Stefan Jäger Archiv

ART:0259 - Ausdruck des Selbst- und Weltverständnisses

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Bibliografie
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Aufsatztitel: Ausdruck des Selbst- und Weltverständnisses
Zeitungstitel: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 28
Nummer: 7
Datum: 15.07.1983
Seite: 23
* [[ART:0259 - Ausdruck des Selbst- und Weltverständnisses|. Ausdruck des Selbst- und Weltverständnisses. Banater Post München 1983]]


Aus dem kulturellen Leben

Zur Ausstellung der Banater Künstler in der Landshuter Rathausgalerie

Zum festlichen Auftakt der Kultur- und Heimattage der Banater Schwaben in Bayern gestaltete sich die Eröffnung der Ausstellung "Banater Künstler stellen sich vor" am 18. Juni in der Landshuter Rathausgalerie. In Anwesenheit des Landshuter OB Josef Deimer, mehrerer Stadträte sowie des Bundesvorstandes und des Landesvorstandes Bayern und des Vorstandes des Orts- und Kreisverbandes Landshut der Landsmannschaft der Banater Schwaben, stellte Heinrich Lauer nach der Begrüßung der Gäste durch Jakob Konschitzky dem zahlreich erschienenen Publikum die Arbeiten von 18 Künstlern vor, die alle aus dem Banat stammen und jetzt in der Bundesrepublik leben: Adalbert Neumann, Robert Schiff, Viktor Stürmer, Hans Hausenstein-Burger, Ingo Glass, Alfred Grieb, Walter Andreas Kirchner, Hildegard Klepper-Paar, Franz Kumher, Johanna Obermüller, Diet Sayler, Helmut Scheibling, Friedrich Schreiber, Peter Schweg, Helmut Stürmer, Julius Stürmer; ein Ehrenplatz im Rahmen der Ausstellung war den bereits verstorbenen Künstlern Altmeister Franz Ferch und Stefan Jäger zugedacht. Die nahezu 70 Gemälde, Graphikarbeiten, Aquarelle, Holz- und Stahlplastiken ermöglichten zum ersten mal einen Überblick über die Banater bildende Kunst in der Bundesrepublik Deutschland. Das Ergebnis war mehr als zufriedenstellend. In der Landshuter Rathausgalerie wurde in jeder Hinsicht ernst zu nehmende Kunst von weit überprovinziellem Charakter gezeigt.
Bedenkt man, daß diese 18 Künstler recht unterschiedliche Entwicklungswege gingen, daß z. B. Jäger und Ferch fast ausschließlich im Banat gewirkt haben, daß andere, wie Franz Kumher, Johanna Obermüller, Julius Stürmer, Adalbert Neumann seit Kriegsende hier leben und von der binnendeutschen Kunstszene geprägt wurden, und daß der Großteil der an der Ausstellung beteiligten Künstler entscheidende Jahre ihres Werdeganges in Rumänien verbracht haben, so stellt man sich unwillkürlich die Frage: Was verbindet diese Künstler heute noch? Inwieweit ist es überhaupt gerechtfertigt, sie als Banater Künstler zu bezeichnen?
Im Gästebuch der Ausstellung, die vom 18.6. bis zum 25.6. 83 zu besichtigen war, schreibt Halrun Reinholz (München): "Die Künstler verbindet nur ihre gemeinsame Herkunft. Gerade deshalb repräsentieren sie das Banat in seiner ganzen Vielfalt." Heinrich Lauer hat im Vorwort des Katalogs zur Ausstellung Ähnliches angesprochen: "Gemeinsame Herkunft verpflichtet zu nichts. Sie ermöglicht." Daß die gemeinsame Herkunft sehr viel ermöglicht und daß das Banat in der Aufgeschlossenheit und Vielfalt seiner bildenden Kunst über sich selbst hinauswächst, dafür haben unsere Künstler mit dieser Ausstellung den Beweis erbracht und darüber dürfen wir wohl Genugtuung empfinden.
Da an die Künstler keine thematischen Vorschriften ergingen und sie sich durch ihre Arbeiten so darstellen sollten, wie sie selbst gesehen und verstanden sein wollen, ist es nicht übertrieben zu sagen, daß durch diese Ausstellung Wesentliches über das Selbst- und Weltverständnis der Banater Künstler in der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck kam.
Der Ausstellungskatalog bezeichnet seinen ersten Teil als" Rückblick". Dieser Teil vereint jene Künstler, die das Bild des Banats, sei es durch die Landschaft, sei es durch das Schicksal seiner Menschen, in seiner Gegenständlichkeit erneut aufleben lassen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem konkreten Bild der ehemaligen Heimat ist mit dem Ausreisevisum noch lange nicht abgeschlossen - so zumindest zeigte es die Ausstellung. Mit welcher Eindringlichkeit aber die neue Wirklichkeit, in die sich unsere Künstler in der Bundesrepublik Deutschland gestellt sehen, zur Auseinandersetzung auffordert, machte die Ausstellung ebenfalls deutlich. Der Katalog faßt diese Auseinandersetzung im 2. Teil unter dem Begriff "Standpunkt" zusammen. Unsere Künstler haben die Wirklichkeit angenommen, sie leben nicht nur in ihr, sondern mit ihr und mühen sich redlich um ihre geistigästhetische Bewältigung. Damit bekennen sie sich erneut zum Schicksal ihrer Landsleute, denen die neue Heimat auch geistige Heimat werden soll.
Wie nahe aber im Geiste Begriffe und Werte liegen, die räumlich weit getrennt sind, wie Erkenntnisse und Erfahrungen als geistiges und künstlerisches Gut über politische Ereignisse und Grenzen hinweg gerettet werden können, auch das beweisen die Arbeiten unserer Künstler. Die von Ingo Glass gestaltete Ausstellung in Landshut hat diese Erkenntnis besonders augenfällig gemacht; es kommt nur darauf an, daß wir uns dieser Wahrheit nicht verschließe.

Foto:
Peter Krier, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern, bei der Eröffnung der Ausstellung in der Landshuter Rathausgalerie