Über die Anfänge der Eisenbahn
Bibliografie | |
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Artikel Nummer: | 1260 |
Autor Name: | Karl-Hans Gross |
Titel des Artikels : | Über die Anfänge der Eisenbahn |
Untertitel des Artikels: | Die älteste Eisenbahnlinie im Lande / Die „große Bahn" - das Stationsgebäude |
Publikation: | Zeitschrift |
Titel der Publikation: | Volk und Kultur |
Erscheinungsort: | Bukarest |
Jahr: | 1982 |
Jahrgang: | 34 |
Heft: | 1 (Januar) |
Seite: | 48-49 |
* [[Karl-Hans Gross]]: [[ART:1260 - Über die Anfänge der Eisenbahn|<i>Über die Anfänge der Eisenbahn</i>. Die älteste Eisenbahnlinie im Lande / Die „große Bahn" - das Stationsgebäude]]. Volk und Kultur, Bukarest 1982 (Jg.34 Heft1 (Januar)), S. 48-49 |
Die älteste Eisenbahnlinie im Lande / Die „große Bahn" - das Stationsgebäude
Es ist schon eine geraume Zeit her, daß mich der Gedanke um unsere „alte Eisenbahn", von der ältere Ortseinwohner immer schon so mancherlei Interessantes zu bedchten wußten, zu beschäftigen begann. Eben war ich dabei, das gesammelte Material zu ordnen und zu bearbeiten, als mir der von „Ştiință și tehnică" herausgegebene „Almanach '81" in die Hände kam. Ein an mancherlei Wissenswertem reichhaltiges Büchlein. Daselbst ist bei „Rekorde" nicht nur die lautstärkste Stimme der Welt (des Engländers Skipper Kenny, mit vollen 111 dB) und dgl. erwähnt, sondern auch die älteste Bahnlinie Rumäniens findet an gleicher Stelle ihren gebührenden Platz. Es handelt sich nämlich um die Hatzfeld-Temeswar-Linie, die vor 123 Jahren [1] errichtet wurde. („Cea mai veche cale ferafă din Romania este construită pe distanta Timișoara-Jimbolia. Ea implinește 123 ani"; Știintă și tehnică, Almanah '81, S. 52).[2] Dieser Tatsache Rechnung tragend und vor allem jener, wonach unser „Großer Bahnhof" vor 80 Jahren am obersten Stadtende errichtet wurde, kommen wir auf die erwähnte Eisenbahnlinie und insbesondere auf die „Station" zu sprechen.
Mit dem Bau der ersten Eisenbahnstrecke hatte Cesar Colombo im Auftrage der STEG (Staats-Eisenbahngesellschaft) im Jahre 1854 begonnen. Sie stellte eine Teilstrelcke der Temeswar-Orschowa-Linie bzw. Szegeder Linie dar, durch die man einen weiteren Anschluß für den Eisenbahnverkehr nach Budapest und Wien geschaffen hatte. Ursprünglich, so erzählten die Alten im Dorfe, sollte diese Eisenbahnstrecke, von Szeged kommend, einen geradlinigen Verlauf nehmen. Schon ein kurzer Blick auf die alte Komitatskarte zeigt uns aber eine kräftige Bogenlinie des eingezeichneten Schienenstranges, der von Szeged kommend ziemlich nach Süden strebt und plötzlich vor Kikinda, stracks nach Hatzfeld und Temeswar hält. Vorge sehen waren Grabatz, Tchadad (Csatad, Lenauheim) und Großjetscha. Leider aber, so erzählt man sich, zeigten die Bauersleute aus den erwähnten Ortschaften für die geplante Verkehrseinrichtung keinerlei Verständnis und widersetzten sich, weil angeblich ihre Pferde vor den fauchenden Ungetümen (den Eisenbahnlokomotiven) ausreißen würden und weil sie selbst für den Dammbau (also die Eisenbahnstrecke) nichts von ihren Feldern zur Verfügung stellen wollten. Nicht zuletzt glaubten andere, daß ihnen eine weitere Erwerbsmöglichkeit, uzw. das „Fuhren machen" (Lohnfahrten mit Pferd und Wagen) verloren ginge. Deswegen wollen wir unseren Vorfahren weiter keine Vorhaltungen machen, ob wohl einige dieser Dörfer erst zu Beginn unseres Jahrhunderts an den Eisenbahnverkehr angeschlossen wurden, während wieder andere gar nicht an die Reihe kamen (z.Z. Großjetscha), bis in jüngster Zeit schließlich ein reger Autobusverkehr für den Anschluß an das Eisenbahnnetz (ab Gertjanosch) bzw. zur Arbeitsstätte sorgte.
