Stefan Jäger Archiv

Brief an Prof. Gross

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Bibliografie
Artikel Nummer: 0623
Autor Name: Norbert Schmidt
Titel des Artikels : Brief an Prof. Gross
Jahr: 2001
* [[Norbert Schmidt]]: [[ART:0623 - Brief an Prof. Gross|<i>Brief an Prof. Gross</i>]] 2001

Sehr geehrter Herr Gross!

Danke für Ihren Brief; er bedeutet mir eine kleine Genugtuung , besonders weil die Reaktion auf „meinen“ Jäger von Ihnen kommt. Natürlich bin ich Subskribent „Ihres“ neuen Jägers (durch meine Schwester). Bitte „meinen“ und „Ihres“ nicht als Gegenüberstellung oder Vergleich aufzufassen, es wäre eine Vermessenheit meinerseits.
Z.Z. steht mein Zweitzelt für eine Weile in Berlin, mit ein Grund der etwas späten Antwort. Dieser Berliner Aufenthalt hat aber nichts mit der Wahl meines Jäger-Themas zu tun. Die fand schon davor statt. Vielmehr führt er mich näher zu Liebermann und Zille und ist vielleicht Anlaß, unseren Maler auch einigen Berlinern mal bekannt zu machen.
Die beiden Postkarten mit den rückseitigen Skizzen haben wir zusammen mit anderen Skizzen und Bildern aus dem Nachlaß des Meisters, teilweise von seiner Nichte erworben. Leider ist die eine Skizze sehr verwischt. Sie war vermutlich in einen Stapel von Karten geraten; womöglich auch diente eben diese Karte später als Vorlage für seine Personen, die Skizze wäre dann also nicht verwischt sondern verfingert. Die andere auf der Rückseite der Augsburger Ulrichskirche ist mit härterem Bleistift gezeichnet und vielleicht auch anders aufbewahrt worden.
Ich glaube, daß beide Skizzen auf seiner Trachten-Studienreise entstanden sind. Noch vor dem endgültigen Konzept, als er sich den mittleren Teil des Triptychons noch nicht als Rast ausgedacht hatte. Denn darin ist bereits die Ankunft zu erkennen, der Ankömmling auf der linken Seite scheint seinen Hut (Dreispitz?) vor Freude in die Luft zu werfen – aus ihm ist dann der Hutschwenker geworden. Auch die Männergruppe um den Beamten vor Häusern sind in diesem Teil zu sehen. Jägers Vorstellung von dieser Gruppe sowie von der ganzen Wanderung scheint damals schon klar gewesen zu sein. Im rechten Teil hat der Maler wahrscheinlich schon die „blühenden Landschaften“ in seiner Zeit darstellen wollen. (Wohlstand erkennt man an Zäunen.) Ich nehme an, daß die verwischte Skizze als letztere entstand, ihr Inhalt enthält mehr von dem des Bildes.
Es ist mir bewußt, daß diese beiden Skizzen ein kleiner Schatz bedeuten, den ich natürlich sehr sorgsam aufbewahre.
Was unsere mögliche Verwandtschaft anbelangt, so hat meine „ahnungsvolle“ ahnenforschende Schwester, Radegunde Täuber, mir versichert, daß sich von unserem großen Stammbaum kein Zweig nach Lenauheim gerichtet hat. Aber vielleicht standen wir uns so mal nahe: Meine Geschwister und ich sind Gertjanoscher (meine Freunde waren damals Mayer Dieter, Demian Franz, Mehler Walter), dort wuchsen wir auf und dort waren wir bis April 1950 zu Hause.
Übrigens, die in Ihrem Buch erwähnten Einwanderer, die zwar schmucklos, aber dafür auf einem Esel dahergeritten kamen, sind Ahnen von mir mütterlicherseits.

Ich rufe mal an.

Herzliche Grüße!

Anlagen: