Stefan Jäger Archiv

ART:0639 - So gebt dem Maler doch die Ehr

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Bibliografie
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Autor Name: Gross, Karl-Hans
Aufsatztitel: „So gebt dem Maler doch die Ehr“
Zeitungstitel: Banater Post
Erscheinungsort: München
Jahrgang: 47
Nummer: 10 und 11
Datum: 20.05.2002 und 05.06.2002
Seite: 4 und 5
* [[ART:0639 - So gebt dem Maler doch die Ehr|Gross, Karl-Hans. „So gebt dem Maler doch die Ehr“. Banater Post München 2002]]


Zum 125. Geburtstag von Stefan Jäger (1)

Als ich damals vor über fünfzig Jahren als junger Lehrer nach Hatzfeld kam, da war der Maler Stefan Jäger ein betagter Mann. „Vor über fünfzig Jahren" - wie das so zeitenferne klingt. So weit und dennoch nah - drängen die Geschehnisse der Vergangenheit in die Erinnerung: die ersten Nachkriegsjahre. Sie waren immer noch von einer schier alle bedrückenden Stimmung gezeichnet.
Damals hatte ich oft genug Gelegenheit, den Maler Stefan Jäger zu beobachten. Das hatte ich denn auch getan. Bei den oft recht sporadischen Begegnungen in der städtischen Kantine, beim Mittagessen oder bei seinen gelegentlichen Tagesgängen die breite Dorfstraße entlang. Dabei bin ich ihm immer ein gutes Stück Weges hinterhergegangen oder auf der anderen Straßenseite in respektablem Abstand gefolgt. Immer den einen Menschen im Auge. Wie er sich so gab. Wie er immer noch mit leichtfüßigem Gange dahinschritt, mit Pose und Haltung. Den Körper leicht vorn übergeneigt und nur selten auf einen Gehstock gestützt.
Meine anfänglichen, sozusagen „echten" Begegnungen lagen aber damals schon einige Jahre zurück. Zum aller ersten Mal habe ich den Maler in meinem Elternhaus gesehen. Da war ich noch ein kleiner Knabe im Volksschulalter. Darüber wird an anderer Stelle (im demnächst erscheinenden Kunstbuch über Stefan Jäger) recht ausführlich erzählt. Auch über die wenigen Begegnungen in seinem Atelier; über die offiziellen, recht bescheidenen Feierlichkeiten zu seiner Auszeichnung mit dem Arbeitsorden und über den großartigen, einmaligen, begeisternden Besuch unserer Schüler, bei dem wir dem Maler zu Ehren eine „schwäbische" Geburtstagsfeier (zum Achtzigsten) veranstalteten. Aber darüber, wie schon erwähnt, an anderer Stelle mehr. Also, damals kam ich ihm ganz nahe. Ich saß mit ihm an einem Tisch bei den offiziellen Feierlichkeiten der Schule; ich hatte dem Jubilar die Festtagsrede halten dürfen. Und gleich danach saßen wir in vertrauter, geselliger Runde mit den Lehrerkollegen und den Vertretern der Eltern bei Gesang und Festtagskuchen und einem Gläschen Wein. Wie hatte er sich doch so wohl gefühlt, der alte Meister: „Singen Sie mir noch ein Lied!" Und wir waren zusammen mit ihm von Freude und Glückseligkeit durchdrungen, an diesem schönen Tag im Mai (28. 5. 1957). Zum Abschied kam es am späten Nachmittag. Er trat vor mich, sich zu bedanken. Ich sah ihm in die ruhigen, hellen Augen, die immer noch so lebhaft und aufmerksam in die Runde schauten. Und da gab er mir die Hand. Zum ersten Mal in meinem Leben. Und ich weiß nicht, ob es jemals noch einmal geschehen war.
So vergingen die Tage und die Jahre. Immer seltener kam der Altmeister auf die Straße. Und immer trippelnder wurde der gebeugte Gang, wenn der hagere Körper wie ein leichter Schatten in der unwirtlichen Straße, im letzten Winter, dahinschwebte. Und plötzlich war alles dahin. Ein langes Leben war zu Ende, am 16. März 1962.