So kam es also, daß der damals „hiesige" Graf Csekonics sich um diese Verkehrseinrichtung bewarb (n. Paul Marin: ,,Csekonics intervenierte und überläßt Terrain, für die Bahnlinie unentgeltlich an STEG"). Er hatte ein leicht zu gewinnendes Spiel, zumal seine Domäne nicht weniger als 40.000 Joch Felder umfaßt und sich von Hatzfeld bis Großbetschkerek erstreckte.
Die vordem erwähnte Bahnstrecke wurde am 2. September dem Verkehr übergeben. Sie hatte nicht nur für Hatzfeld, sondern auch für die anderen auf der Wegstrecke nach Temeswar liegenden Ortschaften eine merkliche Rolle gespielt. Überhaupt waren es die Gertjanoscher, die sich mit dieser Verkehrsmöglichkeit schon von aller Anfang rühmten. So schrieb ein Chronist mit lokalpatriotischem Eifer: „Die Eisenbahn hatte für die Gemeinde eine große wirtschaftliche Bedeutung. Wir wurden Mittelpunkt für die ganze Umgebung, denn die anderen Bahnlinien Hatzfeld-Pardany und Temeswar-Großkikinda wurden erst am 16. Dezember 1896 eröffnet. Infolgedessen war sowohl der Güter- wie auch Personenverkehr sehr rege ... " In der Tat, Hatzfeld hatte um diese Zeit (also zu Beginn der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts) mit seinem relativ kleinen Stationsbetrieb kaum größere Bedeutung im Eisenbahnverkehr als andere Dörfer der Umgebung. Das sollte sich aber recht bald ändern, weil doch beginnend mit dem achten Jahrzehnt, neben dem umfangreichen Feudalbetrieb des Grafen, der gewiß größere Mengen landwirtschaftlicher Produkte für die aufkommenden und aufstrebenden Großstädte bzw. die Metropole lieferte, auch die Industrie ihren Anfang nahm. So wurde der erste Ringziegelofen gebaut, dann andere Ziegeleien, die erste Dampfmühle und andere Mühlen, die Hut-, die Kamm- und Knopffabrik und andere Fabriken reckten ihre Schlote zum blauen Himmel. Mit dieser wirtschaftlichen Ausweitung sollte auch das Transportwesen an Umfang und Bedeutung gewinnen. Es wurden noch neue Bahnlinien nach Hatzfeld gelegt; ab Pardany, Großbetschkerek und schließlich kam auch noch Lowrin dazu. So kam es auch, daß man sich für den Bau eines neuen, des großen Bahngebäudes und die Erweiterung des Bahnhofs (um die Jahrhundertwende) entschloß. Es wurde unweit (an die 40-50 Schritt) vom alten Stationsgebäude erbaut, an dessen Stelle heute ein kleiner Wasserturm steht. In dessen Baukörper wurde eine Eisenstange als Erinnerungszeichen eingelegt. Das neue Stationsgebäude, also das jetzige, die „Große Bahn", entsprichzt jenem Bautyp, wie man ihn bei einer Eisenbahnfahrt durch unser Land, hauptsächlich im Banat, noch sehen kann. Es ist ein zwerchgestelltes Einstockgebäude in Rohziegeln, also aus gelben unverputzten Brennziegeln ausgeführt, dessen mittlerer Hauptteil leicht hervorspringt und von zwei symmetrisch anqesetzten, turmartig nach oben gezogenen Vorbauten flankiert wird. Über diesem mittleren Fassadenteil, der nahezu ein Drittel der Vorderfront des Gebäudes einnimmt, baut sich ein ziemlich breit angelegtes Zeltdach mit abgeflachtem Oberteil auf, während der übrige etwas zurückgezogene Zwerchbau von einem Satteldach überdeckt wird. Diese typische Bahnhofsarchitektur verleiht dem Gebäude ein massiveres Aussehen, obzwar noch ein niederes Häuschen /im angeglichenen Baustil) an der rechten Giebelseite angeschlossen ist. Mit dieser Gassenfront sieht das Gebäude die „Florianistraße" bis zur Stadtmitte hinab.
An der anderen Längsfront, der dem Schienengelände zugekehrten Seite, gibt es einen aus gußeisernen Säulenstützen ausgeführten „Peron", dessen Hängedach aus Weißblech einen langen und geräumigen offenen Gangraum überdeckt.
Obzwar der Eisenbahnverkehr schon nahezu ein halbes Jahrhundert von und nach Hatzfeld verlief, kam es erst im Jahre 1900 zu dem ziemlich aufwendigen Bau, für den 70.000 fl. verwendet wurden. Hinzu kam noch die Erweiterung des Bahnhofs, was noch weitere 200.000 fl. kosten sollte.
Am 1. November des gleichen Jahres wurde der neue Bahnhof dem Verkehr übergeben. Die Zeitgenossen lobten ihn als einen „Monumentalbau, auf den Szombolya stolz sein kann und der jeder größeren Stadt zur Ehre gereichen könnte". Und noch ein weiteres Ereignis nahm die volle Aufmerksamkeit und Begeisterung der Leute in Anspruch. Nämlich die neuartige Beleuchtung, die den ganzen Bahnhof samt seinen Geleisen, beginnend mit der anbrechenden Dunkelheit in vollem Lichterschein erstrahlen ließ: „Auch die luxuriöse Einrichtung und brillante Beleuchtimg desselben mit Acetylengas ist höchst elegant". Dieser „eleganten" Beleuchtung folgte bei uns aber schon recht bald die elektrische, weil doch unsere Ortschaft schon im Jahre 1909 ihr eigenes Elektrizitätswerk haben sollte. Und noch etwas sei erwähnt, nämlich: „Der erste Zug, der im neuen Bahnhof anhielt, war der um 4 Uhr 16 Minuten Früh fällige Budapest-Orschowarer Personenzug Nr. 710."
Der Bau der neuen, der ersten Eisenbahnlinie, die an den Nordrand des großen Dorfes zu liegen kam, brachte für die Einwohner und vor allem die Gemeindeväter weitere Probleme mit sich, deren Lösung nicht gerade leicht war, aber dennoch ausgeführt werden mußte. Nämlich, an jener Stelle, wo heute das von Maklura-, Gleditschia- und Ligustersträuchern gesäumte Asphaltband der breiten und langen Republicii-Straße schnurgerade auf den großen Bahnhof zuhält und sich vor diesem zu einem kleinen Platz mit eingelegter Grünfläche ausbreitet, lag früher der Gemeindefriedhof und ein Kalvarienberg aufgetürmt. So mußte man in weitem Bogen oder auf schmalen fußgetretenen Pfaden an den vielen Grabstätten vorbei, um zum „alten" Bahnhof zu gelangen. Der Friedhof wurde im Jahre 1899 „kassiert" -die Exhumierung und Überführung fand am 27. Mai bzw. am 10. November statt -und der Kalvarienberg, „eine herrliche Zierde der Gemeinde" wurde abgetragen, „weil er dem direkten Zugang im Wege stand".
Nach weiteren fünf Jahren begann man auf Betreiben einiger beherzter Männer auf dem nun freien Gelände Bäume Sträucher und Blumen zu pflanzen bzw. ein Denkmal auf einem breiten Marmorsockel zu errichten (1904). So heißt es unter anderem in einem Bericht: Über Anregung des Ortsrichters Mathias Kolbusz jun. und des Gemeinderates hat die Gemeinderepräsentanz in ihrer außerordentlichen Generalversammlung am 4.Feber (1904) den löbl. Beschluß erbracht, auf dem alten Friedhofsplatz vor dem Staatsbahnhofe einen schönen Park anznlegen, welches Projekt sogleich in die Wirklichkeit umgesetzt wurde". Dieser relativ junge Park wurde nach ungefähr 15 Jahren wieder aufgelassen und parzelliert, so daß einige Häuser errichtet wurden bzw. andere Flächen als Lagerplätze Verwendung fanden. Gegenwärtig entstehen auf dem noch freien Baugrund Wohnblocks, um dem Bahnhofsviertel unserer Stadt ein entsprechendes und gefälliges Gepräge zu verleihen, was allerdings den „Bauherren" nicht immer restlos gelingt, weil die ästhetische Gestaltung der Häuserfronten und neuen Gassen noch zu wünschen übrig läßt. Darauf sollte man insbesondere achten, weil doch diese Zone am Anfang, d.h. am Eingang in die Stadt liegt.
--- Ende Teil 1 ---
Die Komitatseisenbahn und „Neu-Hatzfeld" / Die „Schmalspur"
Die Errichtung des Großen Bahnhofs" wurde in erster Reihe von dem um die Jahrhundertwende zunehmenden und immer reger werdenden Eisenbahnverkehr bedingt, dem seinerseits die Ausweitung des Eisenbahnnetzes vorausging und durch di'e Hatzfeld zu einem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt wurde. Die erste wichtigere Eisenbahnlinie, die unserer Ortschaft nach der Ost-Westverbindung (SzegedTemeswar) hinzugefügt wurde, war die nach Pardany (heute in Jugoslawien) führende Eisenbahnstrecke, die ein gewisser Heitmann als Unternehmer bereits im Jahre 1894 in Angriff genommen hatte. Durch diese Einrichtung bekam Hatzfeld einen weiteren Anschluß an die in südlicher Richtung liegenden Dörfer, was natürlich auch zu einer wirtschaftsfreudigeren Beziehung untereinander führen sollte. Interessanterweise führte diese Eisenbahnlinie über Klari nach Ketscha (zum Unterschied von heute, wo man Ketscha und' die weiteren Ortschaften von Gertjanosch aus erreicht), dann über Tschene, Uivar, Otelek, Johannisfeld nach Pardany und Modosch, von wo man schließlich über Torontal-Setschan und Lasarfeld nach Großbetschkerek kam. Die Pardanyer Eisenbahnlinie war bereits im Jahre 1895 fertiggestellt „und am 14. Dezember unter Entfaltung großer Festlichkeiten dem Verkehr übergeben" worden.
Damit hatte nun Hatzfeld seine erste direkte Verbindung mit der damaligen Komitatshauptstadt Großbetschkerek erlangt. Diese Bahnstrecke wurde dann auch recht bald und überall als Komitatseisenbahn bekannt. Mit der Verwirklichung dieses Vorhabens wurde um die gleiche Zeit noch ein weiteres Eisenbahnbauprojekt in An: griff genommen, das gleichfalls auf einer anderen Route bis Großbetschkerek führen sollte.
Damit eröffnete sich für Hatzfeld noch eine zweite Ausfallslinie in die gleiche Richtung: sie führte direkt über Zernje, Tschesterek, Kathreinfeld und folglich auf einer kürzeren Strecke (etwa 60 km) als auf der Torontaler-Linie (etwa 90 km) zum Ziel (Endstation). Denn-noch aber benötigte man mehr Zeit für diese Fahrt, weil doch die Schmalspureisenbahn sich niemals beeilte. Man konnte ohne Weiteres während der Fahrt aussteigen und nur mal so zum Spaß daneben herlaufen oder am Bahngraben einige Feldblumen pflücken, ohne den Anschluß zur einherratternden Eisenbahn zu verpassen.
Eine Fahrt mit der „Schmalspur" bis nach Hatzfeld dauerte an die vier Stunden und verlief ziemlich eintönig. Die Abfahrtszeiten ab hier lagen jeweils um 6, 10 und 16 Uhr herum. Die Fahrt mit der schmalspurigen Bahn begann für die meisten Reisenden am „kleinen" Bahnhof, obzwar man schon am großen Bahnhof einsteigen konnte, da jede Wagengarnitur nach ihrer Ankunft in „Neuhatzfeld" von der kurzatmigen kleinen Lok, am Dorfrand vorbei auf das Endgeleise unweit des Stationsparks gezogen wurde. Abgestellt wurden die kleinen Loks in den sog. Remisen am Bahnhof Neu-Hatzfeld. Hier wurden auch täqlich die Garnituren zusammengestellt, die aus 3-4 Personen- und etlichen Lastwaggons für den Abtransport von allerlei Waren, Vieh und Getreide bestanden. Heute ist vom ehemaligen Schmalspurgeleise kaum noch etwas vorzufinden. Vor Jahren aber konnte man etliche Meter hinter dem Dorf noch stückweise einige kleinere Erhebungen vom geschotterten Schienendamm sehen. Auch auf dem am Nordrand vor dem großen Mühlengebäude gelegenen Wiesengelände kann ein aufmerksames Auge noch kleine wallartige, bereits stark abgetragene und von Gras überwucherte Erdhaufen von der ehemaligen Torontaler Eisenbahnlinie erkennen.
Eine Fahrt mit der schmalspurigen Eisenbahn war ganz gewiß für die damaligen Menschen weniger romantisch und spektakulär als es uns heute, nach mehr als einem halben Jahrhundert, anmuten mag. Dennoch aber hielten die Leute damals große Dinge auf die kleine Schmalspureisenbahn. Und als sie im Jahre 1924 (damals kam Hatzfeld auf dem Wege einer zwischenstaatlichen Übereinkunft und Grenzbegradigung an Rumänien, währed Modosch und Pardany Jugoslawien angegliedert wurden) ihre letzte Fahrt unternahm, standen die Leute auf den Gassen und weinten buchstäblich ihrer „Schmalspur" nach, die ununterbrochen zum Zeichen des Abschieds im fisteldünnen Tone pfiff, bis sie dann in Juliamajor ankam. Mit der Errichtung der Torontaler-Linie (bzw. auch der schmalspurigen Bahnlinie) wurde auch ein zweiter Bahnhof „Neu-Hatzfeld", die „neii" oder „kleeni Bahn" erbaut, wo die aus Großbetschkerek kommenden Züge vorerst einliefen und dann zur „Großen Bahn" weiterfuhren. An der kleinen Bahn stiegen schon die meisten Leute aus und nahmen dann ihren Weg zufuß oder mit dem Fiaker die Lothringer-Gasse entlang, wo sie ihre einstweiligen Einkäufe tätigten, mal schnell beim Konrad-Wirten einkehrten oder bis zur Stadtmitte, der derzeitigen Floriani-Gasse, wo sich das Handelszentrum des großen Dorfes mit seinem zur Zeit schon kleinstädtischen Gepräge befand.
Das Stationsgebäude der „Kleeni Bahn" wurde am Ortsrande des Dorfes errichtet und entsprach in seinen Ausmaßen und dem Baustil den Gebäudetypen unserer dörflichen Bahnhöfe wie z.B. jener von Grabatz, Lenauheim usw. Das ein stöckige, schlichte Stationshaus steht heute noch und wird von etlichen Leuten bewohnt, während auf dem alten Geleiseterrain des Bahnhofs die städtische Holzniederlage („Holzplatz") eingerichtet wurde.
Ein überaus gut organisierter Fiakerbetrieb sorgte aber auch für den Ab- und Antransport der Reisenden. So hielten regelmäßig drei oder mehrere Fahrzeuge vor dem „großen" bzw. „kleinen" Bahnhof und brachten die Ankömmlinge an Ort und Stelle. Eine aus den 20-er Jahren stammende Liste mit den von der „permanenten Delegation" festgesetzten „Taxen für Fiaker und Mietsautos" gewährt einen interessanten Einblick bezüglich der Fahrpreise.
Die am. 19. Oktober 1898 dem Verkehr übergebene Schmalspureisenbahnlinie kommt gewissermaßen auf das Konto des Grafen Csekonics. Sie führte zum Großteil über seine Domäne und war vor allem zur Beförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse bestimmt. So kamen Milch und Butter der Meiereien von Roggendorf, der „Hodajen" (Meierhöfe) Julia-Major und anderer höriger, noch halbfeudaler Dörfer auf schnellem Wege zum Verbraucher in die Stadt. Dazu war die „Schmalspur" gerade gut genug. Wenn auch langsam und klein, so kam sie regelmäßig und auch bei ungünstiger Witterung an den kleinen Bahnhöfen vorbei. Erweitert wurde die schmalspurige Eisenbahnlinie in den folgenden Jahren ( 1898-1903) durch weitere, aber relativ kurze Streckenabzweigungen, die bis in die landwirtschaftlichen Betriebe, Hodajen und Güter des Grafen führen sollten. So hatte man schließlich drei Pferdebahnen für den Schienenanschluß an die „Hauptstrecke" in Betrieb genommen. Die eine führte vom Tschestereker Schmalspurbahnhof zur Hanffabrik, nach Ivan-Major, GyulaMajor bis „Sikkut"; eine andere vom Magyarcserneyer Bahnhof bis zur Puszta Bozito und die dritte Pferdebahn schließlich nach Julia-Major (alle diese Orte liegen heute in Jugoslawien). So kam es, daß abends die Milchprodukte der Güter von der Schmalspur eingesammelt, nach Hatzfeld gebracht und in den „Nachtsimplon" verladen wurden, um dann morgens bereits in Budapest bzw. Wien ausgeladen zu werden.
Auf den Streckenabzweigungen, dem sog. Industriegeleise, wurden auch die Kinder von den angrenzenden Gütern (Gyulae-Major, Ivan-Major, Pal-Major) nach Tschesterek bzw. Magyarcsernje, durch Separattransporte des Pferde- bzw. Lokomobilbetriebs, in die Schule und wieder zurück gebracht. Die von Hatzfeld kommende „Schmalspur" lief vorerst in südlicher Richtung am Csitoschloß vorbei und schlängelte im großen Bogen s-förmig über die Fluren der nächstliegenden Ortschaft, Csernye zu. An die 30-40 km ging die Fahrt ganz gut, bis dann schließlich dem sich mühenden Lokomobil die (Dampf-)Puste ausging, so daß eine größere (natürlich Planmäßige) Haltepause in Tschesterek gemacht werden mußte. Hier wurde die kleine Dampflok mit Wasser gespeist und für die Weiterfahrt wieder tüchtig aufgeheizt. Währenddessen begaben sich die Reisenden bei Schönwetter auf die „Promenade", die eigens zu diesem Zwecke für Spaziergänge von der Gemeinde während des halbstündigen oder auch einstündigen Aufenthalts errichtet wurde. Besonderen Anlaß zur Freude boten auch die jeweiligen Dorf- und Volksfeste (z.B. Kerweih), denen man dann und wann bei dieser Gelegenheit begegnete. Schließlich ging die Reise mit der Schmalspur wieder weiter. Umständlicher wurde sie zur Winterzeit, nachdem das Gelände um Tschesterek bis auf 89 m über dem Meeresspiegel anstieg (Hatzfeld nur 73 m über den Meeresspiegel) und die vereisten und verschneiten Geleise der schnaubenden Lok Schwierigkeiten bereiteten. So mußte von Tschesterek bis Klek noch eine zweite Lokomotive vorgespannt werden, und laut Zeugenbericht meiner Gewährsleute, bei Schnee- verwehungen auch noch eine dritte von hinten anschieben. Das war also ein Aufwand an Energie und Leistung (!), bis dann endlich die niedliche Wagengarnitur über die alte Bega und den „neuen" Kanal (bei „Sentjuri" = Begaszentgyörgy) gebracht werden konnte.
Von Tschesterek kam man dann nach Bewältigung einer 30-km Strecke in die Komitatshauptstadt, wo die Schmalspur vorerst in die am Stadtrand gelegene Bahnstation „einlief". Unbekümmert und lärmend setzte das kleine wacklige Ding sodann seinen Schienenweg an der Zuckerfabrik entlang und mitten durch die Stadt, an den Häuserreihen und dem geschäftlichen Treiben der Leute auf der Straße vorbei, fort, bis sie dann schließlich auf dem großen Platz im Stadtzentrum anhielt. Hier war Endstation und man konnte daselbst aus- und im vis-à-vis gelegenen Hotel gleich einsteigen.
So ging -es tagein und tagaus von Hatzfeld nach Betschkerek und wieder zurück, mit der kleinen Schmalspurbahn.
--- Ende Teil 2 ---
Eine Eisenbahnlinie nach Lowrin/Wieder Johannisfeld
Um die Jahrhundertwende hatte Hatzfeld nach drei Richtungen Anschlußmöglichkeiten mit der Eisenbahn.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sollte noch ein weiterer Schienenstrang in nördliche Richtung nach Lowrin, mit direkter Anschlußmöglichkeit bis Arad, gelegt werden. Damit wurde dem Eisenbahnverkehr im Jahre 1906 eine weitere Linie übergeben, wodurch auch die Dörfer Grabatz Lenauheim und Bogarosch dem Eisenbahnnetz angeschlossen wurden.
Auf dieser Strecke verkehrten in den 20er Jahren nur je zwei Züge in beide Richtungen; es bestand also ein relativ bescheidener Bahnverkehr im Verhältnis zu heute, wo doch hier außer den Lastzügen in regelmäßiger Folge nach beiden Richtungen je 5 Züge fahren und dennoch soll es ein „Eisenbahnkarambor in Lenauheim" gegeben haben, wovon der Chronist in sensationeller Weise zu berichten wußte: „Montag früh ist der Hatzfeld-Arader Zug, welcher aus der Richtung Grabatz kam, wegen schlechter Wechselstellung auf ein Rangiergeleise gefahren und hat zwei Waggone zertrümmert und aus dem Geleise geworfen. Die Lokomotive wurde nur wenig beschädigt und konnte ihre Fahrt nach zweistündiger Verspätung fortsetzen. Menschenleben sind keine zu beklagen und kamen die Reisenden mit bloßem Schrecken davon."
Auf dieser neuen Strecke konnte man also über Lowrin auch nach Arad gelangen. Allerdings benötigte man dazu an die fünf Stunden, wie aus einem alten Fahrplan zu ersehen ist, aus dem auch hervorgeht, daß man von Hatzfeld aus, fünf Mal am Tage, nach Temeswar und zurück mit der Eisenbahn fahren konnte, u.zw. mit Personenzügen, mit dem Expreßzug und mit dem Schnellzug.
Lobend wurde auch die Einführung der Motorzüge auf der Hatzfelder-Lowriner Strecke als neue Fahrgelegenheit mit der Eisenbahn hervorgehoben und bemerkt daß diese schneller fahren und in den einzelnen Stationen nur je eine Minute stehenbleiben würden. Auch heute kommen sie noch hie und da zum Einsatz.
Interessanterweise hat man um diese Zeit auch noch andere Neuerungen im Eisenbahnverkehr eingeführt. So wurde z.B. ab 1. Mai 1926 eine IV. Wagenklasse eingerichtet, indem man die Lastwaggons mit Sitzgelegenheiten ausgestattet hatte. Der Fahrpreis für eine Reise in dieser Wagenklasse kostete die Hälfte des Fahrpreises der III. Klasse. Noch im gleichen Jahr gibt die Eisenbahngeneraldirektion einen weiteren Beschluß bekannt, nämlich alle Personenwagen elektrisch zu beleuchten, d.h. mit elektrischen Lichtbirnen anstatt der laternenartigen Petroleumlampen auszustatten: „Den Ölfunseln, die ja doch nicht" immer brennen, wird kein Passagier eine Träne nachweinen". (Zeitungsbericht) Wenn der Bau der Hatzfeld-Lowriner Linie ohne größere Schwierigkeiten vonstatten ging, so war es mit dem neuerlichen Ausbau der sogenannten Torontaler Linie ganz anders bestellt. Wie bekannt wurde diese Bahnstrecke, die von Hatzfeld über Pardany, Modosch nach Großbetschkerek führte, im Jahre 1924 (bzw. schon 1919) außer Verkehr gesetzt, weil im Einvernehmen der beiden Nachbarstaaten im Sinne einer Grenzregelung Hatzfeld an Rumänien, Pardany und Modosch an Jugoslawien kam. Somit verlor unsere Gemeinde die Torontaler Linie, weil doch eine schmale Landzunge die erwähnte Bahnstrecke bei Klari (zwischen Ketscha - Hatzfeld) unterbrach und somit zehn Ortschaften auf unserer Seite den Anschluß verpaßten. Der Verlust des Bahnverkehrs wurde im allgemeinen von den Leuten der in Mitleidenschaft gezogenen Dörfer bedauert.
Trotz der Einwände und Bereitschaft der interessierten Gemeinden, materielle Opfer zu bringen. geschah lange Zeit hindurch nichts auf dem 7 km, langen Stück Strecke der Linie Ketscha - Hatzfeld bis dann schließlich im Jahre 1926 die Temeswarer Eisenbahndirektion vonseiten des Ministeriums angewiesen wurde, einen Kostenvoranschlag für die nötigen Arbeiten aufzustellen und „festzustellen, welches Metallmaterial zur Durchführung dieser Arbeiten notwendig ist".
Auf Grund der erwähnten ministeriellen Verfügung bezüglich des Ausbaus der fehlenden Eisenbahnstrecke, hatte die Temeswarer Eisenbahngeneraldirektion eine Summe von 5 Mio Lei veranschlagt, von welcher Summe gleich 1 860 000 Lei von den interessierten Gemeinden eingezahlt wurden. Für die Aufbringung der nötigen Gelder mußten sämtliche anliegenden Ortschaften ihren Beitrag leisten.
Dennoch kam das fehlende Stück Schienestranges der erwähnten Eisenbahnstrecke noch immer nicht zustande, so daß man schließlich auch noch erwog, „daß die Linie in ihrer ursprünglichen Form bei Klari über serbisches Hoheitsgebiet laufen" möge, womit die damalige Regierung unseres Nachbarlandes angeblich auch einverstanden gewesen wäre. Wie immer, auch dieses Vorhaben kam nicht zustande. Man ließ dem Unwillen freien Lauf über den „Ausbau der Bahnlinie", über die „Bahnfrage" und fragte öffentlich: „Wann wird die Torontaler Bahnlinie ausgebaut?" „Jetzt lesen wir in den Temeswarer Blättern. daß sich auch die Interimskommission des Kormitates mit der Bahnangeleqenheit befaßt", hieß es in einer Zeitung aus dem Jahre 1929. Im Juni 1930 betrug der Kostenvoranschlag bereits 5,2 Mio Lei, von welcher Summe schon 2,5 Mio. Lei eingezahlt worden waren. Unter diesen Umständen war aber die Eisenbahngeneraldirektion nicht gewillt mit dem Bau der fehlenden Bahnstrecke zu beginnen. So ging das eben hin und her. Sie forderte nämlich die gesamte Summe doch waren die Gemeinden außerstande zu bezahlen. So beschloß man denn auch noch eine Deputation zum Präfekten und dem Verkehrsminister zu schicken. Im Dezember des gleichen Jahres war es allem Anschein nach soweit, daß man endlich mit dem Ausbau der Anschlußlinie beginnen konnte. Aber selbst im Jahre 1932 hofften die Hatzfelder immer noch auf einen direkten Anschluß und die Zeitungsschreiber unserer Lokalblätter drängten die Geleisemacher zum Schlippen- und Schienenlegen, zum entschlosseneren Handeln: „Die Hatzfeld-Johannisfelder Eisenbahnlinie muß ausgebaut werden" (!), bis dann zuguterletzt noch im qleichen Jahr die Würfel letztendlich fielen und der Anschluß von Ketscha nach Gertjanosch im, April des gleichen Jahres in Angriff genommen wurde. Nichtsdestoweniger ist es auch zu verstehen, daß unsere Leute ob dieser Entscheidung in den Lokalblättern zu lesen bekamen: „Einsargung der Hatzfeld-Johannisfelder Eisenbahnlinie" oder „Das Spiel ist aus. Hatzfeld hat verloren". Mit dem Bau der fälligen und strittigen Anschlußlinie wurde also doch noch begonnen. Die Leitung der Arbeiten hatte Ing. Ladislaus Indig inne. Im Jahre 1934 war die Anschlußstrecke fertiggestellt und konnte dem Verkehr übergeben werden. Nach rund 15 Jahren, die oft mit vielen Mühen und Sorgen um die Bereitstellung dieser Verkehrslinie verbunden waren, war es dann endlich soweit. Man konnte wieder mit der Eisenbahn von und nach Johannisfeld fahren, allerdings über Gertjanosch mit Umsteigmöglichkeiten in zwei Richtungen: nach Hatzfeld und nach Temeswar.
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