Stefan Jäger Archiv

ART:0917 - Stefan Jäger (1877 - 1962): Unterschied zwischen den Versionen

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<h2 class="myuntertitel">''Der Lebensweg eines Künstlers am Rande Mitteleuropas''</h2>
 
<h2 class="myuntertitel">''Der Lebensweg eines Künstlers am Rande Mitteleuropas''</h2>
  
"Meine malerische Tätigkeit
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"Meine malerische Tätigkeit war hauptsächlich dahin gerichtet, meinen Landsleuten die Kunst zugänglich zu machen und in leichtverständlicher Form Motive aus dem Banater Volksleben und Landschaften darzustellen." Diesem künstlerischen Credo ist [[Stefan Jäger]] zeitlebens treu geblieben. Und gerade deshalb ist er der „Schwabenmaler" schlechthin. Seine Kunst ist dem heimatlichen Lebensraum entsprungen und mit diesem auf das Engste verknüpft - mit der Banater Heidelandschaft, mit dem Dorf, den Menschen und ihrem Alltag. ihrer Arbeit, ihren Festen und ihrer Lebensart. Wie kein zweiter Banater Maler hat er es verstanden, die ganze Lebenswelt seiner schwäbischen Landsleute einzufangen und für die Nachwelt festzuhalten. [[Stefan Jäger|Jäger]]s Gemälde und Skizzen fügen sich zu einem wahren Bilderbuch des Banater Volkslebens zusammen und besitzen einen hohen ethnographisch-dokumentarischen Wert. Für die Banater Schwaben, die - wie die Werke des Malers selbst - heute auf dem ganzen Erdball verstreut sind, haben seine Bilder vor allem einen symbolträchtigen weil identitätsstiftenden und -bewahrenden Charakter. Sie stellen für sie ein Stück Heimat dar und bewahren ihnen die Erinnerung an eine längst untergegangene Welt - ein Grund, weshalb sich [[Stefan Jäger|Jäger]]s Bilder nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen.<br/>
war hauptsddilich
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[[Stefan Jäger]] wurde am 28. Mai 1877 in [[Cenei|Tschene]] geboren, wo sich sein Vater [[Franz Jäger]] (geboren 1839 in Nakodorf/Sellesch) eine berufliche Existenz als Feldscher und Barbier aufgebaut hatte. In zweiter Ehe heiratete dieser 1873 die 16 Jahre jüngere [[Magdalena Schuller]] (geboren 1855 in [[Biled|Billed]]), die nach dem frühen Tod ihrer Mutter von dem in [[Cenei|Tschene]] wohnenden Ehepaar Johann und Barbara Heck (eine Schwester ihrer Großmutter mütterlicherseits) adoptiert worden war. Sie schenkte ihm zwei Söhne.<br/>
dahin gerichtet, meinen
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In [[Cenei|Tschene]] verlebte [[Stefan Jäger]] seine Kindheit mit dem zweieinhalb Jahre älteren Bruder Ferdinand (geb. 1874) und hier besuchte er auch die [[Volksschule]]. Für vier Jahre kam er dann an die private [[Handelsschule|Knaben-Bürgerschule]] von Franz Wieszner nach [[Timișoara|Temeswar]], die zu jener Zeit einen guten Ruf genoss. Zwei weitere Klassen absolvierte er an der Städtischen Knaben-[[Bürgerschule]] in [[Szeged|Szegedin]], wo sein
Landsleuten die Kunst
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zeichnerisches Talent besonders auffiel Auf Anraten seines dortigen Zeichenlehrers inskribierte [[Stefan Jäger]] 1895 an der [[Zeichenschule|Modellzeichenschule]] und Zeichenlehrerbildungsanstalt in [[Budapest]]. Als Schüler von [[Ede Balló|Balló Ede]] und ((Bertalan Székely|
zugänglich zu machen
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Székely Bertalan]] erhielt er dort vier Jahre lang eine gediegene akademische Ausbildung.<br/>
und in leid1tverständlicher
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Der junge Studierende war in dieser Zeit, in materieller Hinsicht, häufig auf sich selber gestellt, da er von seinen Eltern nur wenig Hilfe erhoffen konnte. Trotz des zeitweiligen Freistudiums, das die Lehrstätte dem mittellosen Studenten zuerkannte, musste er sich als Erzieher bei der gräflichen Familie
Form Motive aus
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Szechy verdingen, um seinen Lebensunterhalt sicherstellen zu können. Dennoch aber reichte sein Verdienst oftmals nur für ein karges Mahl.Nach Beendigung des Studiums unternahm der junge Künstler eine Studienreise, die ihn nach Österreich, Deutschland und Italien führte. Darüber wissen wir eigentlich recht wenig, nur dass sie durch die schwere Erkrankung seines Vaters und dessen Tod im September 1901 jäh unterbrochen wurde.<br/>
dem Banater Volksleben
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1902 nach [[Budapest]] zurückgekehrt, wurde [[Stefan Jäger]] als freier Künstler tätig. Als solcher sollte er bis an sein Lebensende wirken. Wie sein Biograph [[Karl-Hans Gross]] schreibt, gehörte [[Stefan Jäger|Jäger]] "zu jener Kategorie von Künstlern, die ausschließlich von der Malerei lebten und weiter nichts anderes tun konnten, aber auch ganz entschieden nicht tun wollten. Infolgedessen hatte er mit dem Wandel der guten und schlechten Zeiten die Konsequenzen seiner Einstellung („.) in uneingeschränkter Weise (Härte) zu tragen." In der ungarischen Hauptstadt verdiente Jäger ein dürftiges Brot,
und Landschaften darzus tellen." Diesem
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abhängig von der Bestellung des Kunsthändlers [[Almásy]], der seine Klientel mit Heiligenbildern, Stillleben und Landschaften belieferte. Aus der Banater Heimat kamen nur gelegentliche Anfragen gleicher Art. Dies sollte sich jedoch ändern, als ihm die Gemeinde [[Cărpiniș|Gertianosch]] auf Initiative von [[Adam Röser]], einem umtriebigen und volksbewussten Banater Schwaben, einen besonderen Auftrag erteilte: die Anfertigung eines monumentalen
künstlerischen Credo ist Stefan Jäger zeitlebens
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Bildes über die Einwanderung der Deutschen ins Banat. Dessen Finanzierung wurde durch die bei Veranstaltungen der verschiedenen
treu geblieben. Und gerade deshalb
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Ortsvereine erzielten Überschüsse und private Spenden sichergestellt.<br/>
ist er der „Schwabenmaler" schlechthin.
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Das drei Meter lange Bild, das in seinem kompositionellen Aufbau bereits die uns bekannte inhaltliche Aussage von der Wanderung, Rast und Ankunft der Ansiedler vereinigte, war 1906 fertig gestellt. Es wird in der Literatur als das „ursprüngliche" Einwanderungsbild bezeichnet und gilt heute als verschollen. Da es Mängel in der Darstellung der Trachten der Einwanderungszeit aufwies, wurde [[Stefan Jäger|Jäger]] beauftragt, ein weiteres - und jetzt noch größeres - Bild zu malen und hierzu die Trachten der Ahnen in Deutschland zu studieren. Eine neue Sammelaktion erbrachte die respektable Summe
Seine Kunst ist dem heimatlichen Lebensraum
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von 4560 Kronen, die damals für den Ankauf von viereinhalb Waggon Weizen ausgereicht hätte. Damit konnten nicht nur die Spesen der Deutschlandfahrt beglichen, sondern dem Maler auch ein großzügig bemessenes Honorar zugewiesen werden. Die Dokumentationsreise fand noch im selben Jahr (1906) statt. Hierzu vermerkt [[Stefan Jäger|Jäger]] in seinen autobiografischen Aufzeichnungen lapidar: „Zwecks Studium der Trachten der Ansiedler unternahm ich abermals eine Reise nach Deutschland (Stuttgart, Ulm, Nürnberg)."<br/>
entsprungen und mit diesem auf das
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Das daraufhin in fast vierjähriger Arbeit entstandene, als Triptychon konzipierte [[WK:0376|Einwanderungsbild]] wurde dann, wie Franz Heinz schreibt, „mit den uns bekannten Maßen von 5,100 x 1,450 Meter und mehr als 80 dargestellten Gestalten, das bisher größte Gemälde der Banater Schwaben und wohl auch ihr größtes aller Zeiten. Dass es auch mit Abstand unser liebstes Bild ist, verdanken wir dem Können des Malers wie auch der Geschäftstüchtigkeit [[Adam Röser|Rösers]], der, neben dem Maler, Miteigentümer des Bildes war. Er hatte die Idee, bei der [[Budapest]]er Verlagsgesellschaft Franklin Farbreproduktionen des [[WK:0376|Einwanderungsbild]]es in großer Auflage herstellen zu lassen, die einen guten Absatz
