Peter Jung gestorben
Bibliografie | |
---|---|
Artikel Nummer: | 0050 |
Autor Name: | Anton Valentin |
Titel des Artikels : | Peter Jung gestorben |
Untertitel des Artikels: | Zeitung |
Publikation: | Banater Post |
Erscheinungsort: | München |
Jahrgang: | 11 |
Nummer: | 10 |
Datum: | 15.10.1966 |
Seiten: | 6-7 |
* [[Anton Valentin]]: [[ART:0050 - Peter Jung gestorben|<i>Peter Jung gestorben</i>. Zeitung]], München 15.10.1966 (Jg.11 Nr.10), |
In Hatzfeld ist der Heimatdichter Peter Jung im 80. Lebensjahr Mitte August gestorben und unter großer Teilnahme der Bevölkerung zu Grabe getragen worden. Die Nachricht erfüllt uns alle mit einem Gefühl tiefer Trauer, die ihn, den Menschen und seine Dichtung kannten und schätzten, die Landsleute in der Banater Heimat und in aller Welt. Er trug in sich den Heimatstolz der Hatzfelder, gehörte er doch zu den Männern, die der Metropole der Banater Heide das geistige Gesicht gaben. Sein heißer Wunsch, den Lebensabend in Deutschland verbringen und die Herausgabe einer Auswahl seiner lyrischen Schöpfungen noch erleben zu können, ging leider nicht in Erfüllung. Ehrfurchtsvoll wollen wir Banater Schwaben in der freien Welt in Gemeinschaft mit den Landsleuten in der Heimat des Verstorbenen gedenken.
Peter Jung wurde am 3. April 1881 als Sohn des Kleinbauern-Ehepaares Mathias Jung und Katharina, geb. Reichardt in Hatzfeld geboren. Er besuchte die Volksschule und die Bürgerschule seiner Heimatgemeinde und war anschließend in Budapest beruflich tätig. Er leistete im ersten Weltkrieg in einer Einheit der k.u.k. Armee Wehrdienst und kehrte 1918 in die Heimat zurück. Von der willkürlichen Zerstückelung des Heimatbodens durch den Trianoner Vertrag war die Groß-Gemeinde Hatzfeld schwer getroffen. Sie wurde zuerst an den neugeschaffenen südslawischen Staat und 1923 an Rumänien angeschlossen, dabei wurde jedesmal nicht nur ein für die wirtschaftliche Entwicklung notwendiger Teil der Umgebung mit deutschen Gemeinden aber auch ein großer Teil des Feldbesitzes losgetrennt, wodurch die Gemeindebevölkerung einen Schaden hinnehmen mußte. Die Vitalität einer Reihe von Persönlichkeiten, darunter Ziegelei-Direktor Treiß und Prof. Peter Heinrich, ließ das Bauernstädtle Hatzfeld bereits im stürmischen Revolutionsherbst von 1918, der ein mächtiges Auflodern der deutschen Bewegung brachte, ein Zentrum des Deutschtums in Jugoslawien werden. Kraftvolle Impulse gingen von hier aus, die zur Konstituierung des deutschen kulturellen und politischen Lebens führten. Das Deutschtum des neuen Staates setzte sich aus den Siedlungsgruppen Banat, Batschka, Syrmien, Slowenien, Gottsche und Unter-Steiermark zusammen, die vorher den Staaten Ungarn, Kroatien und Osterreich angehörten.
Die Gründung eines achtklassigen Gymnasiums als Vollanstalt in Hatzfeld mit deutscher Unterrichtssprache im Herbst 1918 durch die Aufstockung der vorhandenen Bürgerschule war eine so kühne wie segensreiche Improvisation, denn sie besaß noch weit über ihre kurze Existenz hinaus eine Ausstrahlungskraft auf die Jugend, die sich von hier, vom guten Geist dieser Schule, das geistige Rüstzeug für das Leben holte.
Zu den Männern, die an dem großen geistigen Aufbruch in der Heimat nach 1918 und im besonderen in Hatzfeld einen maßgeblichen Anteil haben, gehört auch Peter Jung. Die Errichtung und Aufrechterhaltung der Kulturinstitutionen, wie das Gymnasium, erforderte beträchtliche Opfer. Sie wurden von einer breiten Schicht willig getragen. Was unsere Menschen dieser Zeit, denen man knickerigen Geiz, eine nimmersatte materialistische Lebensauffassung nachredete, dazu befähigte war die hingebungsvolle Begeisterung für die gute Sache unserer Volksgruppe, deren Lebensrecht und Lebenswillen ein chauvinistischer Nationalismus zu unterdrücken suchte. Durch seine Gedichte und seine Beiträge in der "Hatzfelder Zeitung", die er ab 1920 leitete, hat Jung er verstanden des Feuer, die Einsatzbereitschaft im Kampf um die Rechte unserer Volksgruppe wachzuhalten.