Als die sterbliche Hülle des Verblichenen zur ewigen Ruhe gebettet wurde, fanden sich nur wenige Getreue im letzten Geleit. Kein einziges Chorlied erklang. Kein Trauermarsch war zu hören. Nur die umrauschte laute Stimme des Grabredners, unseres ehrenwerten Lehrerkollegen Hans Bräuner, hallte in das eisige Sturmgebraus des urplötzlich aufgekommenen Märzschauers. Unter dem grauweiß aufgedunsenen Himmel peitschten die klammen Schneeflocken über den schier zum Eisfeld erstarrten Gottesacker dahin und verfingen sich niederprasselnd recht schmerzlich in den frierenden Gesichtern der Menschen. Doppelt fraß sich die Kälte in den Leib der Wenigen und ließ die Herzen vor Trauer und Schmerz erschauern. „Das schönste am ganzen war der Schneesturm", sagte der Maler Franz Ferch zu seinen beiden Temeswarer Kollegen, die zum Begräbnis mitgekommen waren, auf der Heimfahrt mit der Eisenbahn, und dachte dabei wohlweislich an das schlichte Zeremoniell am offenen Grabe Stefan Jägers.
Heuer sind es vierzig Jahre seither. Ein Gedenkjahr, das mit dem diesjährigen, zum 125. Mal sich ergebenden Geburtstag des Malers zusammenfällt. Ein Trauer- und ein Jubeljahr (wenn man es so sagen darf) zugleich. Es sind also jene Tage, die uns zu einem feierlichen Gedenkjahr Stefan Jägers animieren und verpflichten. Zwischen diesen Polen des Seins, dem Ausgangs- und Endpunkt eines lange währenden irdischen Lebens (rund 85 Jahre), entfaltet sich das künstlerische Schaffen eines Menschen, der uns so viel gegeben und kaum etwas, ja sozusagen nichts, für sich in Anspruch genommen hat.
Sein Œuvre ist so umfassend und reich, dass wir es in einer kurzen, zusammenfassenden Abhandlung kaum umreißen können, ohne dabei manche der großartigen Produktionen seiner malerischen Kunst vernachlässigen zu müssen. Wo auch immer wir unsere Abhandlungen, Studien und Erkundungen ansetzen. Da geht es nicht an, dass wir uns über Werk und Maler unterhalten, in welcher Absicht auch immer in der Jägerschen Kunstwelt ergehen, ohne dabei das als Hauptwerk schlechthin angenommene Einwanderungs-Triptychon zu erwähnen. Dieses grandiose Werk ist eine konzentrierte künstlerische Schau eines historischen Geschehens, aus dessen Thematik der Künstler mit außergewöhnlicher Einfühlungsgabe die drei allbekannten Szenen der Besiedlung eines neuen Lebensraumes herausarbeitet und mit Form und Farbe in bildliche-Dynamik setzt. Es ist die mit noch jugendlicher Begeisterung und mit Elan verfasste „balladenhafte" Erzählung eines noch jungen Künstlers, die die schicksalsbezogene Vergangenheit einer kleinen Volksgruppe auf 7,5 Quadratmeter Leinwand für alle Betrachter bildhaft und verständlich, in einer schöpferischen, akademischen Manier widergibt. Das mit den geistigen Augen des Malers komponierte Werk ist zwar ein Produkt seiner künstlerischen Ideenwelt, seiner kreativen Phantasie, das aber die reelle Wirklichkeit der Jahrhunderte zurückliegenden Vergangenheit in der von ihm „erfundenen" bildlichen Schau zu Leben erweckt. Ein Objekt, das uns bei der vorsorglichen Frage zur Identität immer noch beflügelt, auch wenn unsere Volksgruppe ihren von den Ahnen angestammten Lebens- und Wirtschaftsraum bereits verlassen und sich wieder in unserer Urheimat anstandslos eingegliedert hat und bereits ein bedeutender Teil vom Ganzen geworden ist.
Damit aber nicht genug. Denn Jägers Werk ist nicht allein ein Einwanderungsbild. Dazu gehören Hunderte und Aberhunderte Gemälde und malerische Produktionen, die sich in ihrer großartigen künstlerischen Aufmachung mit den Geschehen des schwäbischen dörflichen Umfeldes vergangener Tage beschäftigen und eben solcherart dieser Themen teilhaftig sind. Sie geben uns mithin auf jene Fragen Antwort, die meines Erachtens immer, für alle, auch die Nachkommen, von Bedeutung bleiben. Denn sie widerspiegeln in ihrer nüchternen, bildhaften Wahrhaftigkeit Streiflichter unserer Geschichte, die sich mit dem „Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?" identifizieren.
So bleibt auch die Erinnerung an die Vorfahren und die alte Heimat bei den Kindeskindern noch erhalten, wenngleich sich auch ihre seelische Bindung mehr und mehr im Zeitenlauf zu entschlingen beginnt.
Jäger-Bilder sind aber in erster Reihe Kunstwerke. Die gegenständliche Vielschichtigkeit dieser Bilder widerspiegelt mit ihrer wohlgefälligen, wärmenden Atmosphäre im leuchtenden Kolorit des malerischen Stoffgefüges die reellen Begebenheiten, wenn einer vergangenen, so dennoch wahren Welt des dörflichen Lebens. In seinen wunderbaren Gemälden in Öl und auch in Wasserfarben-Mischtechnik (meist Aquarell und Gouache) begegnen wir Trägern von Farbwerten, die nicht nur auf das Auge, sondern mit ihrem wohltuenden Farbgewebe auf die empfindsame Seele des Betrachters wirken. In der Tat, es sind die Augenblicke der schönen Stunden, die er zumeist in den Kompositionen seiner Bilder verarbeitet, doch immer sind sie originell, dem schöpferischen Geiste entsprungen und wahr. So können wir denn auch erfahren, dass es kaum Spuren in diesen Werken gibt, die auf Nachahmung anderer schließen lassen. Es ist eine von ihm aus dem Dörflichen heraus geschöpfte Malerei, die - vom Schönen angezogen - eine kleine Welt der bäuerlichen Lebensgewohnheiten, der Arbeit und der Feste, der frohen und besinnlichen Stunden widergibt. Er feiert die Schönheit des Dorfes und bringt uns ins Gespräch mit dem Gestern und dem Heute; mit der nahen und fernen Vergangenheit; mit den Ahnen und mit uns selbst und mit dem einstigen Zuhause. Das ist doch kein schwärmerisches Verherrlichen, wenn er die stille Schönheit der reifenden Fluren und Felder in seinen Malwerken mit poetischer Einfühlungsgabe besingt und die strenge Perspektive der weiten, gepflegten Ebene in das gleißende Tageslicht der Heidelandschaft rückt. Seine Malerei ist akkurat und sauber, die Linienführung rein und gepflegt, gleich ob es sich um die wunderbaren Kirchweihbilder, um die ungezählten Dorf- und Dorfrandbilder, um die religiösen Motive, Stilleben, Hofpartien, Tanzpausen, um die so beliebten Hühnerhöfe und, weiß Gott, um welche Motive noch es sich da handeln mag. Da ist kein Flecken der Malfläche verschandelt oder missgestaltet, und alles ergeht sich in der vom Künstler gestalteten malerischen Harmonie. Und jedes dieser Bilder lebt.
Und die Menschen? Es beeindruckt ihre stille Würde: Wie sie in ihrer Sonntagstracht zur Kirche eilen oder in den Prozessionen, an den Bittagen mit festlich-feierlichem Gebaren einherschreiten; wie sie ihre Dorffeste zwanglos feiern, lustig und froh, in den Traditionen und Gepflogenheiten der Gemeinschaft, die sie alle vereint. Und wir sehen diese rechtschaffenen Menschen bei der Arbeit auf dem Felde und in Haus und Hof. Lebendig und wahr. Immer irdisch und zum Greifen nah. Wie sie der Maler unaufdringlich und erhaben, bäuerlich und echt als seine eigenen Personen und Staffagen auf dem Malgrund gestaltet und zu Leben erweckt. Jäger brauchte sich doch keine menschlichen Wesen zu schaffen, denn für ihn waren sie schon immer da. So ist denn Stefan Jägers Leben und Werk in allen seinen malerischen Wirkungsbereichen mit dem Umfeld seines Daseins auf das engste verknüpft. Mit den Menschen, der Landschaft, der Heide und Hecke, mit der Arbeit auf dem Felde und den Geschehnissen im Dorf und überall. So ist es auch zu verstehen, dass Jägers Kunst in einer engen Wechselbeziehung zu den inneren Bedürfnissen dieser Menschen und mit jener Zeit, in der sie leben, steht. Demzufolge sind Jäger-Bilder Kunstwerke, die dem Verständnis und der Neigung seiner Mitmenschen entsprechen. Daher sind sie auch so beliebt.
Zu diesen Kunstwerken gehören auch die Skizzen, Studien und Entwürfe Stefan Jägers. Sie widerspiegeln in ihrer uneingeschränkten und unverfälschten Anschaulichkeit die alltäglichen Daseinsszenen seines eigenen Erlebens auf dem schwäbischen Dorfe.