Engste verknüpft - mit der Banater Heidelandschaft,
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fanden, von dessen Erlös dem Künstler diesmal, wie berichtet wird, nur ein geringer Teil zufloss." Das [[WK:0376|Einwanderungstriptychon]], das
mit dem Dorf, den Mensd1en
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als das bedeutendste und bekannteste Werk [[Stefan Jäger]]s gilt, wurde am 15. Mai 1910, anlässlich einer großen Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung in [[Cărpiniș|Gertianosch]], enthüllt. Es verhalf seiner Kunst zum Durchbruch und machte den Maler mit einem Schlag bekannt. Auf die nachhaltige Wirkung des [[WK:0376|Einwanderungsbild]]es, seine geschichtsbildprägende und identitätsstiftende Funktion wurde wiederholt hingewiesen, so dass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden muss.<br/>
und ihrem Alltag. ihrer Arbeit, ihren Festen
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Im Jahr 1910 ließ sich [[Stefan Jäger]] in der Großgemeinde [[Jimbolia|Hatzfeld]] nieder, wo er bis zu seinem Tod unter bescheidenen Verhältnissen lebte und arbeitete. Unterbrochen wurde sein künstlerisches Wirken nur durch den Ersten Weltkrieg. den er als Landsturmmann an der dalmatinischen und Isonzofront mitmachte. In den 1920er und 1930er Jahren erreichte Jägers Heimatkunst ihren Höhepunkt. In dieser Glanzzeit seines Schaffens entstanden ungezählte Werke von einzigartigem künstlerischem und ethnographischem Wert. Viele Aufträge kamen aus dem serbischen Teil des Banats, wohin [[Stefan Jäger|Jäger]] bis zum Zweiten Weltkrieg auch die meisten Bilder verkaufen konnte. Hier und zwar in [[Zrenjanin|Großbetschkerek]], wurde ihm 1930 auch die erste Einzelausstellung gewidmet; es sollte auch die einzige zu Lebzeiten des Künstlers bleiben. Indessen nahm man im rumänischen
und ihrer Lebensart. Wie kein zweiter Banater
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Banat nur wenig Notiz von ihm. Weder in Hatzfeld - sieht man von [[Stefan Jäger|Jägers]] Beteiligung an einer Gruppenausstellung der Werkgemeinschaft Schwäbischer Künstler im Jahr 1936 ab - noch in [[Timișoara|Temeswar]] kamen Ausstellungen des Künstlers zustande. Die einzige Ehrung. die ihm in dieser Zeit zuteil wurde, war die Ernennung zum Kulturrat anlässlich der Gründung der Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien im November 1941. Bis 1942 hatte [[Stefan Jäger|Jäger]] nach eigenen Angaben ein zwar bescheidenes, doch stetes Auskommen. Ab da blieben die Aufträge kriegsbedingt weitgehend aus, was einen empfindlichen Einkommensrückgang zur Folge hatte.<br/>
Maler hat er es verstanden, die ganze
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Als sich [[Stefan Jäger]] [[Jimbolia|Hatzfeld]] zur Wahlheimat auserkor, folgte ihm seine Mutter dorthin. Sie bezogen zunächst eine kleine "Zinswohnung" in der Sauergasse, übersiedelten dann später in die erste Kreuzgasse, gegenüber der so genannten Fünf-Kronen-Schule, in deren Hinterhof sich das Atelier des Künstlers (heute [[Gedenkstätte]]) befand. [[Stefan Jäger|Jäger]] war seiner Mutter immer in Liebe zugetan. Sie besorgte anfangs den Haushalt und stand ihrem Sohn in allen Lebenslagen bei. Seine Ehrfurcht und Verehrung für die Mutter währte über ihren Tod im Herbst 1927 hinaus. Ab nun lebte der Maler allein. In den 1930er Jahren bezog er eine Wohnung neben seinem Atelier. Diese, aus einem kleinen Vorraum, Küche und Schlafzimmer bestehende, recht bescheiden eingerichtete Wohnung, diente ihm bis zum Lebensende als Heim.<br/>
Lebenswelt seiner schwäbisd1en Landsleute
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Im ersten Nachkriegsjahrzehnt hatte es der Maler besonders schwer. Sein Lebensstandard war nie hoch, doch nun musste er unter Verhältnissen leben, die man nur als ärmlich bezeichnen kann. Seine Bilder waren kaum gefragt, und er musste sie häufig für einen Spottpreis verschleudern, um das nackte
einzufangen und für die Nachwelt festzuhalten.
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Überleben sichern zu können. Die bescheidenen Einnahmen reichten zwar noch immer für das tägliche Brot - [[Stefan Jäger|Jäger]] nahm das
Jägers Gemälde und Skizzen fügen sich
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Mittagessen in der Stadtkantine oder in privaten „Kosthäusern" ein, doch oftmals nicht für Brennholz im Winter oder die Bezahlung der Dienstfrau am festgesetzten Tag. Eines Winters sah er sich sogar gezwungen, seinen im Hof stehenden Holzschuppen niederzureißen, um das nötige Brennmaterial für seine Wohn- und Arbeitsstätte zu erhalten.<br/>
zu eineni waliren Bilderbuch des Banater
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Trotz einer bescheidenen und anspruchlosen Lebensführung musste sich der Maler immer mühen. „Das tat er aber auch stets", schreibt [[Karl-Hans Gross]], „ungeachtet der Tatsache, dass es mal schwierige, mal leichtere Lebensabschnitte gab. [[Stefan Jäger|Jäger]] verzagte nie! Er arbeitete mit Hingabe und ohne Unterlass, selbst unter den schwierigsten Bedingungen." Bis ins hohe Alter, obzwar schon kränkelnd, verrichtete er täglich seine
Volkslebens zusammen und besitzen einen
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Malarbeiten.<br/>
hohen ethnographisch-dokumentarisd1en
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Bessere Tage kamen für den Meister erst in seinen Greisenjahren, als das [[Banater Museum]] in [[Timișoara|Temeswar]] einen Teil seiner Skizzen
Wert. Für die Banater Schwaben, die - wie
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erwarb und ihm vom Staat 1957, anlässlich seines 80. Geburtstages, eine Ehrenpension von 800 Lei zugesprochen und der Arbeitsorden II. Klasse verliehen wurde. Fünf Jahre später, am 16. März 1962, verstarb der Künstler nach einem mehrwöchigen Leiden und wurde auf dem [[Jimbolia|Hatzfeld]]er Friedhof neben seiner Mutter beigesetzt.<br/>
die Werke des Malers selbst - heute auf dem
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[[Stefan Jäger|Jägers]] Leben verlief unspektakulär, nahezu geradlinig und ziemlich monoton. Er lebte - zurückgezogen, für manchen unbekannt und wohl auch noch verkannt - nur für seine Kunst. Obwohl wenig zugänglich und wortkarg, pflegte der natur- und heimatverbundene Maler vielfältige Beziehungen
ganzen fadball ve1·streut sind, haben seine
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zu Land und Leuten der engeren und weiteren Umgebung. Nahezu unwiderstehlich drängte es ihn - meistens in Begleitung seines treuen Weggefährten und Freundes, Gymnasiallehrer [[Eduard Böss]] - hinaus in die Natur, in die nahen und feinen Dörfer der Banater Heide und Hecke, ja bis hinüber in die Batschka und die Schwäbische Türkei, zu den volkstümlichen Festen in den schwäbischen Ortschaften. Und überall hielt er mit Stift und Pinsel fest, was sein Auge erschaut, seine Seele empfunden und sein schöpferischer Geist erdacht hat. „Es war keiner unserer Maler, vielleicht auch kaum ein Heimatdichter und Schriftsteller imstande, so lebensecht und wahr das lebendige Bild von Land und Leuten, dem Hauptobjekt seines künstlerischen Schaffens, mit der Feder zu gestalten, wie es eben [[Stefan Jäger|Jäger]] mit seiner farbenprächtigen Palette gelungen war", schlussfolgert [[Karl-Hans
Bilder vor allem einen symbolträd1tigen
+
Gross]].
weil identitätsstiftenden und -bev;ahrenden
 
Charakter. Sie stellen für sie ein Stück
 
Heimat dar und bewahren ihnen die Erinnerung
 
an eine längst untergegangene Welt
 
- ein Grund, weshalb sich Jägers Bilder nach
 
wie vor großer Beliebtlieit erfreuen.
 
Stefan Jäge1· wurde am 28. Mai 1877 in Tschene
 
geboren, wo sich sein Vater Franz Jäger
 
(geboren 1839 in Nakodorf/Sellesch) eine
 
berufliche Existenz als Feldseher und Barbier
 
Barbier
 
aufgebaut hatte. [n zweiter Ehe heiratete
 
dieser 1873 die 16 Jahre jüngere Magdalena
 
Sdmller (geboren 1855 in Billed), die nach
 
dem frühen Tod ihrer Mutter von dem in
 
Tschene wohnenden Ehepaar Johann und
 
Barbara Heck (eine Sd1wester ihrer Großmutter
 
mütterlicherseits) adoptiert worden
 
war. Sie schenkte ihm zwei Söhne.
 
In Tsd1ene verlebte Stefun Jäger seine Kindheit
 
mit dem zweieinhalb Jalll'@ älteren Bruder
 
Ferdinand (geb. 1874) und hier besuchte
 
er auch die Volksschule. Für vier Jalire kam
 
er dann an die private Knaben-Bürgerschule
 
von Franz Wieszner nach Temeswar, die zu
 
jener Zeit einen guten Ruf genoss. Zwei weitere
 
Klassen absolvierte er an der Städtischen
 
Knaben-Bürgerschule in Szegedin, wo sein
 
zeidmerisches Talent besonders auffiel Auf
 
Anraten seines dortigen Zeichenlelirers inskribierte
 
Stefan Jäger 1895 an der Modellzeichensd1ule
 
und Zeichenlelirerbild ungsanstalt
 
in Budapest. Als Schüler von Ball6 Ede und
 
Szekely Bertalan erhielt er dort vier Jalire lang
 
eine gediegene akademisd1e Ausbildung.
 
Der junge Studierende war in dieser Zeit, in
 
materieller Hinsicht, häufig auf sich selber
 
gestellt, da er von seinen Eltern nur wenig
 
Hilfe erhoffen konnte. Trotz des zeitweiligen
 
FreistudiulllS, das die Lelll'stätte dem mittellosen
 
Studenten zuerkannte, musste er
 
sich als Erzieher bei der gräflichen Familie
 
Szechy verdingen, um seinen Lebensunterhalt
 
sicherstellen zu können. Dennoch aber
 
reichte sein Verdienst oftmals nur für ein
 
kai·ges Malil.Nach Beendigung des Studiums unternahm
 
der junge Künstler eine Studienreise, die ilm
 
Walter Tonta
 
nach Österreich, Deutschland und Italien
 
füh rte. Darüber wissen wir eigentlich recht
 
wenig, nur dass sie durd1 die schwei·e Erk:
 
ranl.-ung seines Vate.rs und dessen Tod im
 
September 1901 jäh unterbrochen wurde.
 
1902 nach Budapest zmiickgekelut, ·wurde
 
Stefan Jäger als freier Künstler täti~ Als sold1er
 
sollte er bis an sein Lebensende wirken.
 
Wie sein Biograph Karl-Hans Gross sdueibt,
 
gehörte Jäger "zu jener Kategorie von Künstlern,
 
die ausschließlich von der Malerei lebten
 
und weiter nid1ts anderes tun konnten, aber
 
aud1 ganz entsdlieden nicht tun wollten. Infolgedessen
 
hatte er mit dem Wandel der guten
 
und sdiled1ten Zeiten die Konsequenzen
 
seinei· Einstellung („.) in uneingesdll'änkter
 
Weise (Härte) zu tragen." In der unwfilschen
 
Hauptstadt verdiente Jäger ein dürftiges Brot,
 
abhängig von dei· Bestellung des Kunsthändlers
 
Ahnasy, der seine Klientel mit Heiligenbildern,
 
Stillleben und Landschaften belieferte.
 
Aus der Banater Heimat kamen nur
 
gelegentliche Anfragen gleicher Art Dies sollte
 
sid1 jedoch ändern, als ilim die Gemeinde
 
Gei·tianosch auf Initiative von Adam Röser,
 
einem Ullltriebigen und volksbewussten Banater
 
Sdiwaben, einen besonderen Auftrag
 
erteilte: die Anfertigung eines monumentalen
 
Bildes über die Einwandei-ung der Deutschen
 
ins Banat Dessen Finanzierung wurde durch
 
die bei Veranstaltungen der verschiedenen
 
Ortsvereine erzielten Überschüsse und private
 
Spenden sid1ergestellt.
 
Das drei Meter lange Bild, das in seinem
 
kompositionellen Aufbau bereits die uns
 
bekannte inlialtlid1e Aussage von der Wanderung,
 
Rast und Ankunft der Ansiedler
 
vereinigte, war 1906 fertig gestellt. Es wird Das drei Meter lange Bild, das in seinem
 
kompositionellen Aufbau bereits die uns
 
bekannte inlialtlid1e Aussage von der Wanderung,
 
Rast und Ankunft der Ansiedler
 
vereinigte, war 1906 fertig gestellt. Es wird
 
in der Literatur als das „ursprüngliche" Einwandernngsbild
 
bezeichnet und gilt heute
 
als verschollen. Da es Mängel in der Darstellung
 
der Trachten der Einwanderungszeit
 
aufwies, wurde Jäger beauftragt, ein weiteres
 
- und jetzt noch größeres - Bild zu malen
 
und hierzu die Trachten der Allllen in
 
Deutschland zu studieren Eine neue Sammelaktion
 
erbrachte die respektable Summe
 
von 4560 Kronen, die damals für den Ankauf
 
von viereinhalb Waggon Weizen ausgereicht
 
hätte. Damit konnten nicht nur die Spesen
 
der Deutschlandfahrt beglichen, sondern
 
dem Maler auch ein großzügig bemessenes
 
Honorar zugewiesen werden. Die Dokumentationsreise
 
fund noch im selben Jahr
 
(1906) statt. Hierzu ve1merh Jäger in seinen
 
autobiografischen Aufzeichnungen lapidar:
 
„Zwecks Studium der Trachten der Ansiedler
 
unternahm ich abe.rmals eine Reise nach
 
Deutschland (Stuttgart, Ulm, Nürnberg)."
 
Das daraufhin in fast vie1jähriger Arbeit
 
entstandene, als Triptychon konzipierte
 
Einwanderungsbild wurde dann, wie Franz
 
Heinz schreibt, „mit den uns bekannten Maßen
 
von 5,100 x 1,450 Meter und mehr als 80
 
dargestellten Gestalten, das bisher größte
 
Gemälde der Banater Schwaben und wohl
 
auch ihr größtes alle1· Zeiten Dass es auch
 
mit Abs tand unser liebstes Bild ist, verdanken
 
wir dem Können des Malers wie auch
 
der Geschäftstüchtigkeit Rösers, der, neben
 
dem Maler, Miteigentümer des Bildes war. Er
 
hatte die Idee, bei der Budapester Verlagsgesellschaft
 
Franklin Farbreproduktionen
 
des Einwande1-ungsbildes in großer Auflage
 
he1·stellen zu lassen, die einen guten Absatz
 
fanden, von dessen Erlös dem Künstler diesmal,
 
wie beridltet wird, nm ein geringe1· Teil
 
zufloss." Das EinwandeJ."Ungstriptychon, das
 
als das bedeutendste und bekannteste Werk
 
Stefan Jägers gilt, wurde am 15. Mai 1910, anlässlich
 
einer großen Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung in Gertianosch, enthüllt.
 
Es verhalf seiner Kunst zum Durchbruch
 
und machte den Maler mit einem
 
Schlag bekannt. Auf die nachhaltige Wirkung
 
des Einwanderungsbildes, seine geschichtsbildprägende
 
und identitätsstiftende
 
Funktion wurde wiederholt hingewiesen,
 
so dass an dieser Stelle nid1t näher darauf
 
eingegangen werden muss.
 
Im Jahr 1910 ließ sich Stefan Jäger in der
 
Großgemeinde Hatzfeld nieder, wo er bis zu
 
seinem Tod unter besd1eidenen Verhältnissen
 
lebte und arbeitete. Unterbrochen wurde
 
sein künstlerisches Wirken nur durch den
 
Ersten Weltkrieg. den er als Landsturmmann
 
an der dalmatinischen und Isonzo&ont mitmachte.
 
In den 192oer und 193oer Jalll'en
 
erreichte Jägers Heimatkunst illl'en Höhepunkt.
 
In dieser Glanzzeit seines Sdiaffens
 
entstanden ungezählte Werke von einzigartigem
 
künstlerischem und ethnographischem
 
Wert. Viele Aufträge kamen aus dem
 
serbischen Teil des Banats, wohin Jäger bis
 
zum Zweiten Weltkrieg aud1 die meisten
 
Bilder verkaufen konnte. Hie1; und zwar in
 
Großbetschkerek, wurde ihm 1930 auch die
 
erste Einzelausstellung gewidmet; es sollte
 
auch die einzige zu Lebzeiten des Künstlers
 
bleiben. Indessen nahm man im rumänischen
 
Banat nur weJ.lig Notiz von ihm. Weder
 
in Hatzfeld - sieht man von Jägers Beteiligung
 
an einer Gruppenausstellung der
 
Werkgemeinschaft Sd1wäbisd1e1· Künstler
 
im Jahr i936 ab - noch in Temeswar kamen
 
Ausstellungen des Künstlers zustande. Die
 
einzige Ehrung. die ihm in dieser Zeit zuteil
 
wurde, war die Ernennung zum Kulturrat
 
anlässlich der Gründung der Kulturkammer
 
der Deutschen Volksgruppe in Rumänien
 
im November 1941· Bis 1942 hatte Jäge1· nach
 
eigenen Angaben ein zwai· bescheidenes,
 
doch stetes Auskommen Ab da blieben die
 
Aufträge hiegsbedingt weitgeliend aus, was einen empfindlichen Einkommensrückgang
 
zur Folge hatte.
 
Als sich Stefan Jäger Hatzfeld zur Waltlheirnat
 
a userkm; folgte ihm seine Mutter
 
dortlllil. Sie bezogen zunädist eine kleine
 
„Zinswohnung" in der Sauergasse, übersiedelten
 
dann später in die erste Kreuzgasse,
 
gegenübe1· der so genannten Fünf-KronenSchule,
 
in deren Hinterhof sich das Atelier
 
des Künstlers (heute Gedenkstätte) befand.
 
Jäger war seine.r Mutter immer in Liebe zugetan.
 
Sie besorgte anfangs den Haushalt und
 
stand illl'em Sohn in allen Lebenslagen bei.
 
Seine Ehrfurcht und Verehnmg für die Mutter
 
wfilll'te über illl'en Tod im Herbst 1927 hinaus.
 
Ab nun lebte der Male1· allein In den
 
i93oer Jahren bezog e1· eine Wohnung neben
 
seinem Atelier. Diese, aus einem kleinen Vorraum,
 
Küche und Schlahimmer b estehende,
 
l'echt bescheiden eingerichtete Wohnung,
 
diente illlll bis zum Lebensende als Heim.
 
Im ersten Nadikriegsjahrzehnt hatte es der
 
Maler besonders schwe1·. Sein Lebensstandard
 
war nie hoch, doch nun musste e1· unter
 
Verhältnissen leben, die man nur als ärmlich
 
bezeichnen kann.. Seine Bilder waren kaum
 
gefragt. und er musste sie häufig für einen
 
Spottpreis verschleudern, um das nackte
 
Überleben sichern zu können. Die bescheidenen
 
Einnahmen reid1ten zwar noch immer
 
für das tägliche Brot - Jäger nahm das
 
Mittagessen in der Stadtkantine oder in privaten
 
„Kostliäusern" ein, doch oftmals nicht
 
für Brennholz im Winter oder die Bezalilung
 
der Dienstfrau am festgesetzten Tag. Eines
 
Winters sali er sich sogar gezwungen, seinen
 
im Hof stehenden Holzschuppen niederzureißen,
 
um das n ötige Brennmaterial für seine
 
Wollll- und Ai·beitsstätte zu erhalten.
 
Trotz einer bescheidenen und ansprudilosen
 
Lebensführung musste sich der Maler
 
immer mühen. „Das tat e1: aber auch stets",
 
schreibt Karl-Hans Gross, „ungeachtet der
 
Tatsache, dass es mal schwierige, mal leichtere
 
Lebensabschnitte gab. Jäger verzagte
 
nie! Er arbeitete mit Hingabe und ohne
 
Untei-lass, selbst unter den schwierigsten
 
Bedingungen." Bis ins hohe Alter, obzwar
 
schon kränkelnd, venichtete er täglich seine
 
Malarbeiten.
 
Bessere Tage kamen für den Meister erst in
 
seinen Greisenjahren, als das Banater Museum
 
in Temeswar einen Teil seiner Skizzen
 
erwarb und ihrn vom Staat 19'3'J, anlässlich
 
seines 80. Geburtstages, eine Ehrenpension
 
von 800 Lei zugesprochen und der Arbeitsorden
 
II. Klasse ve1·liehen wUJ'de. Fünf Jahre später, am 16. März 1962, verstarb der
 
Künstler nach einem meruwöchigen Leiden
 
und wurde auf dem Hatzfelder Friedhof neben
 
seinei· Mutter beigesetzt.
 
Jägers Leben verlief unspektakulär, nahezu
 
geradlinig und ziemlich monoton. Er lebte
 
- zurückgezogen, für manchen unbekannt
 
und wohl auch noch verkannt - nur für seine
 
Kunst. Obwohl wenig zugänglich und
 
wortkarg, pflegte der natur- und heimatverbundene
 
Maler vielfältige Beziehungen
 
zu Land und Leuten der engeren und weiteren
 
Umgebung. Nahezu unwiderstehlich
 
drängte es ihri - meistens in Begleitung
 
seines treuen Weggefährten und Freundes,
 
Gymnasiallehrer Eduard Böss - hinaus in die Natur, in die nahen und feinen Dörfer
 
de1· Banater Heide und Hecke, ja bis hinüber
 
in die Batschka und die Schwäbische
 
Tlirkei, zu den volkstümlichen Festen in
 
den schwäbischen Ortschaften. Und überall
 
hielt er mit Stift und Pinsel fest, was sein
 
Auge erschaut, seine Seele empfunden und
 
sein schöpferischer Geist ei·dacht hat. „Es
 
war keiner unserer Maler, vielleicht aud1
 
kaum. ein Heimatdichtei· und Sdiriftsteller
 
imstande, so lebensecht und wahr das
 
lebendige Bild von Land und Leuten, dem
 
Hauptobjekt seines künstlerischen Schaffens,
 
mit der Feder zu gestalten, wie es eben
 
Jäger mit seiner farbenpräd1tigen Palette
 
gelungen war", schlussfolgert Karl-Hans
 
Gross.
 