Die Bedeutung als Schulzentrum hatte Hatzfeld nach seiner Eingliederung in den rumänischen Staat (24. Novemher 1923) wohl eingebüßt, es hat sich aber in der folgenden Zeit im Kulturleben des Banates auch weiterhin einen beachtlichen Platz zu sichern gewußt. Hier wirkten neben dem Dichter Peter Jung der Schriftsteller und Wahlbanater Karl von Möller, der Maler Stefan Jäger, die Musiker Prof. Josef Linster und Prof. Emmerich Bartzer, vom Kunstsinn der Hatzfelder Bevölkerung, der Bauern, Handwerker, Arbeiter, Kaufleute und Akademiker, ferner von dem edlen Mäzenentum eines Generaldirektors Michael Undis, Mühlendirektor Michael Koch, Ziegelei-Direktor Michael Treiß und Schuhfabrikant Johann Schmidt getragen, entfaltete sich ein vielschichtiges Kulturleben. Sein repräsentativer Rahmen war der Jugendverein "Landestreu" mit seiner verzweigten Gliederung, darunter der 90 aktive Sängerinnen und Sänger erfassende Gesangverein unter der Stabführung von Prof. Josef Linster und das geräumige Vereinhaus mit dem großen Festsaal, dessen Stirnseite über der Bühne ein Fresko von Franz Ferch zierte. Prof. Josef Linster vertonte eine Anzahl von Gedichten Peter Jungs und Nikolaus Lenaus. Er war im Herbst 1944 mit seiner Gattin nach dem Westen geflüchtet und starb 1952 in Grieskirchen/ Oberösterreich. Karl von Möller, von dem eine Anzahl von gern gelesenen Heimatromanen mit Banater historischem Untergrund erschienen waren, ist bereits im Februar 1943 in Hatzfeld zu Grabe getragen worden. Stefan Jäger verschied 1963 im hohen Alter in Hatzfeld. Der einzige Überlebende der großen Hatzfelder Kulturschaffenden, Prof. Emmerich Bartzer verfaßte neben der Vertonung von Gedichten unserer Heimatdichterin Annie Schmidt-Endres zahlreiche Instrumental-Kompositionen für Streichorchester, die wiederholt auch im rumänischen Rundfunk zur Aufführung gebracht wurden.
Zum 50. Geburtstag Peter Jungs habe ich in der von mir 1933-1938 herausgegebenen und geleiteten Zeitschrift "Banater Monatshefte" im 4. Jahrgang Heft 5 1937 – vor nahezu: dreißig Jahren also – dem Freund und Mitarbeiter, es sind zahlreiche Gedichte von ihm in der Zeitschrift veröffentlicht, eine Würdigung gewidmet, die vollinhaltlich auch heute ihre Gültigkeit hat. Ich möchte daraus zum Anlaß des Heimgangs Peter Jungs lobende Zeilen hier wiederholen: "Das Volkstum, durch die Landschaft, seine geliebte Banater Heide, geformt und der Glaube, sind die beiden Kraftquellen, aus denen Peter Jungs Schöpfertum strömt. Seine Gedichte – es sind uns keine größeren Prosawerke von ihm bekannt – gehören zur Lyrik, der schlechthin das Beiwort rhetorisch gegeben wird. Sie packen und rütteln auf in einer Unmittelbarkeit, die von neuem überrascht und gefangennimrnt. Seine völkischen Kampf- und Heimatlieder haben zur Vertiefung des jungen Volksgefühls des Banater Deutschtums beigetragen und behalten als Dichtung des völkischen Erwachens dieser Volksgruppe ihre Bedeutung. In der letzten Zeit wendet er sich der religiösen Lyrik zu. Sein Dichten wie sein Leben enthält so manche wahlverwandte Züge mit dem Banater Arbeiterdichter Nikolaus Schmidt... Eine dionysische Natur, die einer erschlaffenden Welt des Lichtes Himmelsfackel reicht, sich selbst aber an dem inneren Feuer der Seele verzehrt... Gedichte von ihm sind in Zeitungen und Zeitschriften erschienen, von Hatzfeld aus wirkt er auch als Mitarbeiter verschiedener Tageszeitungen. Man liest seine Leitartikel gerne, die zu einem aktuellen Problem Stellung nehmen. Vor kurzem hat der Dichter das Ergebnis seines bisherigen Schaffens gesichtet und in vier Bänden zusammengefaßt, die nun in Handschrift vorliegen: ,Das Hohelied der Heimat', ,Das Heiligenjahr', ,Der Ewige' und ,Das Buch der Sprüche', das etwa 4.000 Sprüche enthält. Wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, daß es doch gelingen wird, die Gedichte Peter Jungs in Buchform herauszubringen. Es wäre eine Genugtuung, die wir ihm schuldig sind."
In Peter Jung ist ein Mann von uns gegangen, der am Wiederaufbau des deutschen kulturellen und politischen Lebens der Banater Heimat zwischen den zwei Weltkriegen als Dichter und Journalist einen rühmlichen Anteil hat. An seinem frischen Grab im fruchtbaren Boden der Banater Heide wollen wir unser ihm schuldiges Dankgefühl dafür bezeigen. Im Namen der ehemaligen Sängerinnen und Sänger des Banates, die in ihrem Vereinschor oder im mehrtausend Mann starken Massenchor des Banater Deutschen Sängerbundes bei festlichen Anlässen zum Lob der Heimat oft sein von Prof. Josef Linster vertontes hymnisches Lied "Mein Heimatland" gesungen haben, grüße ich dem stumm schlafenden Sänger mit den Worten der ersten Strophe dieses Liedes:
Das Land, wo meine Wiege stand,
wo Wohl und Weh mein Herz empfand,
der junge Tag mir zugelacht,
als ich in Mutters Arm erwacht,
der Wachtel Schlag, der Lerche Sang,
mir in die zarte Seele klang,
und all der Fluren holdes Grün
als eine Zauberwelt erschien:
o Land, Du allerschönstes Land!
Mein Heimatland! Banater Land!
Auf Erden ist kein Land dir gleich,
als wärst du selbst das Himmelreich!
Die Banater Schwaben werden Peter Jung ein treues Gedenken bewahren. Er ruhe sanft in der Banater Erde, zu deren Lob so oft sein Lied erklang!