Zum 125. Geburtstag von Stefan Jäger (2)

In ihrer ganzen Vielfalt und Prägnanz bilden sie den Urquell seines künstlerischen Schaffens, dessen großer Wert mithin in der Originalität dieser artistischen Kreationen liegt. Nirgends und nimmer kommt der Künstler dem Leben näher, als wenn er vor Ort die Darbietung auf „offener Szene" in rascher Folge skizziert. Wenn er das augenblickliche Geschehen in seiner uneingeschränkten geistigen Kreativität verarbeitet und in künstlerischen Werken zu diesen wunderbaren Kleinodien formt. Diesem Tun des Künstlers mit vorgegebener Absicht in einem Bildband oder Kunstbuch Genüge leisten zu wollen, erfordert Umsicht und Gespür. In diesem Sinne wollen wir unser anspruchsvolles Vorhaben zur vollen Zufriedenheit gestalten.
Wenn wir uns also mit dem Malwerk Stefan Jägers auseinandersetzen, kommen wir nicht um jene Arbeiten des Meisters herum, mit denen er den Grundstein zu den vielen Bildern und Gemälden in Öl und Wasserfarben-Mischtechnik gelegt hat. Es sind dies die Skizzen und auch die Studien und Entwürfe, die in der breiten Öffentlichkeit bislang noch wenig Beachtung gefunden haben. Grund genug, diesen kleinen und kleinsten Arbeiten des Künstlers unsere Aufmerksamkeit zu schenken.
In ihrer künstlerischen Aufmachung sind die Skizzen flüchtige, bildliche Aufzeichnungen von Wahrnehmungen oder auch plötzliche Einfälle, also Ideen, die der Künstler meist auf Papier mit dem Zeichenstift und mittels anderer Behelfe (Tusche, Aquarell, Öl) und auf den verschiedensten Malunterlagen macht. Die meisten Jäger-Skizzen sind Bleistift- oder Tusch / Federzeichnungen und Aquarelle, die wir fallweise noch in den vom Künstler zu Lebzeiten eingeordneten Skizzenmappen finden. In ihnen erkennen wir oftmals die Entwürfe und Vorlagen zu mehr oder weniger bedeutenden Arbeiten, zu Ölgemälden, Gouachen und solchen in Wasserfarbenmischtechnik.
Ihre Bedeutung ist nicht lediglich im Ideen- und Motivgehalt zu suchen, sondern in der unmittelbaren Beziehung des Künstlers zu den konkreten Ereignissen des Erlebens. Dieses Erleben verankert Stefan Jäger in den Skizzen mit seinen aufkeimenden Ideen und seinen ersprießlichen Gedanken, die er am Papierrand oder irgendwo zu den verfassten Darstellungen notiert. Die so erfolgten Beschriftungen, wie zum Beispiel „Während der Tanzpause", „Hofpartie mit Flieder", „Abholen der Vortänzerin" und dergleichen verhelfen uns im nachhinein, seine Gemälde in verlässlicher Weise zu betiteln, soweit es nicht schon geschehen war. Außerdem erweisen sich viele der wörtlichen Beschriftungen als interessante Hinweise, die unser Wissen um das Brauchtum der Banater Schwaben erweitern und vertiefen. Demzufolge sind die Jäger-Skizzen nicht allein Gedächtnisstützen oder sporadische Einfälle des Künstlers, sondern sie sind auch wichtige Dokumentationsstücke, in denen er das vom Leben durchpulste Geschehen mit wenigen Linien umreißt.