  
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger - Maler seiner heimatlichen Gefilde. Ser'Sheim: Hartmann, 1991.
+
* Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger - Maler seiner heimatlichen Gefilde. Sersheim: Hartmann, 1991.<br/>
Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger - Skizzen, Studien und Entwürfe. Sersheim: Hartmann, 2004.
+
* Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger - Skizzen, Studien und Entwürfe. Sersheim: Hartmann, 2004.<br/>
Heinz, Franz: Ein Stück von uns. Stefan Jägers Einwanderungsbild und die Identität der Banater Schwaben, in:
+
* Heinz, Franz: Ein Stück von uns. Stefan Jägers Einwanderungsbild und die Identität der Banater Schwaben, in: Heimatblatt Hatzfeld, 15/ 2008, S. 135-143.<br/>
Heimatblatt Hatzfeld, 15/ 2008, S. 135-143.
+
* Pink, Peter: Stefan Jäger - Ein Banater schwäbischer Kunstmaler / Stefan Jäger - Un pictor șvab bănățean, in: Peter Pink / Maria Schulz / Hans Schulz: Schriften über Stefan Jäger / Scrieri despre Stefan Jäger. Timișoara: Marineasa, 2001, S. 5-62.<br/>
Pink, Peter: Stefan Jäger - Ein Banater schwäbischer Kunstmaler / Stefun Jäger - Un pictor ~ab bänätean, in:
+
* Volkmann, Swantje: Annäherung an Stefan Jäger. Warum sich der Maler den neuen Kunstrichtungen seiner Zeit verschloss, in: Heimatblatt Hatzfeld, 18/2011, S. 113-120.<br/>
Peter Pink / Maria Sd1ulz / Hans Sdmlz: Schriften über Stefan Jäger / Scrieri despre Stefun Jäger. T~a:
 
Marineasa, 2001, S. 5-62.
 
Volkmann, Swantje: Annäherung an Stefun Jäger. Warum sich der Maler den neuen Kunshichtungen seiner Zeit verschloss, in:
 
Heimatblatt Hatzfeld, 18/2011, S. 113-120.
 
 
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==PDF-Datei des Artikels==
 
==PDF-Datei des Artikels==

Version vom 3. Februar 2016, 10:08 Uhr


Bibliografie
Artikel Nummer: 0917
Autor Name: Walter Tonța
Titel des Artikels : Stefan Jäger (1877 - 1962)
Untertitel des Artikels: Der Lebensweg eines Künstlers am Rande Mitteleuropas
Publikation: Ausstellungskatalog
Titel der Publikation: Hommage an Stefan Jäger
Untertitel der Publikation: Katalog zur Ausstellung und zum Symposium
Herausgeber: Hilfswerk der Banater Schwaben
Druckerei: diedruckerei.de
Erscheinungsort: Ingolstadt
Jahr: 2012
Seite: 130-132
* [[Walter Tonța]]: [[ART:0917 - Stefan Jäger (1877 - 1962)|<i>Stefan Jäger (1877 - 1962)</i>. Der Lebensweg eines Künstlers am Rande Mitteleuropas]]. Hommage an Stefan Jäger. Hilfswerk der Banater Schwaben, Ingolstadt 2012

