das 25. Weihejubiläum des engagierten Heimatpriesters Peter Zillich, des Pfarrers mit dem Akkordeon am Altar, wie ihn nicht nur seine Landsleute kennen und mögen. Sicher ist damit nur ein Bruchteil dessen benannt, was im Laufe eines Jahres an Bemühungen um den Erhalt, die Pflege und Weiterentwicklung der Banater Kultur in Deutschland und im Banat geschieht, und doch bietet dies schon einen umfassenden Überblick auf die gegenwärtige Formenvielfalt der Begegnungen, des Miteinanders und des Austauschs innerhalb der Banater Gemeinschaften hier und dort. Auch Jubiläen bieten sich dazu an: 150 Jahre erfolgreiches Wirken der Notre-Dame-Schulschwestern im Banat, das Franziska Graf in ihrem Beitrag „Fördern und fordern mit Liebe und Strenge“ würdigt, oder Fünfzig Jahre Gelöbniswallfahrt der Donauschwaben nach Altötting in Bayern. Der umfangreichste thematische Teil ist der Banater Geschichte und Zeitgeschichte gewidmet, in dem wesentliche Momente, Ereignisse und Entwicklungen von der Zeit der Einwanderung der Deutschen ins Banat bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts beleuchtet werden. Der Familienforscher Anton Krämer befasst sich mit dem in den letzten Jahrzehnten kaum behandelten Thema der Kolonistenwerber für die Banatbesiedlung im 18. Jahrhundert. In einer breit angelegten Darstellung geht Georg Schmidt auf die Geschichte der deutschen Evangelischen Kirchengemeinden Augsburger Bekenntnisses im rumänischen Banat ein. Ein Ereignis von großer Nachhaltigkeit wird im Beitrag „Vor 175 Jahren wurde Arad Königliche Freistadt“ angesprochen und dabei auch des damals amtierenden Bürgermeisters Dominik Heim gedacht, dessen Geburtstag sich im nächsten Jahr zum 225. Mal jährt.
Breiten Raum hat der Herausgeber der tragischen Geschichte über die Banater Industriellenfamilie Maderspach in der Zeit der Revolution von 1848/49 gegeben: Walter Tonța umreißt die Herkunft der weithin bekannten, hochangesehenen Familie und stellt den Offizier Franz Maderspach, den „Held von Weißkirchen“, in den Mittelpunkt seiner Betrachtung („Industriepioniere und Freiheitskämpfer“); Radegunde Täuber porträtiert den erfolgreichen Erfinder und Fachmann im Hängebrückenbau, Carl Maderspach und dessen Ehefrau Franziska. Die Tragödie des Ehepaares gipfelt in den Ereignissen am 23. August 1849 in Russberg, als die junge Frau nackt öffentlich ausgepeitscht wurde, worauf ihr Mann in den Freitod ging. In dem Beitrag werden zum ersten Mal wesentliche Fragmente aus den erschütternden Erinnerungen der Franziska Maderspach im originalen deutschen Wortlaut veröffentlicht. Historische Momente im Banat des 20. Jahrhunderts beschreiben Tiberius Huszka in „Die Grubenkatastrophe von 1920 in Anina“, bei der 183 Bergarbeiter den Tod fanden, Friedrich Eberle in seinen Erinnerungen an die Russlandverschleppung („Einmal satt Brot“) und Johann Steiner und Walter König in dem Fragment „Hinrichtung an der Grenze“ aus dem Band „Die Gräber schweigen“. Inhaltlich sind diesem Kapitel auch die im Abschnitt Literatur und Kunst veröffentlichten Gedichte von Luisa Lang Owen (USA) und die Holzschnitt-Illustrationen des Grafikers Robert Hammerstiel (Österreich) zuzuordnen; in ihnen werden grauenvolle Erlebnisse der beiden Banater Künstler in den Tito-Lagern im Westbanat in den Jahren 1944–48 künstlerisch verarbeitet.
Wie groß die Lücken im vermittelten Schulwissen zur Banater Geschichte in den letzten hundert Jahren waren und sind, damit setzt sich der Publizist und Buchautor Hans Fink in seinem Beitrag „Brüche in unserem Geschichtsbild“ auseinander. Dr. Hans Dama würdigt das Wirken des namhaften Quellenforschers zur Banater Geschichte, Dr. Alexander Krischan, der im Sommer 2009 verstorben ist.