Jägers Skizzenblätter sind wunderbare künstlerische Kreationen. Es sind kleine Kunstwerke, die die seelische Empfindung des Betrachters, wie bei der Lektüre von Lyrik, mitschwingen lässt. Sie vermitteln einen fühlbaren Genuss mit ihren Landschaften, Fluren, Objekten, Räumen, Gestalten und Figuren, der eingebrachten Natur, die der Künstler mit knappen Umrissen, durch zarte Linien, Formen und Farben, im Wesentlichen gipfeln lässt. Ohne jegliche gestalterische Schwierigkeiten verdichten sich die wahrnehmbaren Sinneseindrücke in den leicht fließenden Farben der oft als „Packpapierskizzen" zu bezeichnenden wertvollen malerischen Arbeiten. Mit Eleganz und Schönheit präsentieren diese „lebendigen" Vorlagen auf ungezählten kleinen und kleinsten Skizzenblättern figurale Darstellungen: „Drei liebreizende Mädchen", „Fratschlerinnen", „Nach dem Regen", „Wenn die Wirtin tanzt" und viele andere, die oft vom Künstler selbst beschriftet sind. Aber auch die Skizzen mit ihrer feinnervigen, sicheren Strichführung – beim Studium figuraler, komplizierter Tanz / Haltungs-, Geh- und Drehbewegungen – verlangen unsere Bewunderung ab. Denn auch dieses eine Mal erweist sich der Künstler als exzellenter Zeichner und dazu als fabelhafter Aquarellist. Wasserfarbenskizzen sind von hoher Qualität, wenngleich sie nur auf simplen Untergründen, zuweilen auch auf Packpapier, aufgetragen sind. Mit seiner Technik des Aquarellierens erlangen die mit Geschick und feinsinnigem Gespür im Wasser verdünnten Farben eine beeindruckende Transparenz auch auf primitivstem Papier. Dabei malt er meist direkt, das heißt, mit dem in Wasserfarbe getränkten Haarpinsel ohne Vorzeichnung oder zeichnerischen Anriss auf dem Papier, mit Tönen und lasurenen Farbwerten im hellenden, durchscheinenden Licht. Das ist die hohe Kunst des Aquarellierens und Skizzierens bei Stefan Jäger.
Seine Skizzen zeigen Eindrücke, die er in einem ganz bestimmten Augenblick erfasst und in rascher Arbeit zu Papier bringt. Dieser Augenblick ist immer gerade lang genug, um den momentanen Bewegungsablauf und die Pose der „Akteure" einzufangen. Trotz der sparsamen Ausgestaltung des Geschehens gelingt es dem Künstler mit seiner präzisen, ausgewogenen Pinselführung ein Maximum an bewegtem Leben einzufangen, indem er sich auf das Wesentliche beschränkt. Nur ein paar Farbtupfer fürs Gesicht, der am Neckereispiel („Neckerei“, Aquarellskizze) Beteiligten ergibt das Mienenspiel der Schönen, und es ist, als hätte ihnen der Maler die schnippischen Worte mit in den Mund gelegt. So wird mit nur wenigen Pinselstrichen und Farben das Flair des Augenblicks ins Skizzenbild mit eingewoben, und man fühlt sich diesem Erlebnis hingezogen, als wäre man ein Teil der dargestellten Szene.
Alle diese Arbeiten, die Skizzen, Studien und Entwürfe, bilden einen untrennbaren Bestandteil des Gesamtwerkes von Stefan Jäger. Sie widerspiegeln in ihrer malerischen und zeichnerischen Großartigkeit das schwäbische Milieu in seiner beschaulichen Urwüchsigkeit. So gesehen sind diese Kleinodien künstlerische Kostbarkeiten von besonderem Wert. Unser Bestreben ist dahin gerichtet, dieses Kunstwerk und mit ihm das künstlerische Vermächtnis Stefan Jägers der Nachwelt zu vermitteln und dafür zu sorgen, dass ihnen Dauer verliehen wird.

Reproduktionen

Archiv Gross

Foto:
1, Stefan Jäger an seinem 80. Geburtstag (1957)