Der Lebensweg eines Künstlers am Rande Mitteleuropas

"Meine malerische Tätigkeit war hauptsächlich dahin gerichtet, meinen Landsleuten die Kunst zugänglich zu machen und in leichtverständlicher Form Motive aus dem Banater Volksleben und Landschaften darzustellen." Diesem künstlerischen Credo ist Stefan Jäger zeitlebens treu geblieben. Und gerade deshalb ist er der „Schwabenmaler" schlechthin. Seine Kunst ist dem heimatlichen Lebensraum entsprungen und mit diesem auf das Engste verknüpft - mit der Banater Heidelandschaft, mit dem Dorf, den Menschen und ihrem Alltag. ihrer Arbeit, ihren Festen und ihrer Lebensart. Wie kein zweiter Banater Maler hat er es verstanden, die ganze Lebenswelt seiner schwäbischen Landsleute einzufangen und für die Nachwelt festzuhalten. Jägers Gemälde und Skizzen fügen sich zu einem wahren Bilderbuch des Banater Volkslebens zusammen und besitzen einen hohen ethnographisch-dokumentarischen Wert. Für die Banater Schwaben, die - wie die Werke des Malers selbst - heute auf dem ganzen Erdball verstreut sind, haben seine Bilder vor allem einen symbolträchtigen weil identitätsstiftenden und -bewahrenden Charakter. Sie stellen für sie ein Stück Heimat dar und bewahren ihnen die Erinnerung an eine längst untergegangene Welt - ein Grund, weshalb sich Jägers Bilder nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen.
Stefan Jäger wurde am 28. Mai 1877 in Tschene geboren, wo sich sein Vater Franz Jäger (geboren 1839 in Nakodorf/Sellesch) eine berufliche Existenz als Feldscher und Barbier aufgebaut hatte. In zweiter Ehe heiratete dieser 1873 die 16 Jahre jüngere Magdalena Schuller (geboren 1855 in Billed), die nach dem frühen Tod ihrer Mutter von dem in Tschene wohnenden Ehepaar Johann und Barbara Heck (eine Schwester ihrer Großmutter mütterlicherseits) adoptiert worden war. Sie schenkte ihm zwei Söhne.
In Tschene verlebte Stefan Jäger seine Kindheit mit dem zweieinhalb Jahre älteren Bruder Ferdinand (geb. 1874) und hier besuchte er auch die Volksschule. Für vier Jahre kam er dann an die private Knaben-Bürgerschule von Franz Wieszner nach Temeswar, die zu jener Zeit einen guten Ruf genoss. Zwei weitere Klassen absolvierte er an der Städtischen Knaben-Bürgerschule in Szegedin, wo sein zeichnerisches Talent besonders auffiel Auf Anraten seines dortigen Zeichenlehrers inskribierte Stefan Jäger 1895 an der Modellzeichenschule und Zeichenlehrerbildungsanstalt in Budapest. Als Schüler von Balló Ede und ((Bertalan Székely| Székely Bertalan]] erhielt er dort vier Jahre lang eine gediegene akademische Ausbildung.
Der junge Studierende war in dieser Zeit, in materieller Hinsicht, häufig auf sich selber gestellt, da er von seinen Eltern nur wenig Hilfe erhoffen konnte. Trotz des zeitweiligen Freistudiums, das die Lehrstätte dem mittellosen Studenten zuerkannte, musste er sich als Erzieher bei der gräflichen Familie Szechy verdingen, um seinen Lebensunterhalt sicherstellen zu können. Dennoch aber reichte sein Verdienst oftmals nur für ein karges Mahl.Nach Beendigung des Studiums unternahm der junge Künstler eine Studienreise, die ihn nach Österreich, Deutschland und Italien führte. Darüber wissen wir eigentlich recht wenig, nur dass sie durch die schwere Erkrankung seines Vaters und dessen Tod im September 1901 jäh unterbrochen wurde.
1902 nach Budapest zurückgekehrt, wurde Stefan Jäger als freier Künstler tätig. Als solcher sollte er bis an sein Lebensende wirken. Wie sein Biograph Karl-Hans Gross schreibt, gehörte Jäger "zu jener Kategorie von Künstlern, die ausschließlich von der Malerei lebten und weiter nichts anderes tun konnten, aber auch ganz entschieden nicht tun wollten. Infolgedessen hatte er mit dem Wandel der guten und schlechten Zeiten die Konsequenzen seiner Einstellung („.) in uneingeschränkter Weise (Härte) zu tragen." In der ungarischen Hauptstadt verdiente Jäger ein dürftiges Brot, abhängig von der Bestellung des Kunsthändlers Almásy, der seine Klientel mit Heiligenbildern, Stillleben und Landschaften belieferte. Aus der Banater Heimat kamen nur gelegentliche Anfragen gleicher Art. Dies sollte sich jedoch ändern, als ihm die Gemeinde Gertianosch auf Initiative von Adam Röser, einem umtriebigen und volksbewussten Banater Schwaben, einen besonderen Auftrag erteilte: die Anfertigung eines monumentalen Bildes über die Einwanderung der Deutschen ins Banat. Dessen Finanzierung wurde durch die bei Veranstaltungen der verschiedenen Ortsvereine erzielten Überschüsse und private Spenden sichergestellt.
Das drei Meter lange Bild, das in seinem kompositionellen Aufbau bereits die uns bekannte inhaltliche Aussage von der Wanderung, Rast und Ankunft der Ansiedler vereinigte, war 1906 fertig gestellt. Es wird in der Literatur als das „ursprüngliche" Einwanderungsbild bezeichnet und gilt heute als verschollen. Da es Mängel in der Darstellung der Trachten der Einwanderungszeit aufwies, wurde Jäger beauftragt, ein weiteres - und jetzt noch größeres - Bild zu malen und hierzu die Trachten der Ahnen in Deutschland zu studieren. Eine neue Sammelaktion erbrachte die respektable Summe von 4560 Kronen, die damals für den Ankauf von viereinhalb Waggon Weizen ausgereicht hätte. Damit konnten nicht nur die Spesen der Deutschlandfahrt beglichen, sondern dem Maler auch ein großzügig bemessenes Honorar zugewiesen werden. Die Dokumentationsreise fand noch im selben Jahr (1906) statt. Hierzu vermerkt Jäger in seinen autobiografischen Aufzeichnungen lapidar: „Zwecks Studium der Trachten der Ansiedler unternahm ich abermals eine Reise nach Deutschland (Stuttgart, Ulm, Nürnberg)."
Das daraufhin in fast vierjähriger Arbeit entstandene, als Triptychon konzipierte Einwanderungsbild wurde dann, wie Franz Heinz schreibt, „mit den uns bekannten Maßen von 5,100 x 1,450 Meter und mehr als 80 dargestellten Gestalten, das bisher größte Gemälde der Banater Schwaben und wohl auch ihr größtes aller Zeiten. Dass es auch mit Abstand unser liebstes Bild ist, verdanken wir dem Können des Malers wie auch der Geschäftstüchtigkeit Rösers, der, neben dem Maler, Miteigentümer des Bildes war. Er hatte die Idee, bei der Budapester Verlagsgesellschaft Franklin Farbreproduktionen des Einwanderungsbildes in großer Auflage herstellen zu lassen, die einen guten Absatz fanden, von dessen Erlös dem Künstler diesmal, wie berichtet wird, nur ein geringer Teil zufloss." Das Einwanderungstriptychon, das als das bedeutendste und bekannteste Werk Stefan Jägers gilt, wurde am 15. Mai 1910, anlässlich einer großen Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung in Gertianosch, enthüllt. Es verhalf seiner Kunst zum Durchbruch und machte den Maler mit einem Schlag bekannt. Auf die nachhaltige Wirkung des Einwanderungsbildes, seine geschichtsbildprägende und identitätsstiftende Funktion wurde wiederholt hingewiesen, so dass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen werden muss.
