Stefan Jägers Einwanderungstriptychon als Unterrichtsmaterial
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | 1104 |
Autor Name: | Walter Tonța |
Titel des Artikels : | Stefan Jägers Einwanderungstriptychon als Unterrichtsmaterial |
Untertitel des Artikels: | Thema „Migration“ in der Grundschule |
Publikation: | Zeitung |
Titel der Publikation: | Banater Post |
Erscheinungsort: | München |
Jahr: | 2016 |
Jahrgang: | 60 |
Nummer: | 17-18 |
Datum: | 15.09.2016 |
Seite: | 9 |
* [[Walter Tonța]]: [[ART:1104 - Stefan Jägers Einwanderungstriptychon als Unterrichtsmaterial|<i>Stefan Jägers Einwanderungstriptychon als Unterrichtsmaterial</i>. Thema „Migration“ in der Grundschule]]. Banater Post, München 2016 15.09.2016 (Jg.60 Nr.17-18), S. 9 |
Thema „Migration“ in der Grundschule
Wie oft Stefan Jägers Einwanderungstriptychon seit seiner feierlichen Enthüllung im Jahr 1910 in verschiedensten Medien reproduziert wurde, lässt sich wohl nie ganz genau eruieren. Das symbolträchtige Gemälde ist den Banater Schwaben lieb und teuer, ist es doch ein Medium der kollektiven Erinnerung an die eigene Geschichte. So verwundert es nicht, dass das Einwanderungsbild in unzählige heimatkundliche Publikationen Eingang gefunden hat. Das Bild aber in einer der aktuellen Ausgaben einer Grundschulzeitschrift vorzufinden, hätte man kaum erwartet. Es handelt sich hierbei um die im Aulis Verlag erscheinende Zeitschrift „Sache – Wort – Zahl. Lehren und Lernen in der Grundschule“, deren Heft Nr. 157 vom April 2016 dem Thema „Migration“ gewidmet ist. Zum Herausgeberteam gehört auch Dipl.-Päd. Helga Ritter aus Buchen, Seminarschulrätin am Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Grundschule) Bad Mergentheim. Für das Migrations-Themenheft steuerte die Pädagogin den Beitrag „Auf der Suche nach einem ‚guten Leben‘: Menschen unterwegs“ bei.
Es seien „die täglichen Fernsehbilder und die hautnah erlebten sehr komplexen Situationen der Flüchtlingskinder in der Schule, die eine Thematisierung dieser Problematik im Schulalltag, im Unterricht und in der Lehrerausbildung zwingend notwendig machen, denn sie wirken massiv in die Gestaltung des Schulalltags hinein“, schickt die Autorin voraus. Deshalb sei es unverzichtbar, das Thema Migration schon in der Grundschule zu behandeln. Wichtig dabei sei, so Ritter, „mit Kindern an für sie verstehbaren Beispielen das Phänomen der Migration zu thematisieren, zu objektivieren und dadurch historisches Lernen anzubahnen“. Ausgehend von historischen und aktuellen Beispielen strebt der Beitrag eine sachadäquate und kindgerechte Auseinandersetzung mit Migration an.
Die Autorin streift zunächst grundlegende Aspekte des Themas (Begriffsdefinition, Ursachen, Formen, Wege, Neuanfang und Integration), um dann historische Migrationsprozesse exemplarisch darzustellen. Dass sie die Auswanderung nach Südosteuropa im 18. Jahrhundert unter die vier Praxisbeispiele einreiht, ist wohl ihrer Banater Herkunft geschuldet. Da der Zugang zu den historischen Migrationssituationen über Bilder vermittelt werden soll (aus nachvollziehbaren Gründen, leben Kinder doch in einer von Bildern überfluteten Welt), hat sich Helga Ritter zwecks Darstellung der deutschen Besiedlung des Donauraumes für Stefan Jägers Triptychon entschieden.
Das Bild ist in sehr guter Qualität (die Vorlage lieferte die Landsmannschaft der Banater Schwaben) als Material 1 im Beihefter abgedruckt. In einem ersten Schritt sollen die Kinder das Bild beschreiben, anhand gezielter Fragen die Geschichte hinter dem Bild entdecken, Vermutungen anstellen und angeregt werden, sich über die Sachverhalte zu informieren.
Um einen Bezug zu ihrer eigenen Lebenswelt herzustellen, werden in einer zweiten Sequenz die Kinder auf dem Bild in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Material 2 hält hierfür drei vergrößerte Bildausschnitte bereit. Die Fragen zielen darauf, die Situationen zu beschreiben, Empathie mit den dargestellten Kindern zu entwickeln und die Erkenntnisse aus der Vergangenheit in die heutige Zeit zu transferieren.
Die Arbeit mit geografischen Karten ist Gegenstand der nächsten Sequenz (Material 3). Durch das Suchen der Abwanderungsgebiete auf einer Deutschlandkarte sollen die Kinder erkennen, dass aus vielen Regionen des heutigen Deutschlands Menschen nach Südosteuropa ausgewandert sind. So kann ein Bezug zur Lokalgeschichte hergestellt werden. Darüber hinaus sollen sich die Kinder mit dem Weg der Auswanderer auf der Donau vertraut machen, indem sie diesen auf einer „stummen“ Karte verfolgen und einzeichnen.
Als letzten Schritt schlägt die Autorin eine Legearbeit mit Bildkarten vor, die den Zweck verfolgt, die Lerninhalte zu strukturieren und zusammenzufassen. Anhand von vier Bildern und der Informationen auf der Rückseite der Legekarten können sich die Kinder „ein Bild machen“ über Ursachen der Migration, Wanderwege und Ankunft im Zielland im jeweiligen historischen Kontext sowie heutige Zeugen dieser Wanderungsbewegungen. Zur Veranschaulichung dienen der als „Aufbruch“ bezeichnete linke Teil des Jägerschen Bildes, die Abbildung einer „Ulmer Schachtel“, die dritte Sequenz des Triptychons („Ankunft“) bzw. die Abbildung des Auswandererdenkmals am Ulmer Donauufer. Die Legekarten weisen für alle fünf Migrationssituationen – neben der Auswanderung nach Südosteuropa sind es die Immigration französischer Glaubensflüchtlinge nach Deutschland im 17. Jahrhundert, die Auswanderung nach Amerika, die Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs und danach sowie die Flucht heute – die gleiche Struktur auf. Dies ermöglicht als Abschluss der gesamten Unterrichtseinheit vergleichende und strukturierende Legearbeiten mit den Bildkarten sämtlicher behandelter Migrationsbeispiele.
Helga Ritters Beitrag versteht sich zwar als praktische Hilfestellung für den Sachunterricht in der Grundschule, ist aber auch Lehrkräften anderer Schularten wärmstens zu empfehlen. Die Anregungen und Ideen können durchaus auch in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen innerhalb unserer Landsmannschaft aufgegriffen werden. Die Autorin zeigt auf, wie geschichtliches Wissen über die Banater Schwaben im Schulunterricht hierzulande vermittelt werden kann. Das Beispiel sollte Lehrerinnen und Lehrern aus unseren Reihen als Anregung dienen.
PDF-Datei des Artikels
- {{pdf|ART_1104.pdf|Banater Post (Jg.60, Nr.17-18)}