Kulturgeschichte, Volkskunde, Literatur und Kunst

Wissenslücken schließen helfen, das ist auch das Anliegen weiterer Beiträge, insbesondere durch die biografische Übersicht „Erinnern, Gedenken, Jubilare 2010“ und dem vorangestellten Beitrag von Hans Fink, in dem auf die Notwendigkeit der Dokumentation der großen Leistung der Banater technischen Intelligenz hingewiesen und am Beispiel von vierzig Persönlichkeiten der Umfang und die Tragweite eines solchen Vorhabens vermittelt wird. Dr. Franz Metz erinnert an den 2008 verstorbenen Komponisten Walter Michael Klepper und veröffentlicht darin die erste chronologische Übersicht auf dessen Gesamtwerk. Kulturhistorisch aufschlussreich sind die Beiträge von Franz Heinz, Annemarie Podlipny-Hehn, Karl-Hans Gross und Walther Konschitzky über das Einwanderungsbild von Stefan Jäger, das vor hundert Jahren enthüllt wurde und eine Wirkung erzielte, wie es keinem weiteren Werk eines Banater Künstlers je gelungen ist.
Erinnert wird desgleichen, dass 2010 auch das Lloyd-Palais in Temeswar hundert Jahre alt wird, mit dessen Errichtung die Jugendstil-Prachtzeile – der Corso – ihren Anfang genommen hat. Der Historiker Dr. Lajos Kakucs stellt zwei herausragende Banater Pioniere des Flugwesens vor: Nemthy aus Arad und Asboth aus Pankota, ebenso porträtiert er Karl / Károly Inger, jenen Temeswarer, der Ausgang des 19. Jahrhunderts unter abenteuerlichen Umständen Vizekönig von Somalia wurde. Zwei verschwundene Banater Landschaften rufen die beeindruckenden Beiträge von Dr. Hans Dama in Erinnerung: „Ada Kaleh – das verhinderte Weltkulturerbe“ und von Wilhelm Weber „Das Angler- und Jägerparadies an den Billeder Teichen“.
In Fortführung seiner volkskundlichen Darstellung im Kalender 2009 untersucht Dr. Hans Gehl die Bedeutung raum- und gemeinschaftsprägender Symbole der banatdeutschen Bevölkerung einst und heute, Begriffe, Einrichtungen, Bezugsorte und Volksbräuche wie: Heimat, Landsleute, Kirchen, Kirchweih, Hausformen, Barockgiebel oder Heimatstuben. Der Musikwissenschaftler und Ethnologe Gottfried Habenicht stellt den schwäbischen Volksbrauch der „Rejnmotter“ in seinem kulturhistorischen Bezug vor: „Die Regenmutter – ein Banater Fruchtbarkeitsbrauch“.
Aus volkskundlicher und kulturhistorischer Sicht setzt sich Barbara Gaug mit Kraut als einem Grundnahrungsmittel in der traditionellen Ernährungsweise der Banater Schwaben auseinander („Vum Kraut werd mer scheen!“); Anton Bleiziffer veranschaulicht, wie die Ziehharmonikaspieler aus Sanktanna in Deutschland eine Musiktradition fortsetzen, die im Herkunftsgebiet fast schon verklungen ist.
Ausführliche Würdigungen namhafter Banater Schriftsteller und Künstler zeichnen Heinrich Lay über Karl Wilhelm Ritter von Martini, dem „Begründer der donauschwäbischen Literatur“, anlässlich seines 125. Todestages, Dr. Hans Dama über Rudolf Hollinger zum 100. Geburtstag, Gottfried Habenicht über den ersten, den bekanntesten und auch beliebtesten Banater Mundartdichter Johann Szimits zum 100. Todesag („E razische Schwob“), Dr. Walter Engel über den Schriftsteller und Publizisten Franz Heinz („Zwischen Heimat und Welt“) und über den Maler Franz Kumher („Streben nach Harmonie und Schönheit“). Gedichte und Prosa von Rudolf Hollinger, Franz Heinz, Luisa Lang Owen, Julia Schiff, Julia Henriette Kakucs und Robert Schiff, banatschwäbische Mundartgedichte, heitere Erzählungen und Schwänke von Johann Szimits, Waltraut Binschedler, Robert Frank, Fanz Marschang, Hans Niedermayer und Rainer Kierer, Gemälde von Stefan Jäger, Julius Stürmer, Franz Kumher, Hans Hausenstein-Burger und Helmut Scheibling, Plastiken von Ingo Glass sowie Grafikarbeiten von Robert Hammerstiel, Karin Graf, Joseph Ed. Krämer und Peter Froh runden den Block Literatur und Kunst ab. Und damit ist noch nicht alles benannt, was der Banater Kalender 2010 als lesenswerte Lektüre und sehenswerte Bilder für ein Jahr anbietet!

H.W.

Banater Kalender 2010, 304 Seiten und eine Beilage, Preis 18 Euro zuzüglich Versand. Bestellungen an Banat-Verlag, Zugspitzstraße 64, 85435 Erding, Telefon 08122 / 229 3422; E-Mail: banatverlag@gmx.de.

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