Im Jahr 1910 ließ sich Stefan Jäger in der Großgemeinde Hatzfeld nieder, wo er bis zu seinem Tod unter bescheidenen Verhältnissen lebte und arbeitete. Unterbrochen wurde sein künstlerisches Wirken nur durch den Ersten Weltkrieg. den er als Landsturmmann an der dalmatinischen und Isonzofront mitmachte. In den 1920er und 1930er Jahren erreichte Jägers Heimatkunst ihren Höhepunkt. In dieser Glanzzeit seines Schaffens entstanden ungezählte Werke von einzigartigem künstlerischem und ethnographischem Wert. Viele Aufträge kamen aus dem serbischen Teil des Banats, wohin Jäger bis zum Zweiten Weltkrieg auch die meisten Bilder verkaufen konnte. Hier und zwar in Großbetschkerek, wurde ihm 1930 auch die erste Einzelausstellung gewidmet; es sollte auch die einzige zu Lebzeiten des Künstlers bleiben. Indessen nahm man im rumänischen Banat nur wenig Notiz von ihm. Weder in Hatzfeld - sieht man von Jägers Beteiligung an einer Gruppenausstellung der Werkgemeinschaft Schwäbischer Künstler im Jahr 1936 ab - noch in Temeswar kamen Ausstellungen des Künstlers zustande. Die einzige Ehrung. die ihm in dieser Zeit zuteil wurde, war die Ernennung zum Kulturrat anlässlich der Gründung der Kulturkammer der Deutschen Volksgruppe in Rumänien im November 1941. Bis 1942 hatte Jäger nach eigenen Angaben ein zwar bescheidenes, doch stetes Auskommen. Ab da blieben die Aufträge kriegsbedingt weitgehend aus, was einen empfindlichen Einkommensrückgang zur Folge hatte.
Als sich Stefan Jäger Hatzfeld zur Wahlheimat auserkor, folgte ihm seine Mutter dorthin. Sie bezogen zunächst eine kleine "Zinswohnung" in der Sauergasse, übersiedelten dann später in die erste Kreuzgasse, gegenüber der so genannten Fünf-Kronen-Schule, in deren Hinterhof sich das Atelier des Künstlers (heute Gedenkstätte) befand. Jäger war seiner Mutter immer in Liebe zugetan. Sie besorgte anfangs den Haushalt und stand ihrem Sohn in allen Lebenslagen bei. Seine Ehrfurcht und Verehrung für die Mutter währte über ihren Tod im Herbst 1927 hinaus. Ab nun lebte der Maler allein. In den 1930er Jahren bezog er eine Wohnung neben seinem Atelier. Diese, aus einem kleinen Vorraum, Küche und Schlafzimmer bestehende, recht bescheiden eingerichtete Wohnung, diente ihm bis zum Lebensende als Heim.
Im ersten Nachkriegsjahrzehnt hatte es der Maler besonders schwer. Sein Lebensstandard war nie hoch, doch nun musste er unter Verhältnissen leben, die man nur als ärmlich bezeichnen kann. Seine Bilder waren kaum gefragt, und er musste sie häufig für einen Spottpreis verschleudern, um das nackte Überleben sichern zu können. Die bescheidenen Einnahmen reichten zwar noch immer für das tägliche Brot - Jäger nahm das Mittagessen in der Stadtkantine oder in privaten „Kosthäusern" ein, doch oftmals nicht für Brennholz im Winter oder die Bezahlung der Dienstfrau am festgesetzten Tag. Eines Winters sah er sich sogar gezwungen, seinen im Hof stehenden Holzschuppen niederzureißen, um das nötige Brennmaterial für seine Wohn- und Arbeitsstätte zu erhalten.
Trotz einer bescheidenen und anspruchlosen Lebensführung musste sich der Maler immer mühen. „Das tat er aber auch stets", schreibt Karl-Hans Gross, „ungeachtet der Tatsache, dass es mal schwierige, mal leichtere Lebensabschnitte gab. Jäger verzagte nie! Er arbeitete mit Hingabe und ohne Unterlass, selbst unter den schwierigsten Bedingungen." Bis ins hohe Alter, obzwar schon kränkelnd, verrichtete er täglich seine Malarbeiten.
Bessere Tage kamen für den Meister erst in seinen Greisenjahren, als das Banater Museum in Temeswar einen Teil seiner Skizzen erwarb und ihm vom Staat 1957, anlässlich seines 80. Geburtstages, eine Ehrenpension von 800 Lei zugesprochen und der Arbeitsorden II. Klasse verliehen wurde. Fünf Jahre später, am 16. März 1962, verstarb der Künstler nach einem mehrwöchigen Leiden und wurde auf dem Hatzfelder Friedhof neben seiner Mutter beigesetzt.
Jägers Leben verlief unspektakulär, nahezu geradlinig und ziemlich monoton. Er lebte - zurückgezogen, für manchen unbekannt und wohl auch noch verkannt - nur für seine Kunst. Obwohl wenig zugänglich und wortkarg, pflegte der natur- und heimatverbundene Maler vielfältige Beziehungen zu Land und Leuten der engeren und weiteren Umgebung. Nahezu unwiderstehlich drängte es ihn - meistens in Begleitung seines treuen Weggefährten und Freundes, Gymnasiallehrer Eduard Böss - hinaus in die Natur, in die nahen und feinen Dörfer der Banater Heide und Hecke, ja bis hinüber in die Batschka und die Schwäbische Türkei, zu den volkstümlichen Festen in den schwäbischen Ortschaften. Und überall hielt er mit Stift und Pinsel fest, was sein Auge erschaut, seine Seele empfunden und sein schöpferischer Geist erdacht hat. „Es war keiner unserer Maler, vielleicht auch kaum ein Heimatdichter und Schriftsteller imstande, so lebensecht und wahr das lebendige Bild von Land und Leuten, dem Hauptobjekt seines künstlerischen Schaffens, mit der Feder zu gestalten, wie es eben Jäger mit seiner farbenprächtigen Palette gelungen war", schlussfolgert [[Karl-Hans Gross]].


Literatur

  • Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger - Maler seiner heimatlichen Gefilde. Sersheim: Hartmann, 1991.
  • Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger - Skizzen, Studien und Entwürfe. Sersheim: Hartmann, 2004.
  • Heinz, Franz: Ein Stück von uns. Stefan Jägers Einwanderungsbild und die Identität der Banater Schwaben, in: Heimatblatt Hatzfeld, 15/ 2008, S. 135-143.
  • Pink, Peter: Stefan Jäger - Ein Banater schwäbischer Kunstmaler / Stefan Jäger - Un pictor șvab bănățean, in: Peter Pink / Maria Schulz / Hans Schulz: Schriften über Stefan Jäger / Scrieri despre Stefan Jäger. Timișoara: Marineasa, 2001, S. 5-62.
  • Volkmann, Swantje: Annäherung an Stefan Jäger. Warum sich der Maler den neuen Kunstrichtungen seiner Zeit verschloss, in: Heimatblatt Hatzfeld, 18/2011, S. 113-